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Manhattan

Manhattan

Titel: Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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gleich wieder gehen.«
    »Mit dem Aktenkoffer?«
    Walter sagte: »Ich habe nicht vor, meine Arbeit in einem Restaurant liegen zu lassen.«
    »Sie hatten ihn nicht bei sich, als Sie das Büro verließen.«
    »An Ihnen kann man wirklich kaum etwas vorbeischmuggeln, Detective Sergeant Zaif.«
    »Ich bin ein Freund«, entgegnete Zaif. »Und ich hatte recht, nicht wahr? Die Hühner laufen alle herum, Walter, und jetzt bleibt nur die Frage, welches Huhn als erstes singt.«
    »Ich glaube nicht, dass Hühner wirklich singen«, erwiderte Walter.
    »Sie wissen schon, etwas in der Richtung«, fuhr Zaif fort. »Da draußen stehen Typen, Walter, die das eindeutig neandertalerhafte Aussehen von Keneally-Angestellten haben.«
    Sowie einige Cromagnons vom FBI und vermutlich auch ein paar Exemplare des Homo sapiens, dachte Walter, aber du scheinst sie verpasst zu haben, Sam. Sie werden dich aber nicht verfehlen. Madsen und Stone werden dich in der Sekunde schnappen, in der du hier aus der Tür trittst, und dich mit Handschellen in irgendeinem netten Wagen unterbringen, und du wirst nie erfahren, was für ein Glück du gehabt hast.
    »Geben Sie mir den Aktenkoffer«, sagte Zaif.
    »Sam«, sagte Walter, als er mit einer Geste um die Rechnung bat, »was Sie wollen, befindet sich nicht in der Aktentasche, denn die ist nur ein Köder. Was Sie wollen, steckt in einem Umschlag in meiner Manteltasche. Nehmen Sie ihn und gehen Sie. Ich wiederum werde diese Parade um Manhattan herum anführen, bis ich annehmen kann, dass Sie die Ware sicher verstaut haben. Rufen Sie mich an, wenn Sie mir ein gutes Angebot machen können, aber sorgen Sie dafür, dass es auch wirklich gut wird.«
    »Sie haben die richtige Wahl getroffen, Walter.«
    »Besten Dank«, erwiderte Walter. »Und jetzt marschieren Sie bitte los, Sam.«
    Walter sah nicht hin, als Zaif über den Tisch langte und den Umschlag an sich nahm. Walter beobachtete vielmehr Madsen und Stone, als die zusahen, wie Zaif den Umschlag nahm.
    Zaif steckte ihn in seine Manteltasche, stand auf und ging zur Tür.
    Walter aß das letzte Stück Steak und eine Gabel Kartoffeln, ließ Bargeld für die Rechnung und das Trinkgeld auf dem Tisch, zog Mantel und Hut an, nahm den Aktenkoffer und ging in die unangenehme Kälte hinaus. Innerlich gewärmt durch die vorzügliche Mahlzeit. Ganz zu schweigen von dem Anblick, als Agent Madsen Zaif eine Pistole an die Brust hielt und ihm den Umschlag abnahm.
    Detective Sergeant Sam Zaif wird also den Rest der Nacht in Bundesgewahrsam verbringen, dachte Walter, und wenn Madsen aufgeht, was in dem Umschlag steckt, nun, dann …
    Walter schlenderte die Straße entlang und ignorierte Stone, der sich mit einem halben Straßenblock Abstand hinter ihm auffällig in Marsch setzte. Er ignorierte auch die Limousine, die in dem Moment anfuhr, in dem er das Restaurant verließ, und jetzt schräg hinter ihm her fuhr.
    Er wusste, dass der Anblick des Aktenkoffers seinen Verfolgern Adrenalinstöße durchs Blut jagen, aber auch Frustration wecken würde, weil sie zweifellos nicht nur ihn entdeckt hatten, sondern auch einander. Und dass sie alle überlegten und vielleicht auch diskutierten, was sie tun sollten und wann. Wenigstens bleibt mir der Trost, dachte Walter, genau zu wissen, was ich zu tun habe und wann. Nämlich einen Drink bei P. J. Clarke's zu nehmen. Wann? In dem Augenblick, in dem ich dort ankomme. Ich werde dort ankommen, weil weder
die FBI -Leute, Keneally noch diese andere Gruppe von Verfolgern – Himmel, wer kann das nur sein – den Wunsch haben wird, in diesem Augenblick einzugreifen. Was mir gut in den Kram passt, denn ich möchte bei P. J. wirklich nur einen Drink nehmen.
    Also schlenderte er die Third Avenue hinauf und pfiff dabei: »My Name is McNamara, I'm the Leader of the Band.« Sein Atem war in der eisigen Nachtluft deutlich zu sehen.
    Wie üblich war das P. J. randvoll mit ernsthaften Trinkern, darunter Schriftsteller, Berufs-Iren und Ehemänner, die Überstunden gemacht hatten und einen späteren Zug nach Hause nahmen. Und fröhlich ging es auch zu, denn weder lästige Verleger, Erins Sorgen noch potenziell wütende Frauen konnten die whiskeybeschwingte Lebhaftigkeit dämpfen, die in diesem männlichsten aller Wasserlöcher herrschte. So wie man ins The Palm ging, um zu essen, ging man ins P. J., um zu trinken. Um zu trinken und zu reden – nicht zu plaudern, sondern zu reden, nämlich über philisterhafte Lektoren und britische Scheißkerle,

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