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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero
Autoren: Berni Mayer
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Detektive seid«, sagte Lana.
    Ich glaube, die einzige Person in Deutschland, die noch nicht wusste, dass wir den Beruf gewechselt hatten, war meine Mutter. Und ich würde mich nie an dieses alberne Wort gewöhnen. Detektive. Schon komisch, dass man immer ein Detektiv sein will, schon als Kind, und dann ist es endlich so weit, und einem ist schon das Wort peinlich.
    »Das hat auch den Leo beeindruckt. Dass jemand in eurem Alter noch mal die Kehrtwende macht und einen ganz anderen Beruf ergreift. Das hätte er auch gern. Er wäre immer gerne Schreiner geworden. Die ehrliche Arbeit mit den Händen und so weiter. Aber das war natürlich nur eine Spinnerei. Weil Leo zwei linke Hände hatte, und das hat er sich auch nur eingeredet mit dem Schreiner. Ich hatte ja schon Angst, wenn der Gemüse geschnitten hat.«
    Das klang gar nicht abfällig, wie Lana über den Tilmann lästerte. Da verbarg sich eine grundlegende Liebe dahinter, da war ich mir sofort sicher.
    »Aber dann wusste er doch auch, dass ich ihn mit der Reportage angelogen habe. Wieso vertraute er mir dann?«, fragte der Mandel nicht zu Unrecht.
    »Er ist halt ein Bauchmensch. Wenn er dich mag, dann mag er dich, egal, was du tust, wie du dein Geld verdienst, und egal, wie du zu ihm bist. Aber Leo war am Ende nicht mehr so naiv wie früher. Der hat nur noch wenigen getraut. Vielleicht auch euch, aber eigentlich nur noch dem Danny und mir. Deshalb hab ich jetzt ja auch dieses blöde Soloalbum am Hals.«
    »Du hast wirklich die Aufnahmen, die halb Deutschland sucht? Das legendäre Protestalbum? Die Geburtsstunde des deutschen Bob Dylan?«, fragte ich von der Couch aus.
    »Jetzt sei nicht so respektlos«, sagte Lana, und es tat mir augenblicklich leid.
    »Hat er sie dir zur Aufbewahrung gegeben? Hat er etwas Konkretes befürchtet?«, fragte der Mandel.
    »Nein, überhaupt nichts hat er befürchtet, wenn du den Mord meinst. Er wollte natürlich nicht, dass ihm jemand dreinredet, dass die Plattenfirma ihn das so nicht veröffentlichen lässt, wenn sie zu früh von seinen Plänen Wind bekommt. Er hat das ja alles als ganz zentral in seinem Lebenswerk angesehen. Das war ja die große, gute Tat und die Neuerfindung als ernstzunehmender Künstler in einem Aufwasch. Ach, der Träumer. Und er wollte nicht, dass jemand außer mir und Danny die Aufnahmen hört, bevor er sie selbst dem Brocken in die Hand drückt. Er wollte die allerletzte Deadline abwarten, damit der Brocken die Veröffentlichung nur noch schwer hätte aufhalten können. Deshalb habe ich die Originalaufnahmen.«
    »Aber heutzutage macht man doch Sicherheitskopien«, sagte ich.
    »Sicherheitskopien? Doch nicht der Leo«, sagte Lana fast entrüstet.
    »Er hat also nicht befürchtet, dass ihm die Rechten auf den Leib rücken.«
    »Na ja, wie gesagt, er hat ja immer angenommen, dass es eigentlich keiner böse mit ihm meint. Dass er ein paar Rechtsradikale aufscheucht und die ihm vielleicht ein paar Drohbriefe schreiben, war sein Worst-Case-Szenario. Es ist ja auch nur eine Platte, ein Stück Musik. Kann ja keiner ahnen, dass man dafür umgebracht wird.«
    Wie sie so erzählte. So überlegt. So gefasst. Fast lakonisch, und das angesichts einer so monströsen Gesamtsituation. Aber das war keine emotionale Kälte, nein, das war nur ein Mädchen, das sich nicht aus der Ruhe bringen ließ.
    Der Mandel schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Und was ist denn jetzt drauf auf der Platte? Worum geht es denn jetzt genau? Ist es eine gute Platte?«, fragte ich von der Couch aus.
    »Das Hemd steht dir gut«, sagte Lana, und ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte, denn es war vom Tilmann, und es passte wirklich gut. Lana hatte mich besser verbunden als der Mandel, und ich hoffte, dass kein Blut auf das Hemd vom Tilmann tropfte. Das wäre mir pietätlos vorgekommen.
    »Was war die Frage?«, fragte Lana.
    »Die Platte. Das Album«, sagte ich.
    »Ach, die Platte. Also, mir gefällt sie nicht. Leo ist jetzt auch nicht der beste Gitarrist, und es ist alles ein bisschen einfallslos komponiert.«
    »Aber die Texte. Die sind doch das Ausschlaggebende«, sagte der Mandel, und es klang fast, als würde er den Tilmann vor seiner höchstwahrscheinlich minderjährigen Geliebten verteidigen.
    »Ja, wahrscheinlich wird es eh nur auf die Texte hinauslaufen, wenn jemand das Album überhaupt veröffentlicht. Aber das wollte er ja genau so. Im Prinzip ist das auch keine Platte wegen der Musik, sondern wegen der Enthüllung.«
    »Wie meinst du
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