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Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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möglicherweise irgendwelchen Ärger haben … und zwar nicht unbedingt was eine Verhaftung oder Verurteilung angeht.«
    »Bingo«, erwiderte der Bulle. Es war kein freudiger Ausruf.
    In diesem Moment flog die Tür zu dem kleinen Besprechungszimmer auf.
    »Captain!«, rief eine junge weiße Polizistin. Sie wirkte wütend und ängstlich. »Die schießen da draußen!«
    Lethford sprang so abrupt auf, dass sein Stuhl umfiel. Er rannte an mir vorbei in das Nervenzentrum der Observation. Ich folgte ihm.
    »Alle Mann nichts wie raus hier!«, brüllte er. »Beeilt euch!«
    Ich blickte auf die Monitore, während die Männer und Frauen die verfügbaren Waffen griffen und aus dem Raum stürzten. Mehrere Polizisten trugen bereits kugelsichere Westen, andere hatten sie in der Hand. Auf einem der Monitore sah ich, dass ein schwarzer Van in die Fassade des Clubs gekracht war. Aus dem Wagen waren Männer gesprungen, die mit automatischen Waffen auf die Gäste schossen.
    Auf meinem Weg um den Block hatte ich eine enge Gasse bemerkt, die die Pox mit der Pointdexter Street verband. Auf einem Monitor sah ich einen kleinen, vielleicht achtjährigen Jungen, der mit einem Skateboard unterm Arm durch diese Abkürzung rannte. Ein paar Sekunden später nahm ein großer Mann mit einer Pistole in der linken Hand denselben Weg …
    Circa neunzig Sekunden später war ich auf der Straße. Die Polizei hatte eine andere Route genommen. Die Wachen vor der Treppe waren verschwunden. Auch der als Obdachloser verkleidete Posten vor der Haustür war abgezogen.
    Ich erreichte die Gasse gerade noch rechtzeitig, um den Rücken des großen Mannes zu sehen. Er trug den kleinen Jungen wie ein Schild vor sich her, während er rückwärts in die vermeintliche Sicherheit der Pointdexter Street zurückwich.
    Vom BANDENKRIEG IN DER POX STREET , wie die Zeitungen es am nächsten Tag nennen sollten, drangen Geschrei und Schüsse herüber. Ich schlich mich geduckt und relativ leise an. Der Mann richtete die Waffe nicht auf den kleinen Jungen, also verpasste ich ihm einen harten Schlag in die rechte Niere und einen auf das linke Ohr, eine Kombination, die so schnell kam, dass die Schläge gefühlt gleichzeitig trafen.
    Der Junge fiel hin, sprang auf und machte sich blitzschnell aus dem Staub, ließ den bewusstlosen Mann, die Pistole und sogar sein regenbogenfarbenes Skateboard in der Gasse zurück. Ich hob die Pistole auf und steckte sie ein, damit es nicht irgendein Kid machte. Die Mission war erledigt, also entfernte ich mich von dem Tumult. Es war nicht mein Kampf, kein bisschen.

24
    Bingo Haman alias Mr. Human. An ihn dachte ich, als ich die Flatbush Avenue entlanglief. Bingo war in jeder Situation eine Wucht. In der Unterwelt war er berühmt, einer der besten Einbrecher der Branche. Er wurde mit Leuten wie Cole Younger und Jesse James verglichen, Baby Face Nelson und sogar John Dillinger. Der Legende nach war er nie verhaftet worden. Vielleicht stimmte das.
    Ich hatte den ehrwürdigen Mr. Human nie kennen gelernt. Er war gut genug, um nicht auf die Dienste eines Ausputzers angewiesen zu sein, wie ich einer gewesen war. Es sei denn, Stumpy Brown hätte bei dem Rutgers-Job für ihn gearbeitet.
    Jedenfalls hatte ihn sein außergewöhnliches Glück oder Geschick verlassen, drei Monate zuvor, um 2.16 Uhr, in der Nacht auf dem Long Island Expressway –wie Luke Nye, der Billardhai und unerschöpfliche Quell an Informationen mir erzählt hatte. Aus einem Wagen ohne Nummernschild waren beim Überholen drei Dutzend Schüsse auf das Fahrerfenster abgegeben worden.
    Schwarze Männer, die sich gegenseitig hassen und töten , sagte mein verrückter Vater immer. Das ist das Vermächtnis von Sklaverei und Kapitalismus. Und man muss nicht mal schwarz sein und nicht einmal ein Mann – trotzdem sind es schwarze Männer, die sich gegenseitig umbringen, immer noch .
    Als diese Erinnerung an der Oberfläche auftauchte, saß ich schon in der U-Bahn Richtung Uptown und sinnierte über das Foto des pummeligen weißen Gesichts, das angeblich Bingo Haman gehörte. Der einzige Dreck, den die News ausgegraben hatte, besagte, dass er bei einer Reihe von Raubüberfällen im ganzen Land zu den Verdächtigen gezählt hatte. Dabei war er sehr viel mehr als das gewesen, nämlich ein skrupelloser und gnadenloser Killer. Er brach zu jedem Job gut gerüstet und mit durchgeladenen Waffen auf.
    Bei dem Rutgers-Raub hatten sie einen Mann getötet, wenn es denn tatsächlich seine Truppe gewesen war,

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