Mannerfreie Zone
ist Mitte Januar, er muss halb erfroren sein. Rob ist der Ansicht, dass wir da weitermachen sollten, wo wir aufgehört haben, aber ich bin hungrig. Davon abgesehen ist es einfach nicht in Ordnung, Sherman in der Eiseskälte rumlaufen zu lassen, damit wir im Büro unsere unprofessionellen Spielchen treiben können. Das versuche ich auch Rob zu erklären, aber er versteht es nicht.
Rob lädt mich zu einem späten Abendessen ein. Ich habe den Verdacht, dass er das nur tut, weil er durch seine vereitelten Lunch-Anstrengungen noch ganz erregt ist. Ich lehne aus mehreren Gründen ab. Erstens einmal denke ich, dass Roseanne meine Gesellschaft wirklich gebrauchen könnte, außerdem war ich letzte Woche viel zu oft mit ihm aus, ich brauche mal wieder etwas Schlaf. Und wenn ich ablehne, dann behalte ich zumindest einen Rest Kontrolle.
Roseanne und ich leihen uns ein Video aus und schlafen nach einer halben Stunde ein.
Als das Wochenende kommt, gebe ich meine „Kontrolle“ auf und verbringe jede freie Minute mit Rob. Ich ärgere mich ein wenig über mich selbst. Darüber, wie glücklich ich bin. Ich wollte Freitagabend mit den Mädels weggehen und was trinken, aber Tabitha konnte nicht, weil sie mit Joao verabredet war. Und ich muss zugeben, dass mir das ganz recht war, vor allem, weil es Tabithas Schuld war und nicht meine. Allerdings fürchte ich, dass Roseanne das anders gesehen hat.
Roseanne und ich haben in unserer Collegezeit nie einen Jungen zwischen uns gelassen. Wenn ich etwas nicht ausstehen kann, dann ein Mädchen, das nicht erkennt, dass eine gute Freundin viel wichtiger als irgendein Typ ist. Und jetzt fürchte ich, dass ich mich in genau so ein Mädchen verwandle, in eines, das ihren Freund an erste Stelle setzt. Ich hasse das. Und was noch schlimmer ist: Trotz all der Ungezogenheiten, die wir miteinander anstellen und trotz seiner herrlichen Augenbrauen und seiner Art, seine Lippen genau im richtigen Augenblick zu spitzen, bin ich mir nicht sicher, ob Rob King mich überhaupt als seine Freundin betrachtet.
Am Montag vereinbart Isabelle Chambers aus der Personalabteilung ein Gespräch, um mit mir über die Stelle bei
Food and Fun
zu sprechen. Tabitha ist überzeugt davon, dass ich nur wegen Rob so schnell eine Antwort bekommen habe, aber ich versichere ihr, dass ich ihm nichts davon erzählt habe. Sie sagt, er habe schon seine Möglichkeiten, so was herauszufinden.
Tabitha hilft mir bei der Kleiderwahl. Sie sagt, ich solle das Jackie-O-Kostüm tragen und besteht auch darauf, nachdem ich ihr zwölf andere Vorschläge gemacht habe. Roseanne legt Teebeutel auf meine Augen, damit sich abschwellen, und behauptet, ich hätte nicht genug Schlaf bekommen. Das ist etwas an Roseanne, das einem ganz schön auf den Wecker gehen kann. Manchmal, wenn ich ein schlechtes Gewissen habe, wünsche ich mir einfach, dass sie sauer wird, aber das wird sie nicht. Sie sagt nicht, dass ich zu wenig Schlaf bekomme, um mich zu kritisieren. Ich wünschte, ich wäre eine bessere Freundin, schließlich sehen ihre Augen genauso geschwollen aus wie meine, obwohl sie genug Schlaf bekommt. Aber sie will nicht mehr über ihren Job sprechen.
Roseanne stellt mir Millionen von Fragen, um schon mal zu üben. Nachdem sie so viele Bewerbungsgespräche hinter sich hat, ist sie dafür Expertin. Ich soll ihr sagen, was meine Stärken und Schwächen sind. Ich habe Schwierigkeiten mit den Schwächen (können Sie das glauben?). Als Stärke, meint Tabitha, soll ich immer sagen, dass ich es „exzellent mit der Hand besorgen könne“. Dann verschwindet sie, um mit Joao auf ein brasilianisches Konzert zu gehen.
„Jetzt die Frage schlechthin. Die stellt jeder und es ist die lächerlichste überhaupt: Wo sehen Sie sich selbst in fünf Jahren?“
„Da sitze ich auf der Couch und schaue mir sämtliche Nachmittags-Talkshows an.“
„Du solltest nicht zu ehrgeizig wirken, Eve. Komm schon, denk mal drüber nach. Sag etwas, das mit dieser Stelle zu tun hat.“
„Ich will die beste Koordinatorin werden, die jemals bei
Food and Fun
gearbeitet hat. Und ich will herumreisen und Spaß haben und natürlich die Armut der Welt bekämpfen.“
„Hör mal Eve, ich werde mich gleich vor den Fernseher setzen, wenn du das nicht ernst nimmst.“
„Okay, in fünf Jahren würde ich gerne viel reisen. Ich will Spaß an meiner Arbeit haben, was bestimmt der Fall wäre, wenn ich für dieses Magazin arbeiten dürfte. Ideal wäre, eines Tages meine eigene Zeitschrift
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