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Mann Ohne Makel

Titel: Mann Ohne Makel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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Kamm hat die Adressen herausgesucht.«
    »Ja«, sagte Taut. »Wir hatten doch schon so lange keinen Ärger mehr mit dem Präsidenten.«
    Ossi blickte ihn fragend an.
    »Na, was meinst du, was passiert, wenn einer von den Geschäftspartnern Hollers, die du jetzt befragst, sich bei Holler und der sich beim Präsidenten beschwert?«
    »Ich habe nicht gehört, dass uns jemand verboten hätte, die Leute zu befragen.«
    »So schlau ist der Präsident auch. Und wenn wir den Täter in diesem Kreis finden sollten, dann wird der Präsident der Erste sein, der es geahnt hat.« Taut klang bitter.
    »So schlimm ist er nun auch wieder nicht.«
    »Übrigens, nachher kommt die Neue.«
    »Seit wann weißt du das?«
    »Ich hatte es vergessen.«
    Es war nicht das erste Mal, dass Taut seinen Kollegen Informationen vorenthielt. Ossi winkte ab, er würde seinen Chef nicht mehr ändern. Taut grübelte vor sich hin und vergaß manchmal seine Umwelt. Die Zahl seiner Vorzüge war größer als die seiner Schwächen.
    »Kommt vom Kommissarlehrgang«, sagte Taut. »Hat erstklassige Bewertungen.«
    Sie wird Ulrike nicht ersetzen können, dachte Ossi. Er schloss die Tür hinter sich. Nun würde Taut lange am Schreibtisch sitzen, in Akten blättern oder an die Wand starren. Fast konnte man glauben, Wände lösten Rätsel.

IX
    »Ich muss mein Badezeug packen«, sagte Anne. »Hoffentlich kriegt Bohming das nicht spitz. Ich komme mir vor wie in der Schule. Schwänzen!«
    »Der Sagenhafte ist nicht da«, sagte Stachelmann.
    »Jedenfalls steht sein Auto nicht auf dem Parkplatz. Wahrscheinlich ist er der Oberschwänzer.«
    »In einer halben Stunde bin ich wieder hier, und dann geht es los.«
    Stachelmann nahm sich ein Referat vom Stapel. Es stammt von einem der vielen Studenten, die ihre Arbeit nicht im Seminar vorstellen konnten. Zu viele Studenten oder zu wenig Stunden, wie man es sehen wollte. Es handelte vom Röhm-Putsch und käute wieder, was andere schon Dutzende Mal geschrieben hatten. Stachelmann ermahnte sich. Er konnte von Studenten nicht erwarten, dass sie die Geschichte neu schrieben. Er schaffte nicht einmal den ersten Satz seiner Habilitationsschrift.
    Der Röhm-Putsch also, in dem Hitler die SA enthauptete, weil sie im Weg stand, nachdem sie ihm die Straße freigeprügelt hatte. Die Wehrmacht wollte der einzige Waffenträger des Reichs sein, Hitler tat den Generälen den Gefallen und räumte die Konkurrenz weg. Nun gab es keine Hindernisse mehr auf dem Weg in den Krieg. Manche dieser Generäle würden nach der Niederlage behaupten, Hitler habe sie zum Krieg gezwungen. Dabei hatten sie schon zu Weimarer Zeiten die Revanche geplant für das Diktat von Versailles. Das stand nicht im Referat. Stachelmann überlegte, ob er es anmerken sollte. Es wäre zu viel verlangt. Er entschied sich, das Referat mit einer Zwei zu benoten.
    Er blickte aus dem Fenster. Eine Wolkenwand schob sich vor die Sonne. Bald würde es regnen.
    Es klopfte, im selben Moment öffnete Anne die Tür.
    »Das wird wohl nichts mit dem Baden«, sagte sie. »Jedenfalls nicht in der Ostsee.«
    »Dann lass uns wenigstens spazieren gehen«, sagte Stachelmann.
    Das Telefon klingelte. Stachelmann zögerte, dann nahm er den Hörer ab.
    Es war Ossi.
    »Der Präsident ist sauer auf dich, stinksauer.«
    »Na und?«
    »Das heißt, dass du raus bist aus den Ermittlungen.«
    »Ich bin sowieso eine Fehlbesetzung.«
    Anne schaute ihn streng an.
    »Das bestimmt nicht. Aber die einzige vernünftige Spur führt zu den Maklern, die Holler vom Markt gedrängt hat.«
    »Dann kriegst du wieder Ärger«, sagte Stachelmann.
    »Der Präsident wird toben.«
    »Kann sein, aber wenn wir auf diesem Weg den oder die Täter finden, wird er uns lieben.«
    »So ist das mit der Liebe. Man findet sie oder eben nicht. Du bist jedenfalls auf dem besten Weg zum Glück«, sagte Stachelmann.
    Anne grinste.
    »Wie geht’s deiner netten Kollegin?«
    »Ganz gut, glaube ich.«
    »Wir können ja bald wieder mal einen saufen gehen.«
    »Du musst sowieso einen ausgeben, wenn du den Kerl hast.«
    »Dann will ich mich mal beeilen«, sagte Ossi und lachte.
    Sie brauchten eine Stunde bis nach Scharbeutz. Es war nicht viel los auf den Straßen, obwohl die erste Urlauberwelle hereingebrochen war über die Ostseebäder. Viele Autos trugen Nummernschilder von Städten Nordrhein-Westfalens. Es nieselte, eine Brise wehte kalt über den Strand. Die Strandkörbe waren leer. Eine alte Frau mit Regenkappe missachtete die

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