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Mann mit Grill sucht Frau mit Kohle

Mann mit Grill sucht Frau mit Kohle

Titel: Mann mit Grill sucht Frau mit Kohle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milosz Alexandra; Matuschek Kilian
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Gewinnspielen bespaßt. Alles für ein einziges Date mit einer Unbekannten.
    Ich weiß, Mama, dass du mich nicht deshalb neun lange Monate unter deinem Herzen getragen, mich unter Schmerzen geboren und noch größeren Schmerzen aufgezogen hast, damit ich mich nun in einen Hirschen ­verwandele. Aber leider ist es so: Erst als ich zum Arsch mit Hirschgeweih und Riesenpenis wurde, fing überhaupt mal eine Frau an, sich für mich zu interes­sieren. Ich glaube, die inneren Werte kommen jetzt irgendwie besser zur Geltung. Das glaube ich bis 17.30 Uhr.
    Um 17.31 Uhr blinkt eine Mail: »Du, sorry, ich bin heute Abend leider nicht in Berlin. Musst dir leider eine andere Papagena für dein Date suchen!«
    Was denn? Wie denn? Was soll das jetzt? Die zweite Gewinnerin wollte mir die Zauberflöte durchpusten, kommt aber leider aus Hamburg, die dritte Gewinnerin aus Hannover. Der Spruch der Viertplatzierten reichte allenfalls für einen Kurzen in »Willi’s Eck«, denn sie wollte ja eh nur den Wein. Eine Woche habe ich jetzt im Internet Frauen mit Gewinnspielen bespaßt. Für kein Date mit einer Unbekannten. Mamaaa!
    Jetzt hilft nur noch »Plan B«.
Ouvertüre: Der Abendkassen-Aufriss
    19.20 Uhr. Noch zehn Minuten, bis der Vorhang aufgeht. Ich stehe in der Opernlobby vor den Kassen. Vor mir ein Meer aus circa 200 weiß und grau behaarten Köpfen. Oper ist wie Kaffeefahrt mit Kultur. Dazwischen ein verloren wirkender ARD-Nachrichtensprecher mit Frau, der sich durch eine Mauer von zwei fränkischen Schulklassen zur Garderobe vorkämpft.
    Â»Plan B« bedeutet für mich vor allem eines: richtige Altersklasse finden. Das ist gar nicht so einfach, wenn man weder der Verführung Minderjähriger noch der Erbschleicherei bezichtigt werden will. Mein Zielobjekt hat braune Haare, einen Haarkranz auf dem Kopf wie Prinzessin Leia aus Krieg der Sterne und einen Blick wie Bambi, wenn der Wolf schon mitten im Hühnerstall steht. »Hast du auch noch keine Karte?«, frage ich das leicht verloren wirkende Reh. Jetzt guckt sie, als hätte sich der Wolf bereits in ihrem Hals verbissen. Dann lächelt sie dankbar und scheint sich sogar etwas zu freuen, dass ich ihr etwas Gesellschaft leiste. In Loge B taut sie dann auf. Sie kommt aus Münster und studiert Germanistik. Okay, denke ich, eine angehende Deutschlehrerin. Das muss ich heute wohl in Kauf nehmen.
    Wir tauschen Nummern aus, dann heißt es schon: »Pssssst!«
    Zwei Wochen später rufe ich sie an: »Wollen wir bei mir etwas kochen?«
Erster Akt: »Zu Hilfe, die Schlange, sonst bin ich verloren!«
    Meine Erfahrungen mit Germanistikstudentinnen waren bisher äußerst begrenzt. Wie kriegt man die rum? Ich rufe Kumpel Olli an, seines Zeichens Deutschlehrer.
    Â»Ein Haarkranz auf dem Kopf, sagst du? Vielleicht sogar eine Art Dutt? Das bedeutet Mittelstandsmädchen-Alarm!«
    Mist, denke ich. Das verheißt nichts Gutes. Aber danke, Olli. Geflochtene Haare sind also ein modernes Keuschheitssymbol und bedeuten: Ich bin anständig. Meine Eltern wollen das so. Ich werde Lehrerin. Wir kochen ja nur was zusammen. Gut, gut. Noch größer als die Angst des Prinzen aus der Zauberflöte vor der Schlange ist offenbar nur die der Deutschlehrerin vor dem einäugigen Hosenwurm. Verdammt, wie kriege ich diese Frau nur ins Bett? Äh, ich meine natürlich in den Worten Papa­genos: »Oh, so ein sanftes Täubchen wäre Seligkeit für mich.«
    Egal erst mal. In meiner Küche ist Krieg. Es sieht aus wie in einem Splatterfilm à la »Kettensägenmassaker auf der Viehweide Teil 3«. In allen Töpfen brutzelt, brodelt und dampft es. Hier ein Hirschragout in Rotwein, dort der Wildreis, und auf der dritten Platte das Gemüse mit Speckwürfeln. Oh Gott, eine Frau kommt zu Besuch! Ich kippe vor Aufregung die erste Flasche Weißwein allein.
    Dann klingelt es an der Tür. Die Tür öffnet nicht mehr der cool-relaxte Opernhirsch, sondern ein betrunkener russischer Saunameister nach 100 Meter Freistil in einer Fritteuse.
Zweiter Akt: »Sei standhaft, duldsam, verschwiegen«
    Diese Mahnung der drei Engel aus der Zauberflöte klingt mir noch in den Ohren. Standhaft? Das versteht sich ja von selbst. Mein Problem ist inzwischen eher das Gegenteil: Wie verstecke ich meine »Vorfreude« neben den zwei Hasenpfoten? Duldsam? Geduldig war ich ja wohl lange genug.

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