Manhattan
Mann wirkte … aus der Entfernung war es schwer zu sagen, doch irgendwie hatte es den Anschein, als sähe der Mann gekränkt aus. 16 C blickte für einen Augenblick zu Walter hinüber und hob dann schüchtern seinen Pappbecher zu einer Art Gruß oder Ehrenbezeigung. Walter winkte jedoch nicht zurück, sondern starrte nur einen Moment hinüber und ließ die Jalousien herunter.
Dann setzte er sich an den Schreibtisch, denn weil er am nächsten Tag womöglich nicht zurückkehren würde, würde Arbeit liegen blieben, und es wäre unfair, seine Kollegen mit unvollständigen Akten sitzenzulassen. Nein, dachte er, deine persönlichen Probleme sind nur eines, nämlich deine persönlichen Probleme, und sollten deinen Freunden und Kollegen keine Kopfschmerzen bereiten.
Also nahm er sich sein Spesenformular vor. Er trug die Rechnung von Sardi's ein, dann fischte er sich aus seiner Sammlung eine leere Quittung heraus und trug neun Dollar und Trinkgeld ein, um seine Zehndollarbestechung für den charmanten Türsteher am Winter Garden zu decken.
Als er den Spesenbericht fertig hatte, nahm er sich seinen täglichen Tätigkeitsbericht vor, der angesichts der Situation nicht ganz einfach war. Folglich schrieb er sich in der Howard-Akte ein paar zusätzliche Stunden gut und frisierte die Zeiten ein wenig, die er den verschiedenen Amouren Keneallys gewidmet hatte, und schuf so einen Ausgleich.
In diesem Augenblick erschien einer von Mallons Günstlingen mit dem Frühstück, sagte, Mallon werde ihn skalpieren, wenn er das angebotene Trinkgeld annehme, und trat eilig den Rückzug an.
Als Walter sein Frühstück hinunterwürgte, läutete das Telefon.
»Withers, Personalüberprüfung.«
»Zaif. Scheußliche Verbrechen. Raten Sie mal?«
»Keneally hat gestanden, das Lindbergh-Kind entführt zu haben?«
»Noch besser«, zirpte Zaif. »Madeleine Keneally ist nicht damit einverstanden, ihre manikürten Hände mit scheußlicher Fingerabdruck-Tinte zu beschmutzen. Sie drehte völlig durch, als ich dies vorschlug. Fing an zu weinen und zog alle Register. Dann steht Joe Keneally plötzlich im Büro meines Lieutenant und sieht aus, als würde er eine Gehirnblutung kriegen! Ich konnte ihm nicht genau von den Lippen ablesen, was er sagen wollte, doch es war so etwas wie ›dieser dreckige Itzig‹ und ›Hundestreife in Benson Hurst‹. Ich kann Ihnen sagen, Walter, so etwas wirkt bei meinem Verfolgungswahn Wunder.«
»Ich freue mich für Sie, Sam.«
Zaif fuhr fort: »Keneally stürmt heraus und wirft mir einen Blick zu, als wollte er mich gleich auf der Stelle durchs Fenster boxen, und dann ruft mich der Lieutenant zu sich. Er sieht aus, als hätte man ihn mit einer Telegrafenstange vergewaltigt, und brüllt mich gleich, ja tatsächlich, folgendermaßen an: ›Hören Sie, Sie jüdischer Schlaumeier …‹ ›Jüdischer Schlaumeier?‹, wiederhole ich, worauf er sagt: ›Genau das habe ich gesagt, Sie jüdischer Schlaumeier.‹ Dann folgt so etwas wie, wenn ich wieder mit Madeleine Keneally oder Joe Keneally Kontakt aufnähme, würde er mir die Hoden abreißen und sie im Zoo des Central Park an die Eisbären verfüttern. Ich meine, ist dieser Kerl Freudianer oder was, Walter? Dann erklärte er mir, dass er den Fall Marlund an Keegan übergebe, der ›jedenfalls genau weiß, wann er einen Selbstmordfall ab
zuschließen hat, wenn ihm einer in die Finger kommt.‹ Darauf sage ich: ›Na schön, Keegan weiß mit Sicherheit, wann Feierabend ist, das stimmt schon.‹ Was ich also damit sagen will, Walter, ist, dass es noch nicht zu spät ist.«
»Die Arbeit zu beenden?«, fragte Walter.
»Noch nicht zu spät für Sie, an Bord zu kommen«, erwiderte Zaif. »Ich muss Ihnen leider sagen, dass die Keneally-Brüder sehr böse auf Sie sind.«
»Weshalb?«
»Ich habe Joe erzählt, dass Sie ihn fertigmachen wollen«, sagte Zaif. »Nun, nicht ihm persönlich, sondern Jimmy, weil Joe meinen Anruf nicht entgegengenommen hat. Ich sagte nur so etwas wie: ›Sagen Sie dem Senator, dass Walt Withers nicht gut auf ihn zu sprechen ist und mir heute Abend die Tonbänder und alles andere übergeben wird.‹«
»Aber das stimmt doch nicht.«
»Es könnte aber stimmen, Walter«, gab Zaif zurück. »Es wäre besser, wenn es so käme. Weil Keneally sich jetzt auf Sie einschießen wird und Sie sich nur noch in meine liebevollen Arme flüchten können und sonst keine Zuflucht haben. Wer hat sie getötet, Withers? War es Keneally? War es seine Frau?«
»Wenn
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