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Mann mit Anhang

Mann mit Anhang

Titel: Mann mit Anhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gitta von Cetto
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schließlich eine Hochzeitsreise machen, wenn das junge Paar
ungestört sein soll.«
    Der Tankwart grinste. »Ja, wir
Alten. Wir erleben es nun als Zuschauer.«
    Ronald warf einen bestürzten
Seitenblick in das zerknitterte, graue Gesicht des Tankwarts. Wie alt mochte
der Mann sein? Kaum viel älter als er selbst. Goggi hatte ihn gestern in ihrem
Brautstaat kurz vor dem Weg zum Altar noch einmal heiß umarmt und ihm
zugeflüstert: »Du bist und bleibst für mich trotzdem der wunderbarste Mann auf
Erden.« Er zuckte die Schultern. Was hatte er davon?
    »Luft?« fragte Rudolf.
    Gutting nickte. »Nicht zu viel
hinten, 1,8. Ich habe wenig Gepäck.«
    Er dachte daran, daß er sich ja
nun wirklich entscheiden mußte, wohin er fahren wollte. Nach links führte der
Weg zur Autobahn Salzburg, nach halbrechts zur Autobahn Stuttgart—Frankfurt.
Oder sollte er in Richtung Berlin fahren? »Wo, glauben Sie, daß man in meinem
Alter am wenigsten alt ist, in Frankreich, in Italien, am Rhein oder an der
Spree?« fragte er.
    Der Mann hatte den Manometer an
den Vorderreifen angesetzt. Er richtete sich halb auf und blickte Ronald
freundlich an. »Ich glaube, Sie sollten mal in ein Sanatorium gehen und eine
ordentliche Kur machen, Herr Gutting. Sie arbeiten zu viel.«
    Ronald prüfte sich im
Rückspiegel. Sah er wirklich so hundsmiserabel aus? Sanatoriumsreif? Er nickte
grimmig. »Sie haben recht, Rudolf, wenn ich nicht rechtzeitig etwas tue, habe
ich in fünf Jahren das Zipperlein.« Schließlich war er ein werdender Großvater.
In ein oder zwei oder drei Jahren würde er wahrscheinlich einen rot- oder
schwarzhaarigen Orlano junior auf den Knien wiegen.
    Während er langsam anfuhr,
steckte er sich eine Zigarette an. Wieder mal eine vor dem Frühstück. Goggi
würde sie ihm mit sanfter Gewalt aus der Hand nehmen und selbst zu Ende
rauchen. »Laß das doch, Papa, du wirst mir sonst vor der Zeit alt.«
    Vor der Zeit? »Was meinst du
dazu, Jacky?«
    Jacky hatte zu diesem Punkt
keine eigene Meinung, wenigstens im Augenblick nicht. Er bebte innerlich und
äußerlich, wie immer, wenn er im Wagen fuhr. Die Hoffnung, sein Herr würde bald
über hundert >Sachen< fahren, belebte ihn. Erst bei diesem Tempo machte
das Autofahren Spaß, denn was ein richtiger Foxterrier ist, der hat
Rennfahrerblut in den Adern.
    Gutting war ohne zu überlegen
losgefahren. Vielleicht kehre ich von dieser Fahrt nie mehr zurück, durchfuhr
es ihn plötzlich. Er fand Gefallen an dieser Dramatisierung seiner Reise. Die
Reifen zischten leise auf dem taufeuchten Asphalt. Er fuhr durch den Englischen
Garten und inhalierte den Rauch der Zigarette mit einer Art von dämonischem
Selbstzerstörungstrieb. Da machte man sich halb kaputt für eine Tochter, und
kaum war sie aus den Kinderschuhen heraus, warf sie sich einem Mann an den
Hals, und alles andere, Papa, Hund und gemeinsame Reisen, waren abgemeldet.
Sicher lag sie jetzt noch in süßem Schlummer, während er sich wie ein
verdammter Narr auf die Landstraße begab, mit unbekanntem Ziel. Ein Narr mit
Gemüt, ein wundervoller Narr. Er hatte ihr den Mann ihres Herzens und obendrein
noch ein hübsches Bankkonto zur Hochzeit geschenkt. Unbehagliche Zweifel, ob er
richtig gehandelt hatte, krochen ihn an.
    Es ist entsetzlich, dachte er,
wenn man an seiner eigenen Größe krankt. Gottlob reist man nicht allein,
sondern wenigstens mit einem Hund. Nein, es war nicht irgendein Hund, es war
Jacky. Mit Jacky war man nicht allein. Jacky war ein Reisegefährte, mit dem man
sich äußerst vernünftig unterhalten konnte. Mit einem Seitenblick stellte
Ronald fest, daß Jacky sich unendliche Freuden und Überraschungen von dieser
Reise versprach. Seine Ohren waren wie mit dem Bleistiftspitzer gespitzt, und
der drahtige Bart stand auf >Hühner, Knochen und Katzen<.
    »Wir wollen erst mal ordentlich
frühstücken, ehe wir grundlegende Entscheidungen treffen«, murmelte Ronald. Er
hatte das kleine Espresso erreicht, in dem er resignierend so manche halbe
Stunde verbracht hatte. Hier hatte die eine oder andere kleine Episode mit
einer Frau ihren Anfang und ihr Ende genommen, irgendeine nette, kleine
Belanglosigkeit, die er sich selbst wie Pillen verordnete. Um diese Stunde aber
sah das Espresso mickerig und übellaunig aus. Ronald fuhr vorbei. Er würde im
>Regina< frühstücken. Ein großes Hotel war genau der richtige Ort, an dem
leichtbetagte Herren risikolos ihren Morgenkaffee einnehmen konnten.
    Es begann zu regnen. Gut, warum
sollte die

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