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Mann Ohne Makel

Titel: Mann Ohne Makel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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hierher.«
    »Besitzen Sie noch die Geschäftsunterlagen Ihres Vaters?«
    »Was meinen Sie?«
    »Korrespondenz, Verträge, Bilanzen und so weiter.«
    »Ja, es ist alles da.«
    »Und die aus Ihrer Zeit auch?«
    »Selbstverständlich, sie werden hier im Keller aufbewahrt.«
    »Dürfen wir uns diese Unterlagen einmal anschauen, heute noch?«
    Er zögerte keine Sekunde. »Natürlich. Nehmen Sie sie mit. Ich weiß aber nicht, was Sie da finden wollen. Wenn Sie es wünschen, bitte ich meinen Buchhalter, Ihnen zu helfen. Solche Unterlagen sind ja doch recht kompliziert.«
    »Danke, wir haben für solche Sachen unsere Leute«, sagte Ossi. Er ahnte, es würde nicht leicht sein, Wirtschaftsermittler für diesen Fall loszueisen. Die Kollegen ersoffen in Arbeit. »Darf ich mal telefonieren?«
    Holler stand auf, wies mit der Hand auf das Telefon auf seinem Schreibtisch – »Sie müssen die Null vorwählen« – und verließ das Zimmer. Taut war nach dem zweiten Klingeln am Apparat. Er klang verärgert. Ossi schilderte, dass Holler die Geschäftsunterlagen herausgab. Aber das würde ihnen nicht helfen, wenn sie keinen fänden, der das Material entschlüsseln konnte.
    »Da mach dir mal keine Sorgen«, sagte Taut. »Ich schick dir ein paar Leute mit Umzugskisten. So in eineinhalb Stunden.«
    Ossi legte auf. Gleich darauf erschien Holler. Er schaute Ossi fragend an: »Nun?«
    »In eineinhalb Stunden kommen ein paar Kollegen mit Kisten.«
    »Gut«, sagte Holler. »Was machen wir in dieser Zeit?«
    Er schaute auf die Uhr, ging zum Telefon, drückte eine Taste und sagte bei aufgelegtem Hörer: »Frau Mendel, sagen Sie den Termin 12 Uhr 15 bitte ab. Kümmern Sie sich bitte um einen Ersatztermin. Vielen Dank!«
    »Wegen mir müssen Sie den Termin nicht absagen«, sagte Ossi. Holler winkte ab. »Ist mir ganz recht so. Kommen Sie, wenn es Ihr Diensteid nicht verbietet, lade ich Sie zum Essen ein.«
    Ossi wollte seine Überraschung nicht zeigen. Warum nicht? Lerne ich ihn noch besser kennen, dachte er.
    Sie fuhren in Hollers Jaguar. Ein Wohnzimmer in Holz und Leder. Holler fuhr ruhig und sicher. Er hatte den Wagen im Griff. Sie hielten vor einem kleinen Lokal, es hieß Le Chapeau. Holler ging voraus und öffnete die Tür. Ein in einen schwarzen Anzug gehüllter Kellner hielt Holler die Hand zum Gruß hin. Holler ergriff sie und sagte: »Haben Sie noch einen Platz für uns, Jakob?«
    »Natürlich, Herr Holler«, sagte Jakob. Er führte sie in eine Ecke, die durch eine Wand vom Gästeraum abgeschirmt war. Sie hatten freien Blick auf die Elbe. »Darf ich Ihnen schon etwas zu trinken bringen?«, fragte Jakob Ossi. Ossi bestellte ein Mineralwasser. Jakob verschwand.
    Ossi sagte: »Sie kommen oft hierher.«
    »Ja«, sagte Holler. »Es ist ruhig und gut.«
    Auf der Elbe fuhr ein großer Frachter in Richtung Hafen. Ossi versuchte, den Namen zu entziffern, es gelang ihm nicht. Am Heck eine Flagge, die er nicht kannte.
    »Das ist die Esmeralda«, sagte Holler. »Sie kommt aus Argentinien, bringt Fleisch für Steakhäuser.« Er sagte das mit einem Anflug von Verachtung.
    Jakob erschien mit einem Tablett, darauf eine Flasche Mineralwasser und ein Glas. Jakob trug eine weiße Serviette über dem linken Arm. Er wandte sich an Ossi: »Soll ich Ihnen die Speisekarte bringen?« Es klang so, als wäre es ein Fehler, wenn
    Ossi die Karte verlangte.
    »Was empfehlen Sie, Jakob?«, fragte Holler.
    Jakob nannte Gerichte, nicht viele. Ossi verstand kaum etwas.
    Als er »Huhn« hörte, war seine Entscheidung gefallen.
    Als Vorspeise wählte er eine Tomatensuppe. Holler bestellte sich einen Wein, der Name klang französisch. Ossi blieb bei Mineralwasser.
    »Wie lange sind Sie schon bei der Polizei?«, fragte Holler.
    »Sechzehn oder siebzehn Jahre«, erwiderte Ossi.
    »Ich dachte, so was weiß man als Polizist genau.«
    Ossi kannte Kollegen, die es genau wussten. »Mir ist es eigentlich egal. Am Ende zählen doch nur die Beförderungen.«
    »Und wie sieht es da aus?«
    »Könnte besser sein, aber es ist ja noch nicht vorbei.«
    Sie schwiegen. Ossi schaut auf die Elbe. Er hatte einen Verdacht. Erst spürte er ihn nicht richtig, dann wurde er immer stärker. Warum sülzte der Mann ihn so ein? Was wollte er von ihm? Er würde nicht so freundlich tun, wenn er keine Absichten damit verbände. Da war sich Ossi sicher. Und da war noch etwas anderes. Etwas, das Ossi erst nicht aufgefallen war, aber dann monströs erschien. Der Mann hatte vor ein paar Tagen seine Tochter

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