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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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ein zweites Apartment. Das Haus ist ein flacher Neubau und steht auf einer Art Betonplateau, leicht über den Bürgersteig erhoben, in etwa so wie eine dieser alten Kaufhallen. Vorne ein Schaufenster, wie bei einem Geschäft. Innen gibt es einen Vorraum mit einer kleinen, heruntergekommenen Küchenzeile und einem Tisch. Dahinter, ohne Tür oder Durchgang, nur durch ein Mauereck abgetrennt, fängt der Wohnbereich an. Mit einer Couch, einem Fernseher, einer Matratze auf dem Boden und einem Tisch mit einer uralten Stereoanlage darauf. Es stehen einige LP s herum, mehrere von Joni Mitchell, die Aqualung von Jethro Tull, zwei Alben von Quicksilver Messenger Service und die Mars Hotel von Grateful Dead. Das wirklich Merkwürdige an der Wohnung ist, dass man aus dem Wohnbereich durch eine Schiebetür in den hinteren Teil des Gebäudes gelangt. Dort gibt es ein zweites Schlafzimmer mit roten Wänden. Alte, vermutlich teure Perserteppiche liegen auf dem Boden, und naive Malerei hängt an den Wänden. Doch mit dem prunkvollen Schlafzimmer aus einer anderen Epoche ist die Wohnung nicht zu Ende. Ein Arbeitszimmer in schwerem Dunkelgrün mit einem gewaltigen Sekretär schließt sich an und dahinter ein weiteres Schlafzimmer mit einem Himmelbett mit Vorhängen. Es ist fast wie bei diesen Schlossbesichtigungen, wo man in den Seitenflügeln von Zimmer zu Zimmer geht und eigentlich das Gefühl hat, einen nicht enden wollenden Gang abzuschreiten. Am Ende der drei zusätzlichen Zimmer, die durch identische Schiebetüren verbunden sind, befindet sich eine Art Waschküche, wo mehrere Waschmaschinen stehen und jemand weiße Handtücher an Leinen, die an der Decke entlanggespannt sind, aufgehängt hat. Aus der Waschküche führt eine kleine Tür aus Metall in einen langen Garten mit akribisch aufgereihten Bäumen, durch den ein kleiner Bach fließt. An dem Bach spielen kleine Kinder. Ich weiß, dass der geräumige hintere Teil meines Apartments einem Arzt gehört, ich weiß aber nicht, ob ich ihn benutzen darf. Es ist zwar nie jemand in der Wohnung außer mir, aber die Miete, die ich bezahle, ist so lächerlich gering, dass sie unmöglich die noblen Hinterzimmer beinhalten kann. Ich bin manchmal jahrelang nicht in der Wohnung, und ich nehme nie jemand mit. Das ist das erste Mal, dass ich nicht alleine da bin.
    »Warum hast du noch eine zweite Wohnung?«, fragt der Mandel.
    »Weil ich sie vergessen habe.«
    »Aber die Abbuchung der Miete, siehst du das nicht auf deinen Kontoauszügen?«
    »Ich schau nie auf meine Kontoauszüge.«
    »Was machst du mit der Wohnung?«
    »Nichts. Es ist nur gut, dass es sie gibt. Damit ich auch mal in einem anderen Viertel übernachten kann.«
    »Aha«, sagt der Mandel.
    »Herr Singer«, ruft jemand aus den noblen Hinterzimmern.
    »Ich komme gleich«, sage ich.
    »Wer ist denn das?«, fragt der Mandel.
    »Das ist der Arzt, dem das Haus gehört. Ich geh mal zu ihm, ich hab ja noch nie mit ihm persönlich geredet.«
    Auf dem Weg durch die Hinterzimmer frage ich mich wieder, warum hier nie jemand ist. Der Arzt wartet in dem Arbeitszimmer. Er sitzt hinter dem riesigen Sekretär. Er sieht eigentlich aus wie ein Anwalt, er trägt eine schwarze Robe und eine Richterperücke.
    »Herr Singer, ich muss gleich weg, aber Sie müssen diese Wohnung auflösen. Es ist wegen Eigenbedarf.«
    »Eigenbedarf? Aber hier ist doch nie jemand.«
    »Die Wohnung wird verkauft.«
    »Aber Sie sagten doch Eigenbedarf.«
    »Sie können nicht mehr hier wohnen. Es ist zu spät dafür. Wo waren Sie denn die ganzen Jahre?«, sagt der Arzt, der jetzt definitiv ein Richter ist.
    »Ich war doch immer in der Nähe«, sage ich.
    »Wie bitte?«, sagt der Richter.
    »Wie bitte?«, sagte der Mandel.
    Er stand mit dem Rücken zu mir und schaute aus dem Fenster auf den Strand von Prora, den man wegen den hohen Bäumen kaum sehen konnte, was für ein Strandhotel eine Enttäuschung war.
    »Was meinst du?«, fragte ich, während ich kurz überlegte, wo ich war.
    »Du hast doch was gesagt.«
    »Ich hab geträumt«, sagte ich. »Wie spät ist es?«
    »Fast drei.«
    »Schon so spät.«
    »Was denkst du, was jetzt passiert?«, fragte ich.
    »Die werden wohl ein paar Fragen stellen.«
    »Wegen den Aufnahmen?«
    »Vermutlich.«
    »Fucking Fuck. Alles wegen diesem Soloalbum. Die überschätzen doch völlig die Wirkung von der Platte. Im Endeffekt interessiert das doch keine alte Sau, wenn der Tilmann auf Protestsänger macht. Was soll der auch aufdecken mit seiner

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