Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Manhattan

Manhattan

Titel: Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
Vom Netzwerk:
Zweitens war es rappelvoll mit Zeitungsreportern, was Keneallys Jungs, die FBI -Agenten, Detective Sergeant Zaif und wer immer da draußen herumlungerte davon abhalten konnte, etwas besonders Dämliches zu versuchen, während Walter sich bemühte, seine Mahlzeit zu genießen. Und schließlich war da das Essen selbst, köstlich einfach und einfach köstlich, wie Walter dachte, obwohl nur die wenigen anwesenden Werbefritzen die feine adverbiale Symmetrie zu schätzen wissen würden.
    Aber mir macht das Ganze Spaß, dachte Walter, als der Oberkellner zu ihm kam, und an einem Abend wie dem heutigen ist das nicht unwichtig.
    »Es ist gerade ein Einzeltisch frei geworden«, sagte der Kellner und ließ Walter damit wissen, dass er zur besten Zeit nur an diesem Tisch sitzen durfte und nicht an einem größeren, der mehr Geld ins Lokal bringen konnte.
    Und das ist nur fair, dachte Walter. Und genau, wie es sein sollte, und so wartete er geduldig, bis Paulie Martino von die
sem Einzeltisch aufstand, die letzten Tropfen seines Grappa leerte, sich den Mund abwischte und hinausging, ohne auch nur einen Blick in Walters Richtung zu werfen.
    Das muss man den Jungs vom Mob lassen, dachte Walter. Sie mögen bösartige Soziopathen sein, Parasiten, Abschaum ohne eine Spur von Stil oder Geschmack, aber sie vermurksen einen Auftrag selten oder nie. Nein, die Jungs vom Mob taten genau das, was sie angekündigt hatten, effizient und ohne überflüssiges Tamtam. Aus diesem Grund ist es ihnen wohl auch gelungen, dachte Walter, die Iren aus der Unterwelt zu verdrängen und sie bei Polizei und Justiz zu Juniorpartnern zu machen.
    Walter machte sich auch keine Sorgen, Madsen oder Stone, die jetzt zweifellos auf der Straße standen und zitterten, könnten Paulie als Mafioso erkennen. Die FBI -Leute sahen Mobster einfach nicht, waren der Mafia gegenüber sozusagen grundsätzlich blind und zogen es im Allgemeinen vor, sich auf Kleinganoven mit Comic-Spitznamen wie »Machine Gun« und »Pretty Boy« zu konzentrieren. In den goldenen Tagen der großen Banküberfälle hatte Hoover seine Sturm-und-Drang-Zeit erlebt, und während er hinter Capone herjagte, hatte er Luciano und Lansky gleichzeitig Avancen gemacht. Um diese Zeit wurden Bestechungen üblich, und die »G-Men« – wenn wir schon bei Spitznamen aus Comics sind – hatten wenig zu tun, bis Mickey Spillane sie auf die kommunistische Bedrohung aufmerksam machte und Hoover seine Nummer als großer Superman abzuziehen begann, und überall rote Spione witterte.
    Ein tüchtiger Hilfskellner – er sah aus wie fünfzig und hatte offensichtlich eine steile Karriere als Hilfskellner hinter sich – trug Paulies schmutziges Geschirr ab, legte ein sauberes kariertes Tischtuch auf sowie sauberes Geschirr, und das inner
halb von Sekunden, wie es schien. Walter quetschte sich hinter dem Tisch auf die Bank an der Wand und spürte die Aktentasche zu seinen Füßen. Ein brauner Aktenkoffer aus Leder direkt neben der Bank, genau dort, wo er stehen sollte. Das musste man diesen Jungs vom Mob lassen, es lief immer alles wie vereinbart.
    Der Kellner kam ohne Block oder Kugelschreiber an den Tisch und hörte sich Walters Bestellung einfach an: ein New-York-Steak, blutig, Bratkartoffeln, grüne Bohnen und ein Glas Rotwein.
    Das Steak war natürlich köstlich – dampfend, saftig und duftend, und die Bratkartoffeln waren eine Spezialität des Palm, mit viel Paprika und Stücken von grünen und roten Peperoni. Walter hatte eigentlich nichts trinken wollen, doch es gefiel ihm einfach, Wein aus einem Saftglas zu trinken, so dass er trotzdem einen bestellte. Er genoss das Essen so sehr, dass er nur leicht verärgert war, als er Sam Zaif mit rotem Gesicht an seinem Tisch stehen und sich die unbehandschuhten Hände reiben sah.
    »Juden fühlen sich in der Kälte nicht wohl«, sagte Zaif.
    »Na ja, Sie sind ein Wüstenvolk«, erwiderte Walter. »Man sollte allerdings meinen, dass Sie nach all den Jahren des Herumwanderns in der Diaspora, in so tropischen Klimazonen wie Polen und Russland …«
    »Wir haben uns kaum mit diesen Völkern gekreuzt.«
    »Das erklärt natürlich alles.«
    »Ich habe dem Oberkellner gesagt, ich sei ein Freund von Ihnen«, sagte Zaif.
    »Eine nur leichte Übertreibung«, gab Walter zurück, »und ich wünschte, ich könnte Sie bitten, sich zu mir zu setzen, doch wie Sie sehen können, ist hier nur Platz für einen.«
    »Ich könnte mich noch auf die Bank quetschen.«
    »Ich will sowieso

Weitere Kostenlose Bücher