Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
bekommen.«
»Vielleicht kriegen Sie sogar die eins Komma fünf Prozent Belohnung«, schlug ich vor.
»Nein, nein. Angestellte dürfen keine Belohnung von der Firma kassieren.«
»Aber ich könnte und sie dann heimlich mit Ihnen teilen.«
»Daran habe ich nie gedacht.«
»Nicht?«
»Nein.«
Schweigen senkte sich über unsere elektronische Konversation. Vielleicht erwog Alton diese angeblich neue Option. Vielleicht waren ihm auch bloß die Worte ausgegangen.
»Warum haben Sie mich angerufen, Mr. Plimpton?«
»Ich glaube, ich weiß, wie die Anstellung von Claudia Burns gelaufen ist.«
»Erzählen Sie es Ms. Lowry.«
»Ich vertraue ihr nicht.«
»Denken Sie, dass sie irgendwas mit der Sache zu tun hat?«
»Nein, aber sie arbeitet für die hohen Tiere. Ich glaube nicht, dass ihr meine Interessen sehr am Herzen liegen.«
»Sie glauben, sie wird den ganzen Ruhm für sich einheimsen.«
»Kann ich Sie engagieren, Mr. McGill?«
»Klar können Sie. Aber das kostet Sie zehntausend Dollar.«
»Zehntausend!«
»Das ist mein Tagessatz für Großfirmen.«
»So viel Geld hab ich nicht.«
»Können Sie es sich leihen?«
»Ich bin nicht reich, Mr. McGill. Ich habe mein Leben lang für Rutgers gearbeitet, doch ich hab eine Ex-Frau und zwei Kinder, die demnächst mit der Highschool fertig sind. Wenn ich so viel Geld ausgebe, bräuchte ich eine Garantie, dass Sie liefern werden.«
»Garantie gibt’s auf Waschmaschinen, Alton, und selbst da nur zeitlich begrenzt.«
»Sind Sie sicher, dass der Mann, der Miss Burns angestellt hat, etwas mit dem Raub zu tun hatte?«
»Anders kann ich es mir nicht erklären.«
»Wieso?«
»Bin ich engagiert?«
Der Manager antwortete nicht sofort. Für den Moment versank ich in einem Tagtraum – in dem Traum wurde ich von einer Boa constrictor angegriffen. Ich war schnell. Ich packte ihren Kopf, doch sie schlang ihren Schwanz um mein linkes Bein. Ich griff mit der freien Hand nach der Schwanzspitze, worauf sie ihren kräftigen, schuppigen Mittelleib um meinen Hals wand. Diese Schlange war mein ungewollter Fall. Es war sowohl meine Telefonschnur als auch meine Schuld. Schuld: Verantwortung und ein natürlicher Konstruktionsfehler. Ich war im Unrecht, egal wie man die Sache betrachtete.
»Also gut, Mr. McGill«, sagte Alton Plimpton. Ich hatte beinahe vergessen, dass er da war. »Ich bezahl Sie. Aber ich brauche ein paar Tage, um das Geld aufzubringen. Ich muss es mir leihen.«
»Prima. Kommen Sie mit einem Barscheck oder dem Bargeld in mein Büro, und ich mache mich sofort an die Arbeit.«
»Wir können in der Sache nicht warten, Mr. McGill«, sagte Plimpton, inzwischen hörbar gereizt.
»Sie erwarten, dass ich Ihnen ohne jedwede Versicherung helfe?« Ich musste über meine eigene Formulierung lächeln.
»Sie könnten, Sie könnten schon mal mit der Ermittlung anfangen und mir die Informationen erst geben, nachdem ich bezahlt habe«, schlug er vor.
»Okay«, sagte ich. Ich hätte mich nicht darauf einlassen dürfen. Wenn ich Twill Berufstipps gegeben hätte, hätte ich gesagt, dass Leute einen nicht einfach so anrufen und mit Informationen bewerfen. Hätte ich als Außenstehender meinem Sohn Tipps gegeben, hätte ichihm ehrlich gesagt ganz von einem Job als Privatdetektiv abgeraten.
»Okay«, wiederholte ich. »Und wer hat Claudia nun angestellt?«
»Das ist eine schwierige Frage.«
»Mit einer Zwei-Wort-Antwort.«
»Johann Brighton ist verantwortlich für ihre Anstellung, doch den Papierkram hat Seth Marryman erledigt.«
»Nicht Harlow?«
»Nein. Leonard hat nichts damit zu tun.«
»Wie können Sie sich da so sicher sein?«
»Seth ist vor drei Monaten gestorben«, sagte Alton. »Ein Herzinfarkt, vollkommen unerwartet. Ich kannte seine Familie und wurde von der Personalabteilung gebeten, den Hinterbliebenen zur Seite zu stehen. Ich bin schon so lange bei der Firma, dass ich das auch schon bei anderen unerwarteten Todesfällen getan habe. Seths Frau Virginia erzählte mir, dass ihr Mann Firmenunterlagen in einer Truhe auf dem Speicher aufbewahrte. Informationen vom Arbeitsplatz zu entfernen, ist strengstens verboten. Ich hätte es melden müssen, doch das hätte möglicherweise Auswirkungen auf die Zahlungen der Firma an die Familie gehabt, also brachte ich die Sachen in meine Wohnung und bat Virginia, niemandem sonst davon zu erzählen.«
»Okay«, sagte ich, »ich hab angebissen.«
»Bei den Unterlagen war auch eine Akte über Claudia Burns: ihre
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