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Mann mit Anhang

Mann mit Anhang

Titel: Mann mit Anhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gitta von Cetto
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Uckermann riß Gutting aus
seinen Gedanken. »Ich bin kein armer Mann«, sagte er fast böse. »Goggi hat es
nicht nötig, auf eine sogenannte gute Partie zu warten. Ich werde diese Ehe
finanzieren.«
    Ronald lächelte. »Ich bin auch
kein armer Mann.«
    »Na, also!« Uckermann schnitt
einen dicken Keil Käse ab und schob ihn mit dem Messer auf Guttings Holzteller.
»Dann können wir ja beide endlich einmal Schluß mit dem veralteten Standpunkt
machen, daß man junge Leute eher grau und alt werden läßt, anstatt ihre Ehe zu
finanzieren. Es werden in viel wackeligere Unternehmen Gelder investiert.«
    »Und wenn Goggi nun nicht
glücklich mit diesem Orlano wird?«
    »Wieso denn nicht glücklich?«
Uckermann sprang auf. Er marschierte bis zu dem roten Ziegelherd hinüber und
kam wieder zurück. »Du glaubst wohl, du allein kannst sie glücklich machen.«
    »Ich weiß, daß ich das nicht
kann, nicht auf die Dauer.«
    Ronald machte eine hilflose
Bewegung mit der Schulter. »Übrigens kommt Jeannette nach München«, sagte er
obenhin. »Aber ich will sie nicht sehen. Ich bin in den Jahren nicht jünger
geworden, ich will meine Ruhe haben und nicht noch einmal mit dem
Herumexperimentieren beginnen.«
    Paul Uckermann rieb sein
fleischiges Kinn. »Du möchtest also auf der faulen Haut liegen, innerlich meine
ich, und phlegmatisch dahinleben, ein ungestörter Herr in den besten Jahren. Du
möchtest Seelenspeck ansetzen und respektvoll gegrüßt werden. Vielleicht
möchtest du Honorar-Konsul von Hariwari sein und in der dritten Person
angeredet werden. >Haben Herr Konsul heute schon die Pillen für Herrn
Konsuls Zipperlein geschluckt?<«
    Eine Weile saßen sie schweigend
da. Durch das offene Fenster torkelten Mücken und Nachtfalter, angezogen von
dem Licht der behaglichen Tiroler Petroleumlampe, die Uckermann mit einer
elektrischen Birne hatte montieren lassen. Wenn er unter dieser Lampe an seinem
klobigen Tisch hockte, mit Messer und Gabel hantierend, sah er wie ein Bauer
aus, der tagsüber seinen Acker gepflügt hat und nun gelassen die künftige Ernte
überschlägt.
    Vor dem Fenster stand die
samtene Nacht, nahm den hinausströmenden Qualm von Uckermanns Pfeife auf und
schickte dafür ihren jasminschweren Atem ins Zimmer.
    Plötzlich sprang Uckermanns
schwarzer Kater Louis XVI. von draußen mit einem lautlosen Satz auf das
Fenstersims. Jacky fuhr wie elektrisiert herum und stand, von Ronald am
Halsband festgehalten, mit bebenden Flanken. Wenn nur sein Herr sich nicht
ständig in seine Privatangelegenheiten einmischen wollte. Er könnte ihn doch
wirklich diesen Burschen zerreißen lassen. Die Sache wäre im Nu erledigt. Der
Kater starrte den Hund mit überlegenem Gleichmut an.
    »Eine herrliche Sommernacht«,
murmelte Gutting und sehnte sich danach, noch einmal jung zu sein. Die Jahre
waren ihm durch die Finger geglitten, ohne daß er es gemerkt hatte. Nur in
Nächten wie heute spürte er, daß das Leben davongelaufen war und vergessen
hatte, ihn mitzureißen. Sollte man ihm nachlaufen? Konnte man es noch einholen?
    Jacky hatte inzwischen
begriffen, daß er Louis XVI. nicht fressen durfte. Er blickte zu Ronald empor:
Darf ich dann wenigstens den schäbigen Rest von der Wurst haben, an der ihr
euch den ganzen Abend gütlich getan habt? Es kann doch wohl kaum eure Absicht
sein, einen kleinen, hilflosen Hund bei einem vollen Tisch verhungern zu
lassen.
    Paul Uckermann, der Bauer, der
die Sprache der Tiere verstand, reichte Jacky stillschweigend den Zipfel der Katenwurst.
     
    Goggi strahlte. Ein wunderbarer
Einfall, den ehrenwerten Berthold Hüsli mit Nicos temperamentvoller Schwester
Francesca zusammenzubringen. Sie blickte zufrieden auf das Paar, das die linke
Ecke der engen Tanzfläche verteidigte. Wenn Francesca sich drehte und der
korallenrote Petticoat weit hinausschwang, sah man ihre schönen Beine. Das
straff nach hinten gekämmte volle Haar hatte den matten Glanz von Ebenholz.
    »Ich glaube, er hat Feuer
gefangen«, sagte Goggi mit einem triumphierenden Lächeln.
    Nico mußte zugeben, daß Herr
Hüsli sehr aus sich herausging. Offenbar war Francesca der Grund dieser
Verwandlung. »Wahrscheinlich imponiert ihr sein großes Auto«, meinte er.
    Nico war nicht frei von
Eifersucht. Goggi sah es ihm an, aber sie sagte nichts. Es war dieselbe Sache
wie mit Papa. Vor ihnen auf dem Tisch lag der Umschlag mit der Fotoserie, die
Nico kürzlich an der Isar geknipst hatte; badende Kinder, Studenten, über ihre
Bücher gebeugt,

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