Mannerfreie Zone
starrt auf seine Unterlagen, doch dann blickt er auf und sieht mich an. Er weiß, was hier vor sich geht.
„Natürlich haben wir auch den Erfolg von
Bicycle Boy
unter die Lupe genommen. Es handelt sich definitiv um eine Zeitschrift mit einer riesigen Auflage, einem tollen Design und dem hohen Anspruch, intelligente und auch provozierende Informationen zu liefern. Es ist uns gelungen, das auch den Lesern klar zu machen, und das hat viel mit Herb zu tun, der diese Zeitschrift auf so originelle Art und Weise leitet. Nun haben wir auch damit begonnen, Themen aufzunehmen, die Frauen betreffen. Bei manchen Publikationen sorgt so eine Neuerung dafür, dass die Leser verwirrt sind. In diesem Fall aber hat es unserer Auflage nicht geschadet. Im Gegenteil, wir erreichen nun sogar mehr Leute. Ich weiß, dass einige Mitarbeiter in diesem Zimmer nicht sehr glücklich über diese Veränderungen waren. Es ist nie angenehm, wenn etwas, auf das man stolz ist, sich so verändert. Aber so etwas ist ein Prozess, der sich langsam entwickelt.“ Oh nein, ich rieche Gefahr. Muss ich mir denn jetzt wirklich langweilige Analogien anhören? Ich schaue wieder zu Rob, er ist ganz konzentriert, bis er meinen Blick bemerkt. Schnell schaue ich weg und versuche, ihn zu ignorieren. Warum bin ich so bescheuert?
„Viele Frauen, die uns sowieso schon gelesen haben, sind begeistert, dass wir sie jetzt auch direkt ansprechen. Uns haben diese Veränderungen also überhaupt nicht geschadet. Das ist wirklich ein Sieg.“ Sofort beginnt die Frau neben Jarvis Mitchell zu klatschen (Wer ist sie?). Ihre Begeisterung wird nur noch von Lacey Matthews übertroffen, die vermutlich glaubt, sie alleine sei dafür verantwortlich, dass auch Frauen das Magazin attraktiv finden.
„Ich denke auch, dass es für uns wichtig ist, globaler zu denken. Die internationalen Verkäufe von
Bicycle Boy
sind runtergegangen, das mag daran liegen, dass es dort keinen so talentierten Chefredakteur gibt wie bei uns.“ Jarvis nimmt sich die Zeit, Herb anzuschauen, der das alles auch noch glaubt. Mir wird gleich schlecht, und was auch immer passiert, ich werde Rob nicht mehr ansehen.
„Ich finde unsere Pläne sehr aufregend. Bevor ich darauf eingehe, würde ich Ihnen gerne Mabel vorstellen. Mabel Karavassian, das ist unsere Truppe.“ Ich hasse es, wenn wir als eine riesiges Kollektiv oder eine glückliche Familie betrachtet werden. „Mabel wird uns einige der Veränderungen verdeutlichen.“ Niemand will wirklich immer wieder das Wort „Veränderungen“ hören, ich wünschte, Jarvis würde endlich zur Sache kommen. Ich muss dringend Tabitha anrufen.
„Hallo zusammen“, sagt Mabel und schaut jeden Einzelnen an, bevor sie fortfährt. Sie verzieht ihr Gesicht zu einem Lächeln. „Wir haben eine Menge zu besprechen, bevor der Tag zu Ende geht. Wir haben uns viele Gedanken gemacht, und unser Schwerpunkt liegt darauf, die Abläufe zu zentralisieren. Ich weiß, dass einige dieser Veränderungen zunächst einmal ein wenig …“, sie macht eine lange Pause, als ob sie nicht wüsste, wie sie es ausdrücken soll, „… seltsam scheinen, aber ich kann Ihnen versichern …“, sie schaut noch einmal in die Runde, „… dass es sich um sehr positive Schritte handeln wird.“
„Was wir vorhaben, ist sehr visionär“, übernimmt Jarvis. Es kommt mir so vor, als hätten die beiden gemeinsam ein Rhetorik-Seminar besucht. „Wir wollen eine neue Zeitschrift auf den Markt bringen.“
Jarvis lässt seine Worte einen Moment lang wirken. Die Reaktion der Mitarbeiter erinnert mich an diese Gerichtsfilme, wo die Zuschauer zu zischen beginnen, weil sie mit dem Urteil nicht einverstanden sind.
„Sie haben sicher eine Menge Fragen. Wir hoffen, dass dieses neue Magazin eine Mischung aus den Zeitschriften wird, die wir bereits haben. Wir haben nicht vor, eine der Zeitschriften vom Markt zu nehmen. Wir sind überzeugt davon, dass die Zeitschriften sich genauso gut entwickeln wie die neue. Wir haben beschlossen, sie
Breathe
zu nennen. Wir wollen, dass es essentiell klingt.“ Wovon zum Teufel spricht er? „Wir rechnen mit einer längeren Übergangsphase, aber ich bin mir sicher, dass Sie alle mit dem endgültigen Ergebnis zufrieden sein werden. Gegen Ende des Jahres sollten wir uns alle daran gewöhnt haben.“ Jahresende? Bis dahin sind es noch zehn Monate. Auf gar keinen Fall kann das so lange dauern. Jarvis schaut Mabel an, die ihn anlächelt. „Danke schön Mabel.“
Mabel legt eine Folie
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