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Mann mit Anhang

Mann mit Anhang

Titel: Mann mit Anhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gitta von Cetto
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genoß die Wirkung
seines überstürzten Aufbruchs. Am schwersten war es, Jacky klarzumachen, worum
es sich handelte. Er redete beschwörend auf ihn ein, setzte ihm auseinander,
daß es im Leben eines jeden Menschen einmal eine schicksalhafte Stunde gäbe,
und versprach ihm in die Pfote, ganz bald wieder dazusein. Goggi stand immer
noch bewegungslos in Ronalds Schlafzimmer. Sie hörte den Wagenschlag zuklappen,
Jacky enttäuscht aufheulen und dann das Auto mit hohen Touren davonjagen. Sie
rauchte die Zigarette, die Ronald ihr noch angesteckt hatte.
     
     
     

14
     
    Ronald fuhr ein Rennen mit den
Minuten. Er war noch nie so einig mit seinem Wagen gewesen wie auf dieser
Fahrt, er war auch nie zuvor auf eine so verrückte Reise gegangen und mit einem
so verrückten und verworrenen Glücksgefühl im Herzen.
    Auf der Geraden drückte Ronald
den Gashebel durch und holte gute hundertfünfzig Kilometer aus seinem Motor
heraus. Als er zwischen den Reisfeldern von Sueca dahinraste, erwog er die
Möglichkeit einer Reifenpanne. Er trat in Verhandlungen mit dem heiligen Christophorus.
Wenn schon, dann bitte vorne links. Die Sache würde sich bei dieser
Geschwindigkeit dann ganz rasch erledigen, es wäre ein nahezu reibungsloser,
direkter Flug in die Ewigkeit, weitaus schneller und preiswerter als der Flug
nach Rio.
    Er hätte gern mit Jacky über
diese Fragen gesprochen, aber er fuhr ja heute zum erstenmal ohne Hund.
Komisches, einsames Gefühl, so eine Art Stoßtrupp ohne Kamerad.
    Am frühen Nachmittag erreichte
er Valencia und stellte fest, daß er großartig gefahren war. Es blieb ihm noch
mehr Zeit übrig, als er in seinen kühnsten Berechnungen erwartet hatte. Ronald
war stolz auf sich. Du hast noch Mark in den Knochen, alter Knabe, du brauchst
dich vor keinem Rennen zu fürchten, du wirst es schon machen.
    Bei der ersten vertrauenswürdig
erscheinenden Großgarage hielt er an und ließ sich den Boß kommen. Von jetzt an
wickelten sich seine Geschäfte wie auf einem Fließband ab. Er hatte sich
während des Packens alles genau überlegt.
    Der Boß hatte einen wunderbaren
Namen. Er klang sehr spanisch, sehr historisch und sehr aristokratisch. Ronald
zerbrach sich schier die Zunge daran und ging nach kurzer Überlegung zu dem
höflichen und allgemein verständlichen »Sir« über. Dem Boß, einem großen Mann
mit einem kühnen, schmalen Gesicht, gefiel das außerordentlich; das »Sir«
beflügelte ihn, und er verstand tatsächlich, was Ronalds
englisch-spanisch-deutsches Kauderwelsch bedeuten sollte. Ronald wollte einen
Begleiter, der ihn auf dem schnellsten Weg zum Flugplatz lotste und dann den
Wagen hierher zurückfuhr, wo der Gentleman ihn auf unbestimmte Zeit
einzustellen gedachte. Ferner wollte er, daß man einige Telegramme, die er
vorgeschrieben bei sich trug, für ihn aufgab. Gewiß würde alles bestens
erledigt werden.
    »Eh, Jaime!« Der Boß winkte
einen jungen Burschen heran und setzte ihm auseinander, worum es sich handelte.
»Dieser Herr muß die Maschine nach Madrid erreichen, um jeden Preis. Hörst du?«
    Jaime nickte verständnisvoll,
als sei ihm die Wichtigkeit von Ronalds Mission nicht unbekannt. Er sprach ein
bißchen Deutsch, was Ronald ungemein erleichterte. »Ich werde Möglichstes tun,
Señor.«
    Jaime zeigte ein ungemein
feines Gefühl für Motoren. Er steuerte den ihm unbekannten Wagen durch die
lärmenden Straßen, als hätte er ihn sein Leben lang gefahren. Ronald fiel ein
Stein vom Herzen. Angelika Kurz, Nico Zwo und Jacky waren versorgt, Goggi und
Nico konnten sich selbst helfen, das Telegramm an Sheilas schottischen Anbeter
war aufgegeben. Aber sein Wagen war wehrlos dem guten Willen dieser Spanier
ausgesetzt, denen Ronald ihn überließ. Er merkte plötzlich, wie sehr er an
diesem Wagen hing.
    Auf dem Flugplatz blieb ihm
noch Zeit, einen Espresso zu trinken und sich die Schuhe putzen zu lassen.
Jaime saß neben ihm und ließ sich ebenfalls die Schuhe putzen, obwohl sie ganz
blank waren. Sie sprachen miteinander wie Gleichgestellte.
    »Ein recht hübscher Wagen,
Señor.«
    »Ja. Ich mag ihn auch gern.«
    »Sie wollen heute noch nach Rio
fliegen?«
    »Ja.«
    »Man sagt, es sei die schönste
Stadt der Welt.«
    »Das kann nur jemand gesagt haben,
der Madrid nicht kannte.«
    Jaime lächelte in bescheidenem
Stolz und neigte das Haupt. »Ich bin in Madrid geboren«, sagte er. »Ich werde
auch später wieder nach Madrid zurückkehren. Ich bin nur vorübergehend hier.«
Er tat Valencia mit einer

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