Mann mit Anhang
energisch in
ein Seitenfach des Koffers. »Ich werde heute noch von Valencia aus ein Flugzeug
nach Madrid erreichen. Und heute abend um 20.05 Uhr fliege ich nach Rio. Morgen
um 16.30 Uhr bin ich dort.«
Tränen des Zorns füllten Goggis
Augen. »Bei dir muß irgend was falsch geschaltet sein. Vielleicht hast du
Malaria?«
»Vielleicht. Aber mach was
dagegen.«
»Es gibt Spritzen.«
Er lachte in sich hinein. Es
war wirklich schön, ein bißchen übergeschnappt zu sein, es gab einem eine so
große Sicherheit und Freiheit des Handelns. »Am besten ist es, man fiebert es
aus. Wo ist übrigens dein Mann?«
»Der fummelt mit Sheilas
Rolleiflex herum und zeigt ihr ein paar Tricks für Farbaufnahmen.« Sie hatte
sich entschlossen, aus der Packung, die Ronald vor sie hingelegt hatte, eine
Zigarette zu nehmen. »Ich sollte ja eigentlich nicht rauchen«, sagte sie düster.
»Warum? Ach so.« Er ging rasch
zu ihr hin, nahm ihren Kopf in seine beiden Hände und küßte ihre Stirn. »Ich
habe es vorhin gar nicht so richtig mitgekriegt. Du siehst blühend aus, Schatz.
Was wird es denn diesmal?«
»Wieder ein Junge. Wir wollen
erst die drei oder vier Söhne erledigen und dann an die Mädchen gehen.«
»Sehr vernünftig.« Ronald
klappte den Koffer zu. »Willst du nicht doch Paul herkommen lassen? Ich glaube,
das wäre eine blendende Idee. Du wärst wegen Nico Zwo beruhigt. Paul wäre
sicher begeistert und könnte wie wild malen. Später würden diese Bilder als
Uckermanns spanische Epoche in die Geschichte eingehen.«
»Papa!« Sie packte ihn
beschwörend beim Arm und versuchte zu retten, was noch zu retten war. »Willst
du mir wenigstens verraten, wie lange du fortbleibst? Und was mit der Post
werden soll? Und mit dem Geld für den Haushalt hier? Und mit deinem Auto?
Vielleicht bist du wenigstens so freundlich und gibst hierüber deine Orders.«
Ronald zog sein Notizbuch
hervor und schrieb etwas auf. »Gottlob gibt es Telefone, Telegramme, Banken und
Reiseschecks. Die finanzielle Seite ist aufs beste geordnet.«
Er riß ein paar Blätter aus dem
Notizbuch; auch die Seite mit dem im Scherz aufgesetzten Telegrammtext an
MacCrowley war dabei. »Nico Zwo wird seine Milch haben und Jacky sein Fleisch.
Ihr werdet euer Geld haben, mein Wagen wird in Valencia in Gottes Namen eine
Garage finden, meinen Betrieb in München werde ich telegraphisch verständigen.«
Damit schob er die Papiere in die Außentasche seines hellgrauen Fresco-Anzuges.
»Sieh mich bitte nicht so waidwund an, Goggi! Meine Anschrift telegraphiere ich
von Rio aus. In Zweifelsfällen erreicht ihr mich über den American Express .«
Damit nahm er seinen Koffer in die Hand, aber er zögerte, bevor er das Zimmer
verließ. »Hier riecht’s brenzelig, findest du nicht?« Er blickte sich um und
bückte sich dann nach der Zigarette, die er vorhin gesucht hatte. Sie war vom
Fenstersims gefallen und hatte ein Loch in seine Strandschuhe gebrannt.
»Schade«, meinte er schulterzuckend und nickte Goggi zu. »Gib Papa einen
Abschiedskuß, Prachtkind.«
Goggi hängte sich an seinen
Hals. Es war, als hätte man ihr den Vater ausgetauscht; es war nicht mehr der
alte, gewohnte Papa. »Diese unglaubliche, widerwärtige Eile! Wir hätten doch
alles in Ruhe besprechen können, wie wir es sonst immer taten. Dir läuft doch
wirklich nichts davon.«
»Läuft nicht, aber fliegt
davon. Die Überseemaschine nämlich, die nur mittwochs und sonntags startet.
Heute ist Mittwoch. Bis Sonntag mag ich nicht warten«, murmelte er und befreite
sich aus Goggis Armen.
Goggi blickte ihm verwirrt
nach, als er, den leichten Mantel über der Schulter, das Zimmer verließ. War
das Papa? Ihr Papa, der mit ihr Mühle gespielt und mit ihr zur Nacht gebetet
hatte, der die letzten zwanzig Jahre damit verbracht hatte, nur für sie da zu
sein und sie zu verwöhnen, der selbstloseste Vater, der närrischste Großpapa?
Da ging er hin und blickte sich nicht einmal mehr tun, ein ganz neuer, ein
höchst befremdender und schwer zu analysierender Vater. »Hat einen Sonnenstich,
und nun hat es Kurzschluß bei ihm gegeben.« Sie war zornig und hilflos
zugleich. Ihre Augen schimmerten grün.
Ronald gab inzwischen Angelika
und Juanita seine Anweisungen, händigte ihnen Zettel, Geldscheine, Schecks,
Anschriften und Vollmachten aus und verabschiedete sich von ihnen mit einer
Miene, die alle Fragen ausschloß. Er rief über eine große Entfernung Nico und
Sheila ein Lebewohl zu, er sah sie wie erstarrt dastehen und
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