Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Manhattan Blues

Manhattan Blues

Titel: Manhattan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
Vom Netzwerk:
Filme gesehen?« fragte er.
    »Woher soll ich das wissen?« fragte sie lachend. »Haben Sie schon
viele schwedische Filme gesehen?«
    »Zahllose«, erwiderte Walter. Ganz zu schweigen von endlosen.
    »Dann haben Sie mich vielleicht gesehen.«
    »Da bin ich sicher.«
    »Ich fühle mich geschmeichelt.«
    Sie legte die Hand auf ihre Brüste, eine Geste der
Bescheidenheit, die Aufmerksamkeit erregen sollte. Durchsichtig, aber
effektiv, ebenso wie das Kleid.
    »Darf ich sehr offen sein?« fragte er.
    »Bitte.«
    »Sie lenken mich ab.“
    »Jetzt bin ich die Glückliche.“
    »Von meiner Arbeit«, fügte er hinzu. »Wann ist Ihre
Arbeit beendet?« fragte sie. »Wenn Madeleine sicher im Bett liegt?« Er nickte.
    »Dann brauchen Sie ihren Body nicht mehr zu
bewachen?« fragte sie und riß die Augen mit gespielter Unschuld auf. »Bitte,
bitte«, tadelte er.
    »Sie ist sehr hübsch, nicht wahr?«
    »Auf eine teure Art und Weise, würde ich sagen«, erwiderte er.
    Marta verstand es nicht.
    »Jetzt lasse ich Sie wieder an Ihre Arbeit gehen«, sagte sie. »Aber
vielleicht sehe ich Sie später noch?«
    »Ich habe herausgefunden, daß dies eine Welt voll unendlicher
Möglichkeiten ist«, gab er zurück.
    Als sein Blick den Madeleines fand, sah er, daß sie ihn anstarrte.
     
    Einige Zeit später ging Senator Keneally zur Stirnseite des Saals und
tippte mit einem Löffel gegen sein Champagnerglas. Als die Musik verstummte und
das Partygeplauder zu erwartungsvoller Stille verebbte, streckte er den Arm
nach Madeleine aus, die an seine Seite trat.
    »Madeleine und ich«, begann Keneally, wobei sein breiter Bostoner
Akzent den Vokal dehnte, »möchten Ihnen allen für Ihr Erscheinen danken. Wir
sind entzückt, den Heiligen Abend mit all unseren New Yorker Freunden
verbringen zu können. Wir hoffen, Sie haben die Party genossen.«
    Er machte eine Pause, um den Beifall abzuwarten, grinste breit und
fügte hinzu: »Besonders das improvisierte Gedicht.«
    Die Menge lachte. Dadurch ermutigt, fügte Keneally hinzu: »Ich kann
nur hoffen, daß meine Frau zu den Partys im Weißen Haus bekanntere Poeten
einlädt...«
    Die Anwesenden lachten und jubelten. Als Keneally Madeleine den Arm
um die Schultern legte, sagte sie: »Liebling, solltest du je die Gedichte von
Poeten lesen, die noch am Leben sind, werde ich sie nur zu gern einladen.«
    »Meine Frau hält mich für einen Banausen«, verkündete Keneally, und
nachdem das Gelächter sich gelegt hatte, fuhr er fort: »Wahrscheinlich hat sie
recht. Wir waren vorhin noch in einer Ausstellung mit >Moderner Kunst<,
und es war nur gut, daß sie dabei war, um sie mir zu erklären.«
    Der Mann hat wirklich Charme, dachte Walter, als er die versammelten
Gäste beobachtete. Sie hingen an seinen Lippen.
    Keneally fuhr fort: »Ich möchte auch denen von Ihnen danken, die uns
bei unserem Wahlkampf Unterstützung angeboten haben.« Er machte wieder eine
Pause, wie sie ein Bühnenschauspieler mit Sinn für professionelles Timing nicht
besser hinbekommen hätte, und sagte dann: »Für all diejenigen, die — noch -
nicht geholfen haben: Sie können Ihre Schecks bei Jimmy abliefern, wenn Sie den
Saal verlassen.«
    Madeleine versetzte ihm einen sanften Rippenstoß, und Keneally sagte
leise: »Doch im Ernst: Madeleine und ich empfinden es als herzerwärmend, daß
Sie uns mit Rat und Tat und Ihren guten Wünschen unterstützen.
    Ein Mann sollte ein hohes politisches Amt nicht um des Amts willen
anstreben, sondern um dessentwillen, was es leisten kann. Ebensowenig sollten
die Menschen einen Kandidaten danach beurteilen, was er ist, sondern nach dem,
was er bewirken kann. Und dieser Kandidat sollte sein Land nicht nur so betrachten,
wie es ist, sondern erkennen, was es zu leisten vermag. Und es gibt eine Menge,
was wir gemeinsam tun können, um aus dieser Nation das Land zu machen, das es
sein könnte. Eine Nation mit Möglichkeiten für alle Bürger, ein Land der
Gerechtigkeit und der Freiheit für alle seine Bürger. Eine Nation, die als ein
Leuchtfeuer der Freiheit dasteht, und zwar nicht nur für seine eigenen
Menschen, sondern für alle Völker der Welt.
    Das, so denke ich, ist die Herausforderung unserer Generation. Wenn
wir den Staffelstab übernehmen, um unseren Teil des Rennens zu bewältigen,
müssen wir den Blick auf das Ziel richten und tapfer laufen und schnell dazu.«
    Walter sah, daß die Gäste verstummt waren und Keneally wie gebannt
lauschten. Die gehen morgen auf die Straße und arbeiten für den

Weitere Kostenlose Bücher