Manhattan
Mann?«
»Nein.«
»Laaaaaaaangsam.«
»Na schön, wenn Sie es nicht haben«, sagte Walter, »können Sie es auch nicht vertrinken und verspielen.«
»So ist es.«
»So ist es.«
»Warum trinken Sie?«, fragte McGuire.
Walter überlegte einige Augenblicke und sagte dann: »Ich habe Probleme mit dem Herzen.«
»Die habe ich auch«, entgegnete Sean.
Walter wollte kein Wort über Madeleine Keneally hören, und so brachte er einen Toast aus, um das Thema zu beenden. »Auf Probleme mit dem Herzen.«
»Auf Probleme mit dem Herzen.«
Sie teilten das männliche Schweigen, das zu Problemen mit
dem Herzen gehört, bis Sean sagte: »Anne Blanchard ist Ihre Freundin, was?«
»Ich bin nicht sicher, ob ich es genau so ausdrücken würde«, erwiderte Walter. »Aber ja. Woher wissen Sie das?«
»Große Stadt, kleine Szene«, entgegnete Sean. »Jedenfalls habe ich sie singen hören. Ich mag ihre Stimme, Mann. Sie ist ein Jazz-Engel. Diese Stimme ist nicht von dieser Welt.«
»Auf Anne Blanchard.«
»Auf Anne Blanchard.«
»Walter?«
»Ja?«
»Sie sollten die Menschen das sein lassen, was sie sind, Mann«, sagte Sean. »Sie müssen die Menschen sein lassen, was sie sind.«
Walter knallte fünf Dollar auf den Bartresen.
»Machen Sie die klein«, sagte er zu Sean.
»Ich sage Ihnen doch nur …«
»Danke.«
»… was ich mir selbst dauernd sage.«
Walter ging hinaus. Der Himmel war das, was Walter sich unter »dünn« vorstellte, von einem zarten Blau, das sich in Sekundenschnelle in Stahl verwandeln konnte. Und kalt war es auch; es war diese schwere, feuchte Kälte, die einen daran erinnerte, dass New York eine Hafenstadt war und dass mit den Ozeandampfern und Frachtern auch die graue Feuchtigkeit in die Stadt kommt.
I'll take Manhattan
The Bronx and Staten Island, too …
Weil der Whiskey ihn wärmte, ließ Walter seinen Mantel offen und legte sich den Schal lose um den Hals. Er setzte sich den Hut in einem, wie er meinte, flotten und verwegenen Winkel auf den Kopf und machte sich auf den Weg.
In den nächsten paar Stunden arbeitete sich Walter Withers durch Dieter Königs Liste der New Yorker Schwulen-Treffs hindurch und verleibte sich in jedem von ihnen mindestens einen Drink ein. Er sagte sich, es sei Teil des Jobs, dass man sich der Umgebung anpasst.
Doch es ging natürlich um Anne. Anne und die Wut auf sie. Anne und Wut, aber warum? War es nur der Betrug – oder der Betrug mit einer Frau? Wäre es besser gewesen, sie hätte ihn mit einem Mann betrogen? Oder schlimmer? Und da war es wieder. Das Schuldgefühl. Das Schuldgefühl, weil er glücklich war, dass es eine Frau war statt eines Mannes.
Aber warum ausgerechnet diese Frau, warum Marta Marlund? Warum, verdammt, verdammt, verdammt noch mal, warum diese Frau?!
Das war die Frage, die ihn bei seiner Tour durch die Bars und Clubs, die Fitnesscenter und türkischen Bäder weitertrinken ließ. Die Frage, die ihn an die Bar gehen und einen Drink bestellen ließ, um dann nach Howard Benson zu fragen und wie gewohnt eine verneinende Antwort zu erhalten. Dann bestellte er sich noch einen Drink, ignorierte die feindseligen Blicke und das misstrauische Starren und saß nur da und trank – manchmal nippte er auch nur, wenn ihm danach war.
Er wusste, dass er sich schlecht benahm – beleidigend –, wollte sich aber danebenbenehmen, wollte unangenehm auffallen, wollte – wenigstens für diesen einen Tag – die subtilen Höflichkeiten seines Berufs und seiner Persönlichkeit über Bord werfen.
Er warf sie tatsächlich über Bord, sogar so sehr, dass er in dem kalten graubraunen Licht des späten Nachmittags einfach durch die Tür schlurfte, die Frage stellte, das stumme Starren der Männer mit einem Grinsen quittierte, sein Bar
geld auf den Tresen legte und den Barkeeper stumm herausforderte, es zu verweigern. Dann setzte er sich, trank und beobachtete, wie die Gäste entweder mürrisch schwiegen oder in der Annahme flüchteten, er sei ein Cop von der Sitte, ein Irrtum, den zu widerlegen er sich nicht die Mühe machte.
Es war ein Verhalten, das, wie er wusste, auf seiner Macht beruhte und ihrer Machtlosigkeit. Ein Verhalten, das nicht anders war als das des schlimmsten Sheriffs im Süden, der die Kraft seines Amts gegenüber Schwarzen in einer Kneipe einsetzte. Es war das Benehmen der Schwarzhemden, das Benehmen von Knobelbechern, ein Verhalten, das Anne verabscheuen und fürchten würde, und darauf kam es schließlich an, nicht wahr?
Der heilige
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