Mandels Buero
weißt es«, fragte der Mandel.
»Ich bin mir nicht sicher. Sie kommt mir bekannt vor, hab ich gesagt«, sagte ich.
»Jetzt sag schon, Sigi.«
»Findest du nicht auch, dass wir uns ein bisschen auseinandergelebt haben?«
»Wer ist das Mädchen, Sigi?«
»Ich finde schon, dass wir uns auseinandergelebt haben.«
»Na gut«, seufzte der Mandel. »Wer hat sich auseinandergelebt?«
»Du und ich.«
»Wie kommst du denn jetzt darauf?«, fragte der Mandel und sah verwirrt aus. Vielleicht war es ihm ja wirklich nicht aufgefallen.
»Ich finde, wir haben uns in den letzten Wochen wie Konkurrenten verhalten. Wegen der Malleck.«
»Ach, die Malleck«, sagte der Mandel herablassend.
»Wie, ach, die Malleck?«, fragte ich.
»Ach, die Malleck. Die ist den Ärger doch nie wert gewesen.«
»Ach so, jetzt auf einmal.«
»Denkst du denn, das wäre was für länger gewesen mit euch, Sigi?«
»Ja, nein, wahrscheinlich nicht. Aber nach dieser ganzen Maria-Angelegenheit, da war ich halt anfällig. Das Ego, das wird ja ziemlich in Mitleidenschaft gezogen bei so chaotischen, gallertartigen Geschichten wie mit Maria. Und dann kommt eine Prominente. Klar verliebt man sich da. Und dann ist eben alles egal.«
»Nur wenn man so angelegt ist, dass einem wegen einer Verliebtheit alles egal ist«, sagte der Mandel vorwurfsvoll.
»Okay, John Wayne, sag mir, dass du sie nicht gebumst hättest.«
»Ich hab sie gebumst, Sigi. Hab ich. Lange vor dir.«
»Wie bitte?« Ich setzte mich auf. Trotz des Schwindels.
»Ruhig Blut, Sigi. Da war sie noch nicht bekannt. Sie hat diesen Film gedreht, von der Filmhochschule aus, diesen Königskinder , wo sie die Tochter von einem SED -Funktionär spielt. Der Verleih hat mir quasi ein Interview aufgedrängt, und weil wir in dem Monat eh ein Ostrock-Spezial im Express hatten, passte das ganz gut. Vielleicht erinnerst du dich. Nach dem Interview sind wir noch was trinken gegangen. Wie es halt so ist.«
»Du Motherfucker, Mandel, das hast du mir nie erzählt!«, schrie ich ihn an. Die Rechten draußen würden sich auch wundern, was wir für Sorgen hatten.
»Man redet da nicht drüber. Wenn die Personen bekannt sind oder später bekannt werden, redet man nicht darüber.«
»Aber das gilt doch nicht für deinen besten … , ach Scheiße, du weißt schon, was ich meine.«
»Doch, das gilt auch für meinen besten Freund«, sagte der Mandel ganz sachlich. Den besten Freund betonte er explizit.
Jetzt war ich verwirrt, weil der Mandel sich zwiespältig verhielt. Einerseits stellte er einen seltsamen Ehrenkodex – den es meiner Meinung nach überhaupt nicht gibt – über unsere Freundschaft. Andererseits bejahte er, mein bester Freund zu sein, und da war ich dann doch gerührt. Dann musste ich dran denken, wie der Mandel und die Malleck …
»Wer war denn jetzt das Mädchen am Strand? Die war nämlich auch auf der Beerdigung vom Leo. Sie stand abseits«, fragte der Mandel.
»Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich hab den Laptop vom Tilmann durchsucht und die ganzen alten Fotos gefunden. Und da gab es ein Kind, das mich ziemlich an das Mädchen vom Strand erinnert hat.«
»Ja, und?«
»Ich glaube, das ist die Tochter vom Schredder.«
»Die Tochter vom Schredder? Das ist ja widerlich.«
»Wieso widerlich?«
»Na ja, ich stell mir grade vor, du hast eine Affäre mit meiner Tochter.«
»Hast du eine Tochter?« Jetzt war ich kurz erschrocken.
»Nein, Blödmann. Parabel.«
»Ah. Ja, stimmt schon, wenn das wirklich eine Affäre von ihm ist, dann ist das widerlich. Und wenn ich Recht habe, dann ist das die Tochter vom Schredder seiner Ex-Frau, der Anna Münster. Auch ein scharfes Gerät. Genau wie seine jetzige Frau, diese Irina.«
»Allerdings«, bekräftigte der Mandel.
»Wenn der Tilmann aber tatsächlich die Tochter vom Schredder nagelt, dann hat die gleich mehrere Probleme. Erstens bekommt sie sicher einen Riesenärger mit ihrem Papa und zweitens einen Riesenärger mit der Neumann-Truppe, wenn sie im Besitz der Aufnahmen ist«, sagte der Mandel.
»Aber ich glaube nicht, dass die das Mädchen gesehen haben. Die sind uns einfach nur bis Binz nachgefahren. Vielleicht haben sie ja einen Peilsender benutzt. Einen dieser Markenpeilsender mit der langen Akkulaufzeit«, sagte ich.
»Selten so gelacht«, sagte der Mandel.
Irgendwann muss ich kurz eingeschlafen sein, zumindest fand sich Platz für einen Traum.
Ich bin seit Jahren wieder mal in meiner zweiten Wohnung. In meinen Träumen besitze ich
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