Mann kocht
Schüttelfrost kommen. Auch nicht schön. Außer Kohlendioxidvergiftungen treten gelegentlich auch Kohlen monoxid vergiftungen auf, wenn viele Gasherde gleichzeitig betrieben werden, die Abluftanlage aber nicht oder nicht ausreichend funktioniert.
Arbeiten in heißer Umgebung : In Küchen ist es nun einmal heiß. Im Sommer erst recht. Manche Menschen bekommen davon einen Hitzeausschlag oder sie werden ohnmächtig. Hitzschlag, Hitzeerschöpfung und Hitzekrämpfe können folgen.
Feuer : Natürlich kann es in Küchen leicht brennen. Gas, offene Flammen, heißes Öl, leicht entflammbare Stoffe gibt es dort zuhauf. Außerdem Fonduebrenner, auch Rechauds genannt. Die Dinger können umkippen, beim Befüllen überlaufen, komplett in Brand geraten. Oder es gibt Flammen, die absichtlich erzeugt werden und dann außer Kontrolle geraten, wie beim Flambieren. Ja, es gibt Gaststätten, in denen das noch gemacht wird. Es sind nicht die besten, aber mit dieser Show lassen sich Gäste noch immer blenden. Leider nicht nur Gäste, sondern auch Küchenpersonal. Bei reichlicher Alkoholverwendung (innerlich und äußerlich) kann einem schon mal eine Flamme ins Gesicht schlagen. Anthony Bourdain fand es an einem gewissen Punkt seiner Küchenkarriere ungeheuer komisch, die Küche allabendlich in ein Inferno zu verwandeln.
Verbrennungen entstehen natürlich nicht nur durch Flammen, sondern auch durch heiße Gegenstände. Die von Dampfdrucktöpfen ausgehenden Gefahren werden leicht unterschätzt. Viele Menschen haben Angst davor, weil sie glauben, diese hilfreichen Küchengeräte könnten explodieren. Das können sie zwar nicht, aber gefährlich sind Dampfdrucktöpfe trotzdem. Ich kenne jemanden – und ich werde seinen Namen verschweigen, wie es eine Mumie würde –, der sich bei mir darüber beklagte, dass beim Öffnen immer die ganze Küche unter Dampf stehe und es einen Höllenlärm gebe. Ich konnte das zuerst nicht verstehen, erfuhr aber dann, dass er den Topf bisher öffnete, ohne ihn vorher unter Wasser abzukühlen. Ich atmete ganz tief durch und erklärte ihm das notwendige Vorgehen. Dass er sich bei seiner Methode keine schweren Verbrennungen zugezogen hatte, war ein reines Wunder.
Und was meinen die Arbeitsschützer mit Gefahren durch psychosoziale Faktoren ?
Da geht es um die mentalen Anforderungen der Arbeit, etwa um »Mangel an Kontrolle über die eigene Arbeit« und »fehlende Unterstützung durch Kollegen und Vorgesetzte«. Die Arbeitszeiten im Gastgewerbe
sind eine Katastrophe:
47,5 Prozent der Arbeitnehmer haben mindestens einmal im Monat einen Arbeitstag von zehn Stunden oder mehr.
Die Beschäftigten arbeiten im Durchschnitt 43,4 Stunden in der Woche.
71 Prozent arbeiten abends zwischen 18.00 Uhr und 22.00 Uhr.
45 Prozent arbeiten nachts zwischen 22.00 Uhr und 5.00 Uhr.
83 Prozent arbeiten samstags und 69 Prozent sonntags.
36 Prozent geben an, dass sich ihre Arbeitszeiten schwer mit der Familie oder ihren sozialen Verpflichtungen vereinbaren lassen. 121
Die Zahlen sind nicht ganz neu, nämlich von2002 , an den Arbeitsbedingungen im Gastgewerbe hat sich aber seitdem nicht viel geändert, jedenfalls nicht zum Besseren.
Woran die OSHA nicht einmal gedacht hat: Unfälle durch Stromschläge . Sie denken vielleicht auch, in Profiküchen werde immer mit Gas gekocht. Das stimmt zwar weitgehend, außer den Herden gibt es aber noch Kühl- und Gefriergeräte, Geschirrspüler, Mikrowellen, Küchenmaschinen, Hand- und Stabmixer, Getreidemühlen, Entsafter, Fritteusen, Brotschneidemaschinen, Toaster, Plattengrills, Salamander und jede Menge technischen Geräts, das mit Strom betrieben wird. Kurzschlüsse durch Feuchtigkeit, blanke Kabel durch unbemerktes Dauerscheuern oder Schnitte, angeschmorte Kabel, lockere Steckdosen: alles möglich und auch immer wieder vorkommend.
Was hat das alles mit kochenden Männern zu tun? Es zeigt, dass Küchen extrem gefährliche Arbeitsplätze sind. Starkstrominstallationen und Hochofenabstiche könnten kaum gefährlicher sein. Und wer macht Starkstrominstallationen und Hochofenabstiche? Männer. Jedenfalls die Sorte Männer, die sich das zutraut. Und ich gehöre, wie gesagt, nicht dazu.
In gewerblichen Küchen stehen, was jetzt vielleicht verständlich ist, auch vorwiegend männliche Köche, eine Berufsgruppe, die den Status der Dienerschaft noch längst nicht überwunden hat. Das Damen Conversations Lexikon von 1834 definierte den Koch als »derjenige männliche Diener, dem in großen
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