Mann meiner Sehnsucht (German Edition)
Kutschbank zu stellen. “Sie wird auch in einigen Minuten noch da sein.”
Erst dachte er, Hope hätte ihn gar nicht gehört, aber dann setzte sie sich doch wieder, nur um sich angestrengt beinahe den Hals zu verrenken. Wie Hope schon vermutet hatte, hatten sie in der Tat einmal kehrtmachen müssen, als sie auf einen Erdrutsch trafen, der wohl schon vor einigen Jahren den Weg zur Mine versperrt hatte. Unentmutigt hatte Hope sie auf einen anderen Weg gelenkt, der sie, wenn auch erst am übernächsten Tag, tatsächlich an ihr Ziel geführt hatte.
Gabriel erkannte eine Blockhütte, die, obwohl anscheinend recht solide gebaut, schon sehr viel bessere Zeiten gesehen hatte. Es gab sicher einiges zu reparieren, ehe sie sich daran machen konnten, nach der Mine zu suchen, oder besser nach dem richtigen der weit verzweigten Stollen, in dem Hopes Worten zufolge ihr Großvater zuletzt Gold gefunden hatte.
Noch ehe er die Mulis ganz gezügelt hatte, war Hope schon vom Wagen gesprungen und rannte, dicht gefolgt von ihrer schwarzweißen “Motte” auf die Hütte zu.
“Seien Sie vorsichtig!”, rief Gabriel ihr nach, aber seine Worte verhallten ungehört. Er stellte die Bremse fest und sah sich prüfend um. Die Hütte war an und teilweise in einen Berghang gebaut. Das Dach war begrünt, und wer im Vorbeireiten nicht so genau hinsah, konnte sie durchaus übersehen. Oberhalb der Hütte gab es auf natürlichen Felsterrassen mehrere saftig grüne Wiesen, ehe das Gelände steil anstieg. Weit oberhalb der kleinen Behausung ragten die Felsen majestätisch und schroff in den Himmel.
Das donnernde Tosen, das die Luft erfüllte, deutete auf einen Wasserfall hin, der sich ganz in der Nähe in die Tiefe stürzte. Wahrscheinlich wurde auch er vom Schmelzwasser gespeist und würde im Laufe des Sommers mehr und mehr versiegen. Da Hopes Großvater aber immer hier gelebt hatte, musste es also auch irgendwo eine Quelle geben, die das ganze Jahr über Wasser führte.
Der Eingang zur Mine, ein dunkler, bedrohlicher Schlund im Fels, befand sich etwa 200 Meter östlich der Hütte. Nah genug, um sie gut zu erreichen, dabei weit genug entfernt, um bei Sprengarbeiten die Hütte nicht zu gefährden. Die Bergwand erhob sich steil und karstig oberhalb der Mine, und ein kleiner Bach führte nahe dem Eingang vorbei. Einzig das Plateau, auf dem die Mine lag, war unbewaldet und Sonnen beschienen, ansonsten hatte sie der Pfad, dem sie die letzten Stunden gefolgt waren, durch dichte, seit zehn Jahren von Menschhand unberührte Wälder geführt. Die Natur hatte aber auch hier bereits damit begonnen, das Gebiet zurückzuerobern, das der Mensch ihr entrissen hatte, aber schon bald, wenn sie die Arbeiten wieder aufgenommen hatten, würde der Boden vor der Mine wieder kahl und staubig sein.
Gabriel stieg langsam ab, dann folgte er Hope, jedoch nicht, ohne zuvor seinen Revolver aus dem Holster genommen zu haben.
Staub umfing ihn wie eine Wolke, als er durch die schief in den ledernen Angeln hängende Tür trat. Hope stand in der Mitte des Raumes, regungslos.
“Stimmt etwas nicht?”, wollte Gabriel wissen. Seine Hände schlossen sich unwillkürlich fester um den Kolben seines Colts, auch wenn er keine unmittelbare Gefahr erkennen konnte.
“Hope?”, fragte er, als sie nicht antwortete.
Überrascht sah er Tränen in ihren Augen glitzern, als sie sich umwandte und die sie verlegen versuchte, fortzuwischen.
“Es ist nichts”, versicherte sie ihm. “Es ist nur… die Hütte erschien mir um so vieles größer!”
Gabriel schmunzelte und holsterte seinen Revolver, ehe er weiter ins Innere der fast dunklen Hütte vordrang. Zwar gab es sogar zwei Fenster, fast schon ein Luxus, aber die waren mit Fensterläden fest verrammelt. Die Wände waren aus ganzen, geschälten Baumstämmen gefertigt, die Ritzen sorgsam mit Lehm verstrichen. Kein Lichtstrahl drang durch sie ins Innere wie Gabriel wohlwollend feststellte, sicheres Zeichen, dass die Wände dicht waren. Der Boden bestand nicht nur aus festgetretenem Lehm, wie Gabriel erwartet hatte, sondern aus grob gehobelten Holzbohlen. Offensichtlich hatte Hopes Großvater sich große Mühe mit seiner Behausung gegeben. Nach all den Jahren jedoch hingen Spinnweben dick und staubig grau von der Decke herab. Sie überzogen auch die Wände, sodass sie fast wie schmutzige Seidentapeten anmuteten und zierten zudem jede nur erdenkliche Ecke, jeden Vorsprung. Vom Holz abgefallene Späne und Sägemehl hatten sich in den Netzen
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