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Mann der 1000 Namen

Mann der 1000 Namen

Titel: Mann der 1000 Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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mit dem ersten Morgen um sechs Uhr.
    Jedesmal hatte er einen oder mehrere Hiebe davongetragen oder einen Tritt gegen das Schienbein. Nur eines hatte Steven davor zurückgehalten, es seinem Peiniger mit gleicher Münze heimzuzahlen – sein Selbsterhaltungstrieb. Denn immer standen bewaffnete Wachen nur jeweils wenige Meter entfernt an der anderen Seite der Eisengitter. Und jedesmal, wenn Obdan sich ihn vornahm, hielten die nächsten drei ihre Gewehre bereit.
    Würden sie ihn wirklich erschießen? Steven war schon fast soweit, es darauf ankommen zu lassen. Aber nur fast.
    Während er stillstand, wanderte sein Blick zum Gitter, um festzustellen, ob die Gewehre auch diesmal auf ihn gerichtet waren. Sie waren es und zwar gleich vier.
    Okay, dachte er. Ich sitze ganz schön in der Tinte ...
     
    Alles war mit der gleichen Geschwindigkeit über ihn hereingebrochen, wie das, was nun geschah. Am zweiten Morgen nach seiner Rückkehr mit dem Steven-Körper hatte man ihn zur Biogegenkontrolle beordert, zur Deinformierung, wie sie es nannten.
    Es wurde ihm aufgezwungen. Aber es konnte niemand verlangen, daß es ihm gefiel. Und da er Steven war, hatte er nicht gerade ein Talent, seine Feindseligkeit zu unterdrücken. Und so schaffte er sich einen Feind.
    Steven schien es völlig klar, daß die Biogegenkontroll-Leute nicht wußten, was sie taten. Jenen, die sich mit diesem Experiment beschäftigten, lockerten sich ganz offensichtlich ein paar Schrauben, aber das bemerkte niemand. Ihre Zunge löste sich und sie quatschen fast pausenlos – doch brachten sie es nicht in Zusammenhang mit ihrer Arbeit.
    Er konnte den Neuen – Bronsons hieß er –, der ihn verhören sollte, kaum verstehen. Seine Stimme wurde stetig leiser, und manchmal, wenn es besonders schlimm war, hob er nichtssagend einen Arm und murmelte: »Ich bin so. Es hat nichts zu bedeuten. Ich bin so.«
    Bronsons verlangte einen lückenlosen Bericht dessen, wie er es formulierte: »Was Sie behaupten, das Ihnen auf Mittend und hier zugestoßen ist.«
    Steven ging das Ganze auf die Nerven. Am zweiten Tag, als er noch einmal in allen Einzelheiten das gleiche Wiederkauen mußte, setzte er sich hoch und machte seinen ersten Versuch, selbst ein wenig Auskunft zu erlangen.
    »Nehmen wir einen Augenblick an«, begann er mit einer Stimme, die er ruhig und ohne feindseligen Unterton zu halten suchte, »daß das, was ich auf Mittend geschehen sah, tatsächlich geschah.«
    Bronsons glänzende braune Augen verengten sich. »Es ist nicht meine Aufgabe«, sagte er, und da er bereits wieder begann immer leiser zu werden, war der Rest seines Satzes unverständlich.
    Doch Steven gab nicht nach. »Wenn es so etwas wie Körperverwandlung gibt, weshalb hat dieser Gi-Int sich dann nicht in eines der prähistorischen Ungeheuer verwandelt oder eine völlig fremdartige Form angenommen, wie es bestimmt unzählige auf wenigstens einigen der achtundneunzigtausend Planeten geben muß, mit denen Mutter verbunden ist? In einer solchen Gestalt hätte er mich mit einem einzigen Hieb seines Schwanzes erledigen können.«
    Steven gewann aber trotzdem etwas aus seinen Fragen – aus einem Grund, den er nicht einmal ahnte. Wenn man einen Skeptiker genau den Zweifel vorsetzte, den er sich bisher bemüht hat nicht auszusprechen; wenn dieser Zweifel dann auch noch ausgerechnet von der Person laut wird, die man bis zu diesem Augenblick als Lügner und Schwindler angesehen hat (und das war Bronsons Meinung von Steven), dann führte es zu einem Moment völliger Verwirrung und ganz kurz auch zur Wahrheit.
    Bronsons sagte: »Es ist zweifelhaft, ob mehr als eine vage Erinnerung in den Zellen an des Menschen Abstammung von Meeresurtieren oder Urzeitungeheuern zurückbleibt. Deshalb kann die vorhandene Programmierung solche Wesen nicht kopieren, ein Krokodil dagegen kann vermutlich durch die direkte Wechselwirkung zweier kirliannischen Felder nachgeahmt werden.«
    Bronsons zuckte die Schultern. »Ich kann mir nicht vorstellen, weshalb die gleiche Duplikation nicht auch bei Fremdartigem erreicht zu werden vermag.«
    Es war eine ehrliche Antwort, die durch einen psychologischen Trick herbeigeführt worden war. Sie war teilweise gemurmelt, geflüstert, keuchend ausgestoßen, ja sogar gezischt, aber sie war zumindest zum größten Teil verständlich. Mit ihr verdiente Bronsons sich Stevens erste, zögernde Anerkennung, was ihn wiederum daran erinnerte, daß ein Psychiater nicht selbst normal sein muß, um andere zu heilen.

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