Manner Lieben
schien. Während Yusuf das Ende seiner Militärzeit kaum erwarten konnte, um endlich nach Hause zurückkehren zu dürfen, schien Ahmet sich nach nichts und niemandem zu sehnen. Er stand nun beinahe wieder unbeweglich, wenn man von seinen aufeinander mahlenden Kiefern absah. Irgendetwas hatte ihn beunruhigt, so viel war klar.
Yusuf blickte sich um, ohne selbst etwas zu entdecken. „Was ist los?", erkundigte er schließlich. Ahmet schwieg.
Yusuf konnte jedoch sehen, dass die Kieferknochen des anderen noch deutlicher hervortraten.
„Was ist denn?", fragte er eindringlicher.
Als Ahmet nun sprach, klang seine Stimme wie ein Pistolenschuss in der Stille: „Glaubst du, ich merke nicht, wie du mich ansiehst?"
„Was?", brachte Yusuf erstickt hervor. Die Luft schien plötzlich so dick, dass er nicht mehr atmen konnte.
„Ich habe gestern um eine andere Aufgabe gebeten. Ab morgen bin ich in der Werkstatt", führte Ahmet aus. Yusuf schluckte. Die Flasche in seiner Hand schien ihm tonnenschwer. Er stellte sie zurück in den Schatten — bedächtig, Ahmets Blick meidend. Dann nickte er, immer noch unfähig, ein vernünftiges Wort herauszubringen — nicht einmal eines, das ihn entlasten würde.
Einige Minuten verstrichen in angespanntem Schweigen. Yusuf sah erneut zum Meer, das Blau war durch die Bäume deutlich zu erhaschen — wäre nicht schlecht, wenn er sich nun darin ertränken könnte. Eine andere Alternative lag direkt in seiner Hand — das Maschinengewehr.
Als hätte Ahmet seine Gedanken gelesen, wandte er sich Yusuf zu und verengte seine Augen.
„Mach keinen Scheiß! Ich habe niemandem etwas gesagt. Meinen Wunsch nach Versetzung habe ich anders begründet." Yusuf wusste, dass ihn diese Worte beruhigen sollten, aber die Lunte war längst entzündet und er spürte, dass in seinem Kopf gleich etwas explodieren würde.
Es waren doch nur Blicke gewesen. Nichts weiter. Und Gedanken, die er jedoch für sich behalten hatte. Womit hatte er sich nur verraten? Das hätte nie passieren dürfen. Niemals! Die Panik saß in seinem Nacken und biss sich fest. Das Maschinengewehr war inzwischen nass vom Schweiß seiner Hände. „Yusuf", sagte Ahmet und senkte die Stimme zu einem Flüstern. „Du musst besser aufpassen, damit du dich nicht verrätst. Fang damit an, dich mehr um dich selbst zu kümmern. Du musst wie ein Stein wirken, damit man nicht in dich blicken kann. Ein Stein, hörst du?"
Obwohl er gerade getrunken hatte, war Yusufs Kehle so trocken, dass er nur ein Krächzen zustande brachte. Er wiederholte Ahmets Worte: „Wie ein Stein ... So wie du." „Ja, so wie ich", bestätigte Ahmet, doch zum ersten Mal verlor er seine schützende Strenge, als er in einer hilflosen Geste mit den Schultern zuckte.
„Morgen gehen wir getrennte Wege. Es ist besser so. Für uns beide."
Yusuf nickte wie betäubt; natürlich hatte Ahmet recht.
„Wie kann man damit leben, ein Stein zu sein?", fragte Yusuf schließlich mit erstickter Stimme.
Ahmet regte sich nicht. Er hielt sein Gewehr fest, den Blick auf einen Punkt in der Ferne gerichtet.
„Wie schaffst du das? Hast du keine Wünsche? Hast du keine Sehnsüchte?" Yusuf verfluchte sich selbst für seine eindringlichen Fragen, doch er hatte keine Kraft mehr, sie zurückzuhalten.
Als Ahmet das Maschinengewehr plötzlich losließ und auf ihn zustürmte, zuckte Yusuf vor Schreck zusammen. Nun wurde ihm also doch noch der Schädel eingeschlagen. Er war bereit, dafür zu bezahlen, dass er so war, wie er nun einmal war.
Er hob die Hände nicht, um sich zu schützen. Und dann umfing ihn Ahmet. Beide Arme schlangen sich um Yusufs Körper, Ahmet zog ihn mit sich in den Schatten der Bäume, presste ihn mit dem Rücken an einen der rauen Kiefernstämme und küsste Yusufs Lippen.
Als er sich kurz zurückzog, murmelte Ahmet erregt: „Ich bin kein Stein! Kein Stein ... nur vorsichtig. Aber du bringst uns beide in Gefahr."
Trotz der warnenden Worte suchte er erneut Yusufs Lippen. Ihre Zungen trafen sich zu einem Kuss voller Sehnsucht und drängender Zärtlichkeit. Die Hände im Haar des anderen vergraben, gab sich Yusuf dem wundervollen Gefühl hin. Morgen würden sie getrennte Wege gehen ... aber heute war heute.
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