Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Manhattan

Manhattan

Titel: Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
Vom Netzwerk:
oder mich? Mehr als mich?
    Er goss sich den zweiten Whiskey ein.
    Tarnung. Michael Howard war zweifellos der Meinung, seine Tarnung sei sicher, doch dafür war er wiederum kein Schläfer. Ganz im Gegenteil, sein entscheidender Makel war, dass er in seinem Job zu gut war, sogar zur Beförderung anstand, und damit hatte er Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Es wäre besser für ihn gewesen, Mittelmaß zu bleiben und sich irgendwo inmitten der Herde ein hübsches, sicheres Plätzchen zu suchen und dort zu bleiben.
    Nun ja. Seine Hybris ist sein Problem.
    Und damit war wieder ein Whiskey weg.
    Doch dafür war Sean McGuire da.
    Der Schriftsteller hängte seine Marinejacke an den Kleiderständer und setzte sich auf den Hocker neben Walter. Er trug ein aufgeknöpftes kariertes Wollhemd über einem weißen T-Shirt. Sein Haar war glatt zurückgekämmt, und sein Gesicht wirkte aufgedunsen. Nicht von den Prügeln, die er bezogen hatte, wie Walter notierte, sondern vom Trinken.
    »Was dagegen?«, fragte er Walter.
    »Bin froh, Gesellschaft zu haben.«
    Der Barkeeper stellte ein weiteres Glas hin, und Walter goss Sean einen Drink ein.
    »Dylan Thomas ist in dieser Kneipe gestorben«, brummte Sean.
    »Daran dachte ich auch gerade«, erwiderte Walter. »Obwohl er in Wahrheit draußen auf der Straße starb. Wieso, haben Sie ähnliche Ambitionen?«
    »Es könnte mir schlimmer ergehen.«
    »Das könnte es tatsächlich.«
    »Baltimore hat einen teuflisch guten Sturm.«
    »Ja, das haben sie.«
    »Johnny Unitas.«
    »Lenny Moore.«
    »Ich stehe auf Lenny Moore«, sagte Sean. »Er rennt wie ein Wiesel. Er rennt so, wie Bird die Kanne geblasen hat.«
    Walter hob sein Glas. »Auf Charlie Parker.«
    »Auf Charlie Parker.«
    »Auf Lenny Moore.«
    »Auf Lenny Moore.«
    »Auf Dylan Thomas.«
    »Auf Thomas.«
    Walter füllte ihre Gläser neu.
    »Auf F. Scott Fitzgerald«, sagte er.
    »O Mann«, sagte Sean. »Auf Fitzgerald.«
    »Wissen Sie, was ich immer gern sage?«, fragte Sean einige Augenblicke später. »Ich sage gern ›Jim Katcavage‹. Mann, das ist ein Name für einen Verteidiger. ›Katcavage‹.«
    »Weil es sich auf ›savage‹ reimt«, sagte Walter.
    »Glauben Sie?«
    »Aber sicher.«
    »Ich könnte wetten, Sie haben recht«, sagte Sean. »Das wird ein teuflisches Spiel werden, Mann.«
    »Fahren Sie hin?«
    »Natürlich sehe ich mir das an.«
    »Nun, dann passen Sie schön auf sich auf«, sagte Walter. »Die Keneallys werden auch dort sein.«
    »Ach ja?«
    »Ja. Ich gehe mit ihnen hin.«
    McGuire starrte eine Minute lang in sein Glas und fragte dann: »Warum sollte ich mich vor den Keneallys in acht nehmen, Walter?«
    »Ich glaube nicht, dass Sie deren Favorit sind.«
    »Haben Sie die Wette untergebracht?«
    »Noch nicht.«
    »Weshalb warten Sie?«
    »Ich warte auf den letzten möglichen Augenblick«, gab Walter zurück. »Man sollte immer erst im allerletzten Augenblick wetten.«
    »Das ist meine letzte Wette«, sagte McGuire.
    »Berühmte letzte Worte.«
    »Behan ist in der Stadt«, sagte McGuire. »Ich habe ihn gestern Abend auf der Third Avenue gesehen. Betrunken wie ein Seemann. Hat in den Rinnstein gekotzt und fiel dann auf dem Bürgersteig in Ohnmacht. Wieder so ein keltischer Schriftsteller, der sich zu Tode trinkt.«
    »Wahrscheinlich bringt es gewisse Verpflichtungen mit sich, ein keltischer Schriftsteller zu sein.«
    »Auf Brendan Behan.«
    »Auf Brendan Behan.«
    »Auf Jim Katcavage.«
    »Auf Katcavage.«
    »Auf die gesamte Abwehr der Giants«, prostete Sean.
    »Auf die gesamte Abwehr der Giants«, wiederholte Walter.
    »Auf Charlie Conerly«, sagte Sean. »Haben Sie gewusst, dass er der Marlboro-Mann ist?«
    »Nein, habe ich nicht.«
    »Es ist aber wahr«, fuhr Sean fort. »Charlie Conerly, Quarterback der angebeteten New Yorker Football-Giants, war das Musterbild des ursprünglichen Marlboro-Mannes.«
    »Ist das Ihre Art, eine Zigarette zu schnorren?«
    »Ist es nicht, aber …«
    Walter zog seine Zigarettenschachtel aus der Jackentasche, zündete à la Boyer zwei auf einmal an und reichte eine McGuire.
    »Wissen Sie, was ich mit meinem gesamten Vorschuss für Highway gemacht habe?«, fragte Sean.
    »Sie haben alles vertrunken und verspielt.«
    »Ich habe alles vertrunken und verspielt«, sagte McGuire lachend. »Jetzt bin ich pleite, Mann. Total am Ende.«
    »Sie haben einen Bestseller«, wandte Walter ein. »Sie müssen doch Geld machen.«
    McGuire schüttelte den Kopf. »Wissen Sie, wie Verleger zahlen,

Weitere Kostenlose Bücher