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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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Haare dunkelbraun und zu einer Art Kugel auf dem Hinterkopf geflochten. Ein hübsches Gesicht aus der Entfernung. Je näher sie kam, desto sicherer war ich, dass das Adriana war. Sie wirkte elegant, gleichzeitig auch unsicher, tapsig, vielleicht auch einfach nur jung. Ich hatte einen Gedanken, und sie blieb beim weißen UFO stehen. Wir waren jetzt nur noch gute fünfzig Meter entfernt.
    »Das ist das Mädchen von der Beerdigung«, sagte der Mandel mit seinem erstaunlichen Gesichtergedächtnis.
    »Und mir kommt sie auch bekannt vor«, sagte ich, den Gedanken noch nicht ganz in Worte fassen könnend.
    »Woher … « Der Mandel sagte seinen Satz nicht zu Ende, weil ihm von hinten jemand eine Pistole in den Rücken hielt.
    »Strandspaziergang machta ’n andermal«, sagte der wulstige Typ mit dem akkuraten Mittelscheitel und legte seinen Arm um die Hüfte vom Mandel. Ich hatte meinen eigenen Entführer, mit Wollmütze auf dem Kopf und einem pickeligen, aber glattrasierten Gesicht. Hätte ich so viele Pickel, ich würde mich nicht glattrasieren. Vor allem nicht nass. Aber der Pickelige war da scheinbar anderer Meinung, den Furchen in seinem Gesicht nach zu urteilen. Er war höchstens achtzehn. Auch er hatte eine Pistole, die er mir in die Seite bohrte. Die beiden dirigierten uns von Adriana weg, noch bevor sie uns bemerkte.
    »Hilfe«, sagte ich versuchsweise, und der Pickelige haute mir sein Knie zwischen die Beine, dass mir schwarz vor Augen wurde. Wäre es nach mir gegangen, wäre ich jetzt zusammengesackt, aber der Pickelige schleppte mich weiter. Gleich bei der Promenade stand ein schwarzer Jeep mit einem wartenden Fahrer. Klar war der Wagen schwarz. Das möchte ich mal sehen, dass ein Verbrecher ein grünes Auto fährt. Oder ein gelbes. Unsere beiden neuen Bekannten setzten sich mit uns nach hinten in den Wagen, während der Fahrer, ein Mann mit Baseballmütze und Ziegenbart, zurück auf die Hauptstraße steuerte. Unsere beiden neuen Bekannten nahmen uns Handy und Portemonnaie ab. Was für ein Glück, dass ich die Karten nachbestellt hatte. Jetzt war das doch nicht umsonst gewesen.
    »Was wollt ihr?«, fragte der Mandel und schob verstohlen den Ärmel seiner Jacke über seine teure Uhr.
    »Wir wolln gar nix«, sagte der Mittelscheitel und erinnerte mich in seiner unverbindlichen Patzigkeit an die Handwerker, die meine Hausverwaltung hin und wieder vorbeischickte, wenn im Haus was kaputt war. Denen konnte man auch die vernünftigsten Fragen stellen, man bekam nie eine vernünftige Antwort. Und nie erklärten einem solche Leute, was sie gerade taten, selbst wenn es in deinen eigenen vier Wänden war.
    »Aaah«, sagte ich, immer noch wegen dem Tritt in die Eier. Ich konnte kaum die Augen offen halten vor lauter Schmerz. Das Telefon vom Mandel summte vorne auf der Ablage. Wir fuhren nicht lange, ich glaube, es dauerte keine zehn Minuten, bis wir auf dem Parkplatz eines überlangen Gebäudekomplexes hielten, dessen Fassade zumindest landseitig ziemlich heruntergekommen wirkte. Der Mandel sah unleidig aus.
    »Auch das noch«, sagte er, als hätte jemand einen Elfmeter verschossen.
    »Auch was noch?«, fragte ich.
    »Die Herrschaften, aussteigen bitte«, sagte der Mittelscheitel.
    »Kraft durch Freude«, sagte der Mandel.
    »Ganz genau«, sagte der Scheitel.
    Ich verstand nur Bahnhof. Unsere beiden Begleiter führten uns zu einem kleinen Eingang. An der Tür hing ein gelbes Plakat mit den Überschriften NVA -Museum und KdF -Museum . Innen am Eingang saß ein Typ in einem gestreiften Pullover hinter einem Tisch und lächelte, als er uns kommen sah.
    »Heute Eintritt frei. Tag der offenen Tür«, lachte er und gab dem Mandel mit Anlauf einen Stempel auf die Stirn, während der Mittelscheitel ihn festhielt. Auf der Stirn vom Mandel stand jetzt bezahlt.
    »Arschloch«, sagte der Mandel, aber kam ungestraft davon. Der Mittelscheitel, der Pickelige und der Typ vom Einlass lachten nur.
    »Das zweite Gästezimmer ist frei«, sagte der Typ vom Einlass.
    Man schleifte uns durch den Eingangsbereich zu einer Treppe. Ich sah ein Schild, das auf die KdF -Ausstellung verwies, und einen Pfeil zu einer Sammlung deutscher Motorradroller. Ein weiterer Pfeil zeigte nach oben und war mit NVA -Museum beschriftet. Man drängte uns die Treppe hinauf und langsam kam die Angst. Beim Mord am Tilmann war noch die Aufregung und das Berauschen an einem Lebensumschwung gewesen. Mit dem brennenden Auto vom Mandel kam ein Unwohlsein dazu, und der Mord am

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