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Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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jetzt wusste sie nicht, was sie machen sollte.
    Velvet musste nicht ausdrücklich erwähnen, dass es bei der Einladung auch um eine monetäre Transaktion gegangen war oder der Freier gutes H versprochen hatte, um – sozusagen – die Dose zu schmieren. Die Fakten sprachen im Grunde für sich. Vielleicht wollte er Velvet wirklich töten, vielleicht auch nicht. Aber er hatte wahrscheinlich gesagt, dass das seine Absicht war. Und dieBlutergüsse bewiesen, dass er fest genug zugedrückt hatte, um sie umzubringen. Sie hatte nach irgendwas gesucht, um sich zu wehren und das Porzellankästchen gefunden. Er kippte um, sie rief ihre Mutter an. Ihre Mutter erzählte es dem reichen Mann, der rief Breland an, Breland rief mich an, und derweil fand Velvet den Drogenvorrat des Toten, den sie verwendete, um sich gegen das Trauma ihres Beinahe-Todes und Totschlags abzustumpfen.
    Mit dem Kind auf dem Schoß (von Breland wusste ich, dass sie gerade zwanzig geworden war) fischte ich mein Handy aus der Tasche meines blauen Jacketts und drückte drei Tasten.
    »Leonid«, sagte Breland, bevor ich ein Klingeln hörte.
    Ich erklärte ihm die Lage und fragte: »Was genau willst du jetzt von mir?«
    »Ich will, dass du die Sache regelst.«
    »Du weißt, dass ich ehrlich geworden bin, Mann. Und selbst als ich noch ein Gauner war, hab ich solche Jobs nie angenommen.«
    »Komm schon, LT . Es ist für einen sehr wichtigen Mandanten von mir. Und du hast doch selbst gesagt, dass es aussieht wie Notwehr.«
    »Warum rufst du dann nicht die Bullen und verteidigst sie selbst?«
    »Es ist kompliziert.«
    Ich hätte ihn bedrängen, ihm die Bitte vielleicht sogar ausreden können. Aber Breland war nicht nur mein Anwalt, er war ein Freund. Er war für mich da gewesen, als jeder andere normale Mann sich abgewendet hätte.
    »Ich ruf dich zurück.«
    Ich saß an dem Tisch aus Walnussholz, lauschte Katrinas Schnarchen und dachte an die hässliche Wohnung mit dem toten Mann und der gezeichneten jungen Frau. Im Laufe der Jahre war ich in vielen solchen Räumen gewesen. Ihr Tableau hätte ein Gemälde sein können, das mein gesamtes vorheriges Leben symbolisierte, in dem ich meinen Vater noch gehasst und geglaubt hatte, dass das Handeln im Dunkeln meine einzige Überlebenschance war.
    »Ja?«, sagte Hush nach dem zweiten Klingeln. Es war nach vier Uhr an jenem Donnerstagmorgen. Velvet schlief immer noch, und die namenlose Leiche war immer noch tot.
    »Ich habe hier eine Situation.«
    »Wo?«
    »Ja, Leonid?«, fragte Breland.
    »Du hast zwei Möglichkeiten«, erklärte ich meinem Anwalt. »Entweder ich rufe kostenlos die Bullen an, oder du treibst fünfzigtausend in bar auf.«
    »Ich kann den Betrag verdoppeln und dir bis morgen Mittag bringen lassen.«
    Was konnte ich sagen? So viel brauchte ich, um Zella aus der Patsche zu helfen. Ich würde zehntausend Punkte auf meinem Weg zur Erlösung verlieren, aber kein Boxer hat je einen Kampf gewonnen, ohne selbst getroffen zu werden – außer vielleicht Willie Pep.
    »Es ist schon jemand auf dem Weg hierher«, sagte ich. »In einer Stunde ist alles sauber.«
    Es war eine bittere Erinnerung, umso mehr, wenn ich an Zellas Reaktion auf mein Hilfsangebot dachte. Da fiel mir der Hinweis wieder ein, den ich Dimitri gegeben hatte: Es ist ein Geschenk, keine Investition …
    Ich musste über meine eigene blinde Einsicht lächeln, und genau in diesem Moment klingelte mein Handy.

10
    Es war fast Mitternacht, und der Anrufer wurde nicht angezeigt.
    »Hallo?« Ich ging nur dran, weil ich glaubte, jede Ablenkung wäre besser als die Erinnerungen, die mir im Kopf herumgingen.
    »Mr. McGill?«
    »Zella?«
    »Ja. Können Sie reden?«
    »Klar. Reden Sie.«
    »Ich meine persönlich.«
    »Okay. Kommen Sie morgen um zehn in mein Büro. Das ist im Tesla …«
    »Ich meinte jetzt.«
    »Es ist 23.57 Uhr.«
    »Sie klingen nicht müde.«
    Kürzlich entlassene Strafgefangene lebten nicht in der Alltagswelt, jedenfalls anfangs nicht. Sie waren in einen Kasten gesperrt gewesen, und der anschließende Schock der Freiheit sprengte alle Regeln. Zella hatte ein Problem und ein Telefon, warum also sollte sie nicht den einzigen Mann anrufen, den sie kannte?
    »Im East Village gibt es einen Laden namens Leviathan …«, sagte ich. Ich nannte ihr die Adresse und gab ihr ein paar Spezialanweisungen. Sie ließ mich die Wegbeschreibung wiederholen und willigte ein, mich in einer Stunde dort zu treffen.
    Ich duschte drei Minuten lang kalt, zog einen

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