Mannerfreie Zone
es sich um Gary, einen nervigen Redakteur, ich kann ihm nicht einfach auf den Rücken klopfen und sagen: „Ist ja gut.“
Nach drei wirklich langen Minuten setzt sich Gary auf. Er drückt meine Hand. „Danke, Eve, Sie sind sehr nett. Ich schätze, ich hatte mich in eine Situation manövriert, die ganz bequem für mich war. Eve, wenn ich noch mal von vorne beginnen könnte, würde ich mich einfach aufs Schreiben konzentrieren oder darauf, ernsthaft Radsport zu betreiben. Das sollte Ihnen eine Lektion sein. Sie sind noch so jung. Lassen Sie sich nicht davon abbringen, das zu tun, was Sie tun wollen.“ Dann steht er auf und geht.
Diese Episode und die Art, wie Tabitha in Bezug auf Rob „darüber kann man streiten“ gesagt hat, gehen mir echt an die Nieren, und statt nach Hause zu gehen, fahre ich mit den Fahrstuhl in Robs Etage. Sherman surft gerade im Internet, davon bin ich überzeugt, aber er wechselt ganz schnell auf das Terminplan-Programm.
„Wie geht’s, Sher?“
„Gut. Rob ist nicht da, und ich darf Sie nicht in sein Büro lassen.“
„Hey Sherman, entspannen Sie sich, ich war nur gerade in der Gegend und wollte sehen, ob er da ist.“ Ich werfe einen Blick auf seinen Terminplan. Sherman wird ganz nervös und schaltet wieder aufs Internet um. Er hält seine Hand vor den Bildschirm, damit ich nicht sehe, welche Seiten er besucht.
„Ganz locker, Sher, bald werden Sie auch persönliche Telefonate führen.“
„Niemals.“ Was für ein Depp.
„Okay, können Sie Rob sagen, dass ich da war? Wann ist der denn aus Jacksonville zurückgekommen?“
„Solche Informationen darf ich nicht weitergeben. Tut mir Leid.“
„Nun, danke Sherman. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.“
„Ach so ja, guten Abend.“ Ich laufe langsam aus dem Büro in der Hoffnung, dass Rob jeden Moment aufkreuzen könnte. Ich benehme mich ganz schön erbärmlich.
Ich erwähne den Mädchen gegenüber nichts davon, dass Gary in Tränen ausgebrochen ist und auch nicht, dass ich in Robs Büro war. Ich weiß auch nicht genau warum. Vielleicht hat es Gary verdient, sich doch noch einen Rest von Stolz zu bewahren. Aber warum sage ich nichts von Rob? Ich weiß nicht, vielleicht will ich mir ebenfalls noch einen Rest Stolz bewahren. Wir reden die ganze Zeit über die Veränderungen in unserem Unternehmen. Roseanne langweilt sich, aber dann beginnt sie mit ihrem Vortrag, dass man für sich selbst die Verantwortung übernehmen muss. Sie sagt, dass Tabitha und ich mehr aus unserem Leben machen wollen, doch es endet damit, dass sie eine halbe Stunde lang über ihren eigenen Job jammert. Tabitha verliert das Interesse, und wir alle beginnen, ihre Zigaretten zu rauchen. Ich trete sie unter dem Tisch, als sie mitten in Roseannes Rede aufstehen will.
„Ich hasse es. Jeden Tag sitze ich rum und starre die ganzen Zahlen in meinem Computer an, die immer mehr verschwimmen, bis ich schließlich an etwas völlig anderes denke.“
„Faszinierend“, sagt Tabitha, und ich trete etwas fester zu. „Nein wirklich, das zeigt doch nur, dass jeder in unserem Alter, auch Leute, von denen wir glauben, dass sie zufrieden sind, total unglücklich mit seinem Job ist.“
„Vielleicht sind wir auch die Einzigen und ziehen einander an, damit wir unser Leid miteinander teilen können?“
„Ich weiß nicht, Eve, meine Kollegen nehmen ihr Schicksal einfach hin, weil sie zumindest ordentlich Geld verdienen. Niemand tut sich selbst Leid, aber keiner hat auch nur im geringsten Spaß dabei.“
„Aber jede Menge Sonderzulagen.
NY By Night
ist übrigens ein erfolgreiches Magazin, aber ich habe gehört, dass es ein paar Probleme mit der Werbung gab, und ich glaube, dass das Auswirkungen hat. Ich wette, auch bei uns wird umstrukturiert.“
„Glaubt ihr denn wirklich, dass man Spaß im Job haben muss?“
„Okay, vielleicht ist Spaß nicht ganz das richtige Wort, aber ich glaube, man sollte etwas tun, das einem das Gefühl von Sinn gibt, anstatt nur von neun bis fünf Ärger mit deinen Kollegen zu haben, denen alles egal ist. Es muss doch mehr geben als zufrieden mit dem Gehalt zu sein und sich Gedanken darüber zu machen, was im Fernsehen läuft. Steht denn wirklich irgendjemand hinter dem, was er produziert?“
„Ich produziere nicht einmal was – ich zähle nur Zahlen zusammen. In der Theorie ist das ja ganz witzig, weil ich Mathe immer gemocht habe, aber was hat diese Rechnerei denn letztendlich zu sagen?“
„Viel, wenn du hinter deiner Firma
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