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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero
Autoren: Berni Mayer
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Turm in der Mitte, flankiert von zwei Seitenflügeln. Der kleine Turm besaß ein schwarzes Kupferdach mit einer Spitze und einem goldenen Ding darauf. Wie ein kleines Schloss. So auffällig, dass es unmöglich war, in einem Kaff wie Binz nicht zu wissen, wer hier ein- und ausging. Subtilität war die Stärke vom Tilmann nicht.
    Wir sahen uns um, bevor wir den entscheidenden Schritt auf die Villa zu taten, aber die Passanten wirkten durchgehend unradikal, also klingelten wir ganz naiv an der Haustür von der Villa Sturmvogel. Nach einer Minute klingelten wir nochmals. Im ersten Stock ging ein Licht an.
    »Wie heißt denn die Tochter vom Schredder?«, fragte mich der Mandel.
    »Keine Ahnung. Irgendwas mit L … L-Punkt-Schredder.«
    »Frau Münster!«, rief der Mandel nach oben. »Max Mandel.«
    Das Licht ging wieder aus. Nach einer Minute ging es unten an, und jemand schloss die Haustür von innen auf.
    »Schnell rein, Jungs«, sagte das Mädchen.
    Langes weißes T-Shirt und eine schwarze Leggins darunter. Braune Haare, die fein und ausdauernd die Schultern herabströmten. Gesicht schmal und Sommersprossen. Sie erinnerte mich an eine bestimmte Schauspielerin aus Frankreich, Name vergessen.
    »Ich bin Lana«, sagte sie.
    »Hallo Lana, Sigi. Kann ich mich hinlegen? Ich hab ein Loch im Bauch«, sagte ich und schob das Hemd hoch, damit man den blutdurchtränkten Verband sehen konnte.
    »Ach du Scheiße«, sagte das Mädchen, und das war putzig, wie sie »Scheiße« sagte.
    »Komm mit, Sigi.«

Einundzwanzig

    Leider gab es im Haus von Lana keinen Kamin mit offenem Feuer, dafür immerhin eine Art Wohnzimmer mit einer Designercouch aus hellgrauem Leder, einen maßlosen Fernseher im Leinwandformat, diverse gerahmte Schwarz-Weiß-Fotografien von Türen – fragen Sie mich nicht, warum Türen – und einen ausgezeichnet funktionierenden Heizkörper. Ich lag auf der Ledercouch in eine Decke und ein frisches Hemd gehüllt, das Lana aus dem ersten Stock für mich geholt hatte.
    Auf dem Weg ins Wohnzimmer waren wir an einer Art Rezeption vorbeigekommen, und Lana hatte erklärt, das wäre lange ein Apartmenthaus für Urlauber gewesen. Die meisten Wohnungen waren auch noch in dem alten Zustand. Der Leo wollte das alles umbauen lassen. Aber bisher hatte er nur das Wohnzimmer ganz unten geschafft.
    »Kennst du seine Frau, die Veronika?«, fragte der Mandel.
    »Nur aus dem Fernsehen«, sagte Lana und blies sich ihre Haare aus dem Gesicht. Sie war höchstens achtzehn. Obwohl – wer konnte heutzutage noch das Alter von Mädchen zwischen vierzehn und vierundzwanzig schätzen.
    »Die Malleck kennt also dieses Haus gar nicht?«, fragte ich.
    »Ich geh mal nicht davon aus«, sagte Lana.
    »Warum hat der Leo denn seine Ostsee-Residenz vor ihr geheim gehalten?«, wollte der Mandel wissen.
    »Weil er mich geheim gehalten hat. Weil das unser Treffpunkt war«, sagte Lana, und ihr Blick und ihre Stimme wurden ein bisschen sturer.
    »Verstehe«, sagte der Mandel.
    »Wo wohnst du denn normalerweise?«, fragte ich von der Couch aus.
    »Bei meinem Vater in Hamburg«, sagte Lana, und der Mandel musterte sie jetzt schulmeisterlich.
    »Du warst auf der Beerdigung vom Leo«, sagte der Mandel.
    »Ich war in der Nähe. Aber dich habe ich nicht gesehen«, sagte Lana.
    »Ich war auch nur in der Nähe.«
    »Ach so«, sagte Lana, und es klang nicht einmal misstrauisch.
    »Die Leute, die dem Sigi ein Messer in den Bauch gesteckt haben, interessieren sich auch für dich. Das weißt du, oder?«, sagte der Mandel.
    Ich stellte mir indessen vor, wie der Tilmann mit Lana einen sexuellen Vorgang … , aber das war zu widerwärtig, um es zu Ende zu denken. Das süße Sommersprossending mit dem alten Sack. Und jetzt hatte ich es mir doch vorgestellt, verdammt nochmal.
    »Hab ich mir schon gedacht. Das war ja auch ein Grund, weshalb ich euch kontaktiert habe.«
    »Ach so? Und warum nicht die Polizei?«, fragte der Mandel.
    »Der Polizei hätte ich das mit den Aufnahmen erklären müssen, und dann wäre das alles öffentlich geworden. Die Plattenfirma hätte sich eingemischt. Der Brocken hätte sich eingemischt.«
    »Der Brocken?«, fragte der Mandel.
    »So nannte Leo den Typen von der Plattenfirma. Kennt ihr doch, den Dicken mit den Locken«, klärte ihn Lana auf.
    Ich musste lachen, aber nicht lange, wegen dem Bauch.
    »Der Urbaniak«, sagte der Mandel schmunzelnd.
    »Ich wollte vorher mit euch reden. Ich wusste vom Martin, dass ihr in der Sache ermittelt. Dass ihr
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