Manipulationstechniken. So wehren Sie sich. (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
Führungskräftetraining gewinnen. Der Geschäftsführer denkt über seine Adressaten nach. Er weiß, dass Widerstand vor allem von den Ärzten kommen wird, die sich weniger als Führungskräfte und Teamleiter sehen denn als Ärzte, die sich hauptsächlich um ihre Patienten zu kümmern haben. Jürgen ist klar, dass der Adressat sehr standesbewusst ist, schon allein aufgrund seiner Ausbildung. Deshalb lädt er einen hochkarätigen Berater einer internationalen Management-Schule ein, um eine Anfangsveranstaltung durchzuführen.
Beispiel 2
Klaus arbeitet in einem multinationalen Pharmaunternehmen. Auf der nächsten Konferenz werden sowohl Franzosen, Japaner als auch Amerikaner anwesend sein. Es ist wichtig, dass er seinen Vorschlag durchbringt, damit sein Team am bestehenden Projekt weiterarbeiten kann. Er bereitet sich gezielt auf die kulturellen Aspekte von Präsentationen vor und bereitet sein Material entsprechend auf. So weiß er zum Beispiel, dass die Japaner sehr viel Wert darauf legen, wirklich alle Informationen zu erhalten – und zwar in sehr detaillierter und schriftlicher Form. Speziell für die Japaner entwirft er also eine gesonderte Informationsmappe.
Erfolgreichen Überzeugern gelingt es, sich in die Weltsicht der Adressaten hineinzudenken. Jay Conger beschreibt in seinem Buch „Winning 'em over“ ein paar nützliche Übungen, die Ihnen helfen werden, eine Adressatenanalyse durchzuführen.
Übung 1: Überzeugungssituation
Stellen wir uns eine überschaubare Überzeugungssituation mit einer begrenzten Teilnehmerzahl vor – zum Beispiel ein Meeting. Fertigen Sie eine Liste mit den Namen aller Personen an, die an der Sitzung teilnehmen werden.
Nehmen Sie sich die erste Person vor: Überlegen Sie genau, welche Rolle (Job) sie im Unternehmen ausfüllt und welche Interessen sie qua Rolle vertreten wird. Stellen Sie sich vor, welche Fragen und Gedanken sie bewegen werden, wenn Sie sie mit Ihrer Argumentation konfrontieren. Listen Sie alle Punkte auf, die ihr wichtig sind und Anknüpfungspunkte für eine Nutzenargumentation sein können. Fertigen Sie eine solche Liste für jede Person an. Überlegen Sie, wo es eine gemeinsame Schnittmenge gibt. Benennen Sie aber auch die Unterschiede, damit Sie differenziert argumentieren können.
Übung 2: Imaginärer Dialog
Stellen Sie zwei Stühle einander gegenüber. Stellen Sie sich vor, Ihr Adressat säße Ihnen gegenüber. Sprechen Sie nun zu dieser imaginären Person und erläutern Sie das positive Ergebnis, den Nutzen, der sich aus Ihrem Vorschlag ergibt. Schreiben Sie diese Nutzenaspekte, während Sie sprechen, auf.
Danach setzen Sie sich auf den anderen Stuhl und nehmen den Platz Ihres imaginären Adressaten ein. Nun sprechen Sie aus seiner Perspektive. Aus seinem Blickwinkel beschreiben Sie die Vorteile und Nachteile, die Ihr Vorschlag für ihn hat. Welcher (persönliche) Vorteil entsteht für ihn? Halten Sie auch diese Aspekte wieder schriftlich fest. Wenn Sie Ihren imaginären Dialog beendet haben, vergleichen Sie die beiden Listen, die Sie angefertigt haben. Sie suchen nach Aspekten, die sich auf der Vorteilsseite überschneiden. Gibt es eine klare gemeinsame Basis, auf der Ihre Argumentation aufgebaut werden kann?
Vielleicht stellen Sie zum Beispiel fest, dass für Sie beide wichtig ist, das Wachstum des Unternehmens überschaubar zu halten, die Kosten unter Kontrolle zuhaben und den Vertrieb weiter auszubauen, um sich neue Märkte zu erschließen. Ihre Argumentation sollte dann um diese Themengebiete kreisen.
Überlegen Sie auch, wie Sie mit den Nachteilen umgehen werden, die Ihnen Ihr imaginärer Adressat genannt hat.
Wie viel Wahrheit muss sein?
Wir möchten an dieser Stelle eine wichtige Frage aufgreifen, die oft mit uns diskutiert wird. Sie lautet: Soll ich meine Argumentation immer nur nach dem Adressaten ausrichten? Immer nur auf die Gründe, die er akzeptieren könnte? Oder ist es nicht auch wichtig, auf Dinge Bezug zu nehmen, die einfach wahr und objektiv richtig sind – egal, was der Adressat glaubt oder was ihm wichtig ist?
In vielen Fällen gibt es natürlich einfach sachlich richtige Begründungen und Argumente, die vom Adressaten möglicherweise nicht auf Anhieb akzeptiert werden. Ich als Überzeuger erkenne sie aber als sachlich richtig und vertrete sie deshalb in meiner Argumentation. Hier erscheint es uns wichtig und richtig, klar, offen und kompetent für den eigenen Standpunkt und die eigene Argumentation einzutreten.
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