Mann kocht

giftigen Pilzen in Berührung kommen.
    Wer im 19. Jahrhundert das Damen Conversations Lexikon wälzte, liest heute Frauenzeitschriften. Diese beschäftigen sich ausschließlich mit Themen, mit denen sich angeblich Frauen beschäftigen. Die Zeitschriften kennen Sie, ihren Aufbau auch: Erst kommt jeden Monat, meist in der Kolumne der Herausgeberin, eine allgemeine Aufforderung dazu, sich von den Männern nichts gefallen zu lassen, sich als emanzipierte Frau zu empfinden und aus der überlieferten Rolle auszubrechen. Dann folgt der Hauptteil, in dem erläutert wird, wie die angeblich ganz speziellen weiblichen Fähigkeiten zu nutzen und gewinnbringend einzusetzen sind. Die Zeitschriften bezeichnen ihre Leserinnen grundsätzlich als starke Frauen . Als ganz spezielle starke weibliche Fähigkeiten gelten in diesen Zeitschriften vorwiegend die Methoden, sich selbst durch Kleidung, Haartracht und Kosmetik anzuhübschen, die Wohnung, das Haus, den Garten zu dekorieren, sich mit Hauspsychologie selbst was vorzumachen, das unbekannte Wesen Mann wenn schon nicht zu verstehen, so wenigstens zu dirigieren und zur Not die Sterne zu befragen. Die Sterne sagen dann so Sachen wie »Jungfrau steht für eine freie, unabhängige Weiblichkeit« oder »Waage-Frauen sind ausgeglichen, harmoniebedürftig und diplomatisch«. So was schmeichelt. So was tut gut. So was ist ja so was von peinlich!
    Kaum eine Frauenzeitschrift verzichtet darauf, ihre Leserinnen darüber zu informieren, wie sie Speisen so zubereiten können, dass sie allen schmecken, vorwiegend Männern und Kindern, und nicht dick machen und politisch korrekt hergestellt wurden und preiswert sind. Eine Menge Stoff. Aber ehrlich gesagt, scheint sich seit 1834 nicht viel getan zu haben.

Suppenkasper
    Es ist gar nicht lange her, nämlich 2010, da ließ die Firma Maggi einen Werbespot produzieren, in dem ein Mann, der wohl als »cooler Typ« angesehen werden sollte, gestand,
dass er Suppen liebe. Und genauso sehr liebe er natürlich auch
seinen Neffen Kai, um den er sich jeden Mittwoch zu kümmern habe. Kais Mutter lege Wert darauf, dass ihr Sohn viel Gemüse zu sich nehme. Prompt gehorchte der gute Onkel und kochte seinem Neffen
eine Maggi-Suppe mit Gemüseklößen. Der Rotzbengel hatte die Aufgabe, so zu tun, als ob ihm die Suppe richtig gut schmecke. Zur Strafe wird er wohl im nächsten Til-Schweiger-Film eine ellenlange
Glücklichsein-Schlussszene mitspielen müssen. Die Werbung richtete sich natürlich nicht an Männer, sondern an Frauen, denen der Eindruck vermittelt werden sollte, diese Tütensuppe verleihe ihnen
Macht über Männer. 108 So ausgefuchst sind die Werbefiffis! Außerdem wird für die öde Tütensuppe mit einem
attraktiven Mann ein noch immer ungewohnter Kunde präsentiert, der das altertümliche Produkt in den Zusammenhang eines scheinbar neuen Rollenverhaltens stellt – das es so nur in der
Supp-Kultur dieses Herstellers gibt.
    Die Kulturgeschichte der Suppe haben andere längst geschrieben. 109 Frauen lieben
Gemüsesuppe, dünne Gemüsesuppe und ohne Fleischeinlage, wohlgemerkt. Wie aber steht es um das Verhältnis von Männern zur Suppe? Dass sie sich gerne eine Suppe kochen lassen, um sie genussvoll zu
löffeln, ist bekannt. In größeren Städten gibt es dazu eigene Suppenbars. Da kann man Suppe essen und nichts anderes. Auch das ist ein Geschäftsmodell. Kochen Männer aber auch selbst Suppen? Thies
Völker führte eine »alltagswissenschaftliche Testreihe« in norddeutschen Männerwohnungen durch. Dabei fand er folgende Top Drei der beliebtesten Männersuppen: Knobi-Krabbensuppe, Bohnensuppe,
Currysuppe. 110
    Boullionsiebe, Spitzsiebe, prima Qualität. Weissblech, mit fein gestemmtem Blechboden. Natürlich kochen und essen Männer auch Suppen,
allerdings weniger Bouillon als Bohnenerbsenlinsenspeckundzwiebelsuppe, jedenfalls immer mit viel Speck und viel Zwiebeln.
    Alle diese Suppen werden mit viel Speck und Zwiebeln zubereitet. Nichts Raffiniertes, macht aber satt, ist deftig und der Mann riecht danach sehr intensiv.
Allein diese kleine Testreihe zeigt, dass Suppe mit Gemüseklößchen sicher nicht Männer zur Zielgruppe hat. Als Empfehlungen für »kräftige Suppen, die Männern munden« fand ich dann noch
Käse-Hackfleisch-Lauchsuppe (mit viel Speck und Zwiebeln), Reis-Hackfleischsuppe (mit viel Speck und Zwiebeln) und Kartoffel-Gemüse-Wurstscheibensuppe (mit viel Speck und Zwiebeln). Von vielen
Suppen wird versprochen, dass sie nicht