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Mann Ohne Makel

Titel: Mann Ohne Makel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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Metallschrank. Die Ordner waren sortiert nach Geschäftsjahren. Die Beschriftung war sauber und eindeutig. Erst nach einer Weile merkte Ossi, der Raum war trocken, die Luft frisch. Er schaute sich um und erblickte unter dem Fenster einen Kasten. Er hörte ihn surren. Eine Klimaanlage. Ossi hatte noch keinen Keller mit Klimaanlage gesehen.
    »Warum gibt es hier eine Klimaanlage?«, fragte er Holler.
    Der deutete auf den Metallschrank. »Darin stehen einige Stücke, die gute Luft brauchen, nicht zu viel und nicht zu wenig Feuchtigkeit vor allem.«
    »Bilder?«
    Holler nickte.
    »Können Sie den mal aufmachen?«
    Holler zögerte, dann zog er aus der Jacketttasche einen Schlüssel. Im Schrank lagen drei in Leinen eingepackte Gegenstände, die ihrer Form nach Bilder sein mussten. Holler nahm eines heraus und öffnete die Verpackung. Es war ein Madonnenbild. »Das sagt Ihnen nichts, nicht wahr? Es ist wertvoll, sehr wertvoll. Wollen Sie die beiden anderen auch sehen?«
    Ossi schüttelte den Kopf.
    Die Polizisten hatten Umzugskartons mitgebracht. Darin verstauten sie die Aktenordner. Jeder trug eine Kiste zum Transporter, nur Holler nicht. Als sie die Kisten im Wagen verstaut hatten, verabschiedete sich Ossi von Holler. Auf der Fahrt zum Präsidium ahnte Ossi, sie hatten Zeit verschwendet. Sie würden weiter Zeit verschwenden. Sie würden nichts finden in den Tausenden von Seiten. Hollers Akten waren so sauber wie sein Keller. Wenn nicht sauberer. Es war zum Kotzen.

VI
    Montag.
    Stachelmann saß an seinem Schreibtisch und las das Referat eines Studenten. Es langweilte ihn. Das Referat käute wieder, was Koryphäen der Geschichtswissenschaft herausgefunden hatten. Es klopfte an der Tür, Anne. Sie lächelte ihn an, hatte ihm einen Becher Kaffee mitgebracht. »Zum Aufwachen«, sagte sie. Er hatte keine Lust auf Kaffee und nahm ihn. Er bedankte sich. Anne legte einen dünnen Ordner auf seinen Schreibtisch.
    »Das ist das Konzept meiner Arbeit.«
    »Ich dachte, du suchst noch Quellen.«
    »Ich habe es auf Grundlage der Sekundärliteratur und einiger Quellensammlungen geschrieben. Ist natürlich nur vorläufig. Schaust du mal rein?«
    Er nickte. Er hatte kein Konzept.
    Sie kam auf seine Seite des Schreibtischs. Ihre Hand streifte seine Schulter. Stachelmann spürte die Gänsehaut.
    »Was liest du da?« Stachelmann sah, wie sie erschrak. »Entschuldigung«, sagte sie und ging auf die andere Seite des Tischs. »Entschuldige, manchmal denke ich nicht nach, und dann bin ich furchtbar aufdringlich.«
    »Nein, nein«, sagte Stachelmann. »Es ist in Ordnung. Es ist ein Referat.«
    »Wann fahren wir? Wir haben noch gar nicht darüber gesprochen.«
    »Ich habe mich im Bundesarchiv angemeldet, für den 29. und will vielleicht zehn Tage bleiben. Danach geht’s weiter nach Weimar. Dort komme ich kurzfristig rein, ich kenne den Oberarchivar.«
    »So, so«, sagte sie vergnügt. »Das ist ja wie bei der Mafia. Eine Hand wäscht die andere. Und was tust du dafür?«
    »Nichts«, sagte Stachelmann. »Der Kollege bildet sich wahrscheinlich ein, dass seine Akten bei mir in guten Händen sind. Hat behauptet, er habe mal was von mir gelesen. Seitdem kriege ich hin und wieder einen guten Tipp und erspare mir die Anmeldung.«
    »Na ja, ich werde das ja alles sehen und danach mein Urteil fällen.«
    »Ich bin übrigens gegen die Todesstrafe, besonders in meinem Fall.«
    »Ich auch, außer wenn es um Aktenschieberei geht«, sagte Anne. Sie schwieg einen Augenblick. »Dann wird es ja nichts mit meinem Urlaub. Ich wollte nach Griechenland, gleich Ende des Monats, mitten hinein in den Trubel. Na gut, macht nichts, ist sowieso zu heiß. Ich habe eine Reisekostenrücktrittsversicherung und einen Freund, der Arzt ist.«
    »Ich muss eine Einschränkung machen«, sagte Stachelmann. »Bei Versicherungsbetrug bin ich für Erschießen, standrechtlich natürlich.«
    »Wie grausam!«, sagte Anne. »Was machst du heute Abend? Du könntest mich in den letzten Tagen meines Lebens ein wenig unterhalten.«
    »Heute Abend treffe ich einen Freund, hier um die Ecke, im Tokaja.«
    Sie überlegte einen Moment. Dann fragte sie: »Einen von der Uni? Entschuldige, ich bin manchmal neugierig.«
    Stachelmann war verunsichert. »Nein, er ist bei der Polizei.«
    »Aktenschiebers bester Freund ist Polizist. Wahrscheinlich hast du den auch schon in deine Machenschaften verwickelt.«
    »Noch nicht. Aber es wird schon. Nein, heute Abend geht es nur um Mord.«
    Anne zog die Brauen

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