Mann kocht
Häusern und Wirthschaften die Oberaufsicht über die Zubereitung der Speisen anvertraut ist«. 122 Und bevor das Protestgeschrei losbricht, hier die entsprechende Definition zur Köchin: »Diejenige weibliche Dienerin, welcher in den Häusern des Mittelstandes die Bereitung des Mahles übertragen ist.« 123 Dann aber gibt es doch Unterschiede, die uns Heutigen nicht mehr so gut schmecken: »Sie muss jederzeit verstehen, die sogenannte Hausmannskost schmackhaft zuzurichten, und wird nach dem höhern und niedern Grade ihrer Kenntniß im Küchendepartement gelohnt.« 124
Aufschlussreich für die Kulturunterschiede nicht nur der Zeiten, sondern auch der Länder, ist die Aussage in diesem Lexikon zur Rolle der Frau bei der Speisenzubereitung in »südlichen Ländern«, unter denen in diesem Fall Italien, Spanien, Portugal und das »Morgenland«, also etwa die heutige Türkei, zu verstehen sind: »In den südlichen Ländern nimmt das weibliche Geschlecht wenig Theil an der Besorgung des Tisches, und da dort das Essen überhaupt keine solche bedeutende Angelegenheit ist wie in weniger warmen Gegenden, so kann der Hausherr leicht, wie so oft geschieht, in Ermangelung eines Dieners, das dürftige Mahl bereiten, während seine Dame dem süßen Nichtsthun hingegeben, ruht. Von Köchinnen ist in Italien, Spanien, Portugal und den Morgenländern nie die Rede.« 125 Zitieren Sie das bloß nicht, wenn Sie mit einer Italienerin, einer Spanierin, einer Portugiesin oder eine Frau aus dem Morgenland sprechen. Sie könnte den feinen Unterschied, dass es sich um ein Zitat aus dem frühen 19. Jahrhundert handelt, glatt überhören und daraus Rechte zum »süßen Nichtsthun« ableiten.
Küchengeräte, an die man sich nicht gern erinnert, hier - Der Römertopf
Gut, Sie kommen mit Ihrem Römertopf prima zurecht. Sie bereiten darin Super-Schlemmermenüs mit knusprigem Fleisch und zartem Gemüse, alles in einem Topf und trotzdem individuell seine jeweiligen Aromen entfaltend. Seien Sie froh! Ich schaffe so etwas nicht.
Wenn Sie das, so wie ich, nicht schaffen und wenn Sie nicht einmal wissen, was ein Römertopf ist, hier eine kleine Erklärung: Ein Römertopf, von einem einzelnen Hersteller auch »Schlemmertopf« genannt, ist ein zweiteiliges, unglasiertes Keramikgefäß urwüchsigster Formgebung. Zu den unterschiedlichen Benennungen kam es, weil sich ein Hersteller den Begriff »Römertopf« für sein Produkt gesichert hat.
Eisbüchsen mit Deckel, Weissblech, gerippt. Mit verziertem Boden und gelochtem Fuss und mit glattem, abnehmbarem Boden. Kein Mensch dürfte sich noch daran erinnern, dass Eis noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein in solchen Eisbüchsen transportiert werden musste. Wohl aber dürften auch Sie sich daran erinnern, dass Sie einmal
einen Römertopf geschenkt bekamen. Bloß: Wo ist das Ding eigentlich abgeblieben?
In den Siebzigerjahren waren solche Töpfe in Deutschland beliebte Geschenke. In den Siebzigerjahren, wohlgemerkt. Heute sind sie vereinzelt noch in Junggesellenhaushalten zu finden, verstaubt, unbenutzt, ganz hinten im Schrank.
Der Hersteller des »Schlemmer«-Tontopfs erklärt gleichwohl bis auf den heutigen Tag seine angeblich andauernde und sogar wachsende Beliebtheit, deren Grund vor allem in der Beliebtheit deftiger Gerichte im Kontrast zu feinen Speisen zu sehen sei: »Kenner des Marktes für ausgefallene kulinarische Spezialitäten wissen, dass die klassischen Delikatessen Hummer, Kaviar und Gänseleberpasteten nach wie vor ihre treuen Liebhaber zu verwöhnen verstehen [wie kluge liebreizende Damen].« Die Ergänzung mit den Damen taucht nur in der Originalschrift von 1964 bis 1973 auf. Bei der im Internet verfügbaren aktuellen Version wird diese Erläuterung nicht mehr gegeben. 129 Bei weitgehender Wortgleichheit sind auch andere Änderungen des Kochverhaltens nach 40 Jahren leicht aktualisiert worden. So ist statt von Kalbshaxen jetzt von Kalbssteaks die Rede.
So ganz auf der Höhe der Zeit wird das Kochgerät aber dennoch nicht präsentiert, wenn der Originaltext in folgender Passage über den Kundenkreis, der »die einfachen, die ursprünglichen, die bäuerlichen Genüsse« suche, unverändert beibehalten wird: »Frisches Bier vom Fass, eisgekühlter klarer Schnaps, westfälischer Knochenschinken, majorangewürzte Blut- und Leberwürste sind die gefeierten Günstlinge der Stunde, die noch keineswegs ihren Höhepunkt erreichten.« Na ja, seit 1964 hatten diese Deftigkeiten immerhin eine Menge
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