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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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teuer. Überhaupt war so eine Cowboy-Grundausstattung eine kostspielige Angelegenheit, selbst wenn man nur die Pistolen, Hüte und Halfter kaufte. Der Mandel hatte gottseidank noch die Cowboystiefel aus seiner Zeit im Roxy früher, ich musste meine alten Springerstiefel anziehen.
    »Es fehlt noch was«, sagte der Mandel draußen vor dem Karstadt.
    »Nämlich?«
    »Die Cowboynamen. Wenn uns jetzt jemand fragt, wer wir sind, dann können wir nicht Mandel und Singer sagen.«
    »Stimmt. Gut, dann bin ich Sigi The Kid. Und du bist der … «
    »Buffalo Max.«
    Drinnen, in dem Studentenheim, schossen wir auf alles, was sich bewegte. Einen anderen Cowboy mit Sheriff-Stern ließen wir tanzen, indem wir auf seine Füße zielten. Einen Indianer verjagten wir von der Bar, und einen Priester baten wir, uns wegen unserer zahlreichen Morde und Raubüberfälle die Absolution zu erteilen. Bald knutschte der Mandel mit einem Mädchen im Engelskostüm herum und fasste ihr beim Schmusen an den Hintern. Ich brauchte noch eine ganze Weile länger, aber dann traf ich eine alte Bekannte, mit der ich zusammen studiert hatte, ein irrer Zufall, und da fiel der Einstieg natürlich leicht. Danach trennten sich unsere Wege, weil der Mandel mit dem Engel nach Hause fuhr und ich eine Stunde später mit der Studienkollegin, die übrigens als Spinnenfrau verkleidet war.
    Irgendwann machte ich den Fernseher leise und versuchte zu schlafen. Ganz ohne Fernseher ging das leider schon seit Monaten nicht mehr. Ich brauchte den leisen Ton und das blaue Licht, sonst wurde ich unruhig. Ich muss schon fest geschlafen haben, als das Telefon klingelte. Ich sah auf die Uhr, es war fünf Uhr früh. Noch eine Leiche, ein Drohanruf von den Kulturfreunden des Nordens oder die Polizei? Oder einfach nur wieder Maria? Aber vielleicht auch die Malleck, der es leidtat. Es war der Klingelton vom Festnetz. Also konnte es eigentlich nur meine Mutter oder der Mandel sein, sonst kannte die Nummer niemand.
    »Singer«, sagte ich.
    »Wir schließen das Büro doch noch nicht«, sagte der Mandel, und er klang angetrunken.
    »Wie bitte? Weißt du, wie spät es ist?«
    »Fünf. Eine Mail ist gekommen.«
    »Was für eine Mail?«
    »Von Adriana.«
    »Ach. Was sagt sie?«
    »Ich, also wir, sollen kommen und uns treffen.«
    »Wohin denn?«
    »Nach Binz.«
    »Wo ist das?«
    »Auf Rügen.«
    »Auf Rügen?«
    »Genau.«
    »Warum auf Rügen?«
    »Was weiß ich.«
    »Und wann?«
    »Morgen früh.«
    »Also heute.«
    »Genau.«
    »Dann steh ich mal langsam auf.«
    »Du schläfst doch gar nicht«, sagte der Mandel und legte auf.

Neunzehn

    Autofahren mit dem Mandel ist immer dasselbe. Du redest auf ihn ein, er tut so, als ob er dir zuhört, hört aber eigentlich der Musik zu. Sobald du eine Redepause einlegst, dreht er die Musik lauter, und wenn du wieder anfängst zu reden, tut er so, als höre er dich nicht. Als wir an diesem Morgen an die Ostsee fuhren, nicht mehr lange von der kompletten Auflösung der Verhältnisse entfernt, hörte der Mandel keine Musik. Es war sonderbar still in dem gelben Fahrschulauto, weil noch nicht einmal ich redete. Der Mandel saß hinter dem Steuer, als wäre er ein Jetfighter-Pilot. Augen hellwach, die Miene zu Eis erstarrt und überhaupt von einer spielfilmreifen Determiniertheit. Er fuhr viel zu schnell, was man in dem Auto kaum wahrnahm, weil der Motor so gespenstisch leise war. Nach hundert Kilometern erlaubte ich mir dann doch eine Zwischenfrage.
    »Was stand denn in der Mail?«
    »Hab ich doch gesagt«, mumpfte der Mandel, gerade, dass er überhaupt den Mund aufmachte.
    »Na ja, so im Detail«, hakte ich nach.
    Der Mandel seufzte und zog ein gefaltetes Blatt Papier aus der Innentasche seine schwarzen Mantels. Ich war froh, wenn es endlich wieder wärmer wurde, dann musste ich nicht jeden Tag den schwarzen Mantel vom Mandel sehen.
Lieber Max Mandel,
    der Leo hat mir von dir erzählt. Dass er dir vertraut, dass du die richtigen Dinge an der Musik schätzt. Auch an seiner Musik. Dass du ehrlich bist und es dir nicht nur ums Geschäft geht. Vielleicht hätte der Leo gewollt, dass wir uns treffen. Vielleicht hätte er gewollt, dass ich dir erzähle, was genau er vorhatte. Ich lasse es darauf ankommen. Der Leo besitzt ein Haus in Binz auf Rügen, in dem ich hin und wieder bin. Deshalb treffen wir uns bitte am Freitag um 11 Uhr auf der Promenade bei dem weißen UFO . Ich freue mich.
    *L
    »Was für ein UFO ?«, fragte ich.
    »Das ist ein Rettungsschwimmerhaus am

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