Mannerfreie Zone
ich auf und koche uns Kaffee (sehen Sie, wie häuslich ich bin!). Dann renne ich nach unten, um die
Times
zu kaufen. Sein Flug geht um ein Uhr. Wir frühstücken Zeitung lesend in meinem Bett. Ihn interessiert nur der Sportteil, das ist gut, denn so müssen wir uns nicht streiten. Ich will nicht, dass er geht. Irgendwie habe ich befürchtet, ihn nicht mehr so sehr zu mögen, wenn wir aufwachen, aber ich mag ihn noch immer. Wir liegen so lange wie möglich im Bett und küssen uns.
Als es für ihn Zeit wird zu gehen, küsst er mich aufs Haar. „Ich hoffe, dir hat dein Geburtstag gefallen, kleine Eve.“
„Das hat er. Ich bin wirklich froh, dass du gekommen bist.“
„Ich auch.“ Er zieht mich an sich, um mich noch einmal zu küssen, dann steigt er ins Taxi. Er steckt den Kopf durchs Fenster: „Ich rufe dich an.“
„Okay“, antworte ich und winke ihm nach. Das Taxi verschwindet in der Ferne.
Am Montag bei der Arbeit bin ich schrecklich deprimiert. Ich bin vierundzwanzig. Eigentlich sollte ich erwachsen sein. Ich habe keine Lust mehr, mir über alles Gedanken zu machen, ich sollte akzeptieren, dass Leute in meinem Alter nicht wissen, was sie tun wollen. Aber irgendwie habe ich immer das Gefühl, in einer Sackgasse zu stecken.
Ich steige aus dem Fahrstuhl und sehe zwei Polizisten und zwei Sicherheitsleute in der Lobby. Habe ich vielleicht an diesem Wochenende etwas Illegales getan? Oder wird gerade wieder jemand gefeuert? Damals bei Lorraine waren auch Sicherheitsleute da.
„Was ist da los?“ frage ich Lacey, die vor meinem Schreibtisch steht.
„Es geht um Gary.“ Oh mein Gott! Gary wird gerade in Handschellen aus seinem Büro geführt.
„Gary!“ kreische ich. Die Polizisten sehen mich merkwürdig an. „Was ist hier los?“
„Pass auf dich auf, Eve. Du bist ein nettes Mädchen.“ Ich bin total geschockt, aber darüber kann ich jetzt nicht nachdenken, denn einer der Jungs in Blau beginnt, mir Fragen zu stellen.
„Wir möchten noch ausführlicher mit Ihnen sprechen, Miss. Werden Sie den ganzen Tag über hier sein?“
„Ich arbeite hier, natürlich bin ich da.“
„Gut, und sie sollten im Augenblick keine spontanen Reisen planen.“
„Wie bitte?“ Ich schreie den Polizisten an. Und schon steht ein weiterer neben uns. Lacey geht einen Schritt von meinem Schreibtisch zurück, offenbar hat sie beschlossen, dass ihre Materialwünsche doch noch warten können. „Warum sprechen Sie so mit mir? Ich weiß ja nicht einmal, was hier los ist. Ich bin gerade erst gekommen und muss mit ansehen, wie die Polizei einen meiner Kollegen wegbringt.“
„Wir kommen später noch einmal vorbei, um mit jedem zu sprechen.“
„Großartig. Dann streiche ich mal meinen Flug zu den Caymaninseln.“
Eine fassungslose Menschenmenge versammelt sich um meinen Schreibtisch. Alle überlegen sich, was Gary wohl angestellt haben könnte. Ich wünschte, sie würden mich alleine lassen. Ich muss nach wie vor diese verfluchten Leserbriefe beantworten, und das kann ich nicht bei all dem Lärm.
Aber sie hören nicht auf zu reden. Sie stellen irgendwelche Theorien auf. Irgendjemand vermutet Unterschlagung, aber ich kenne mich gut genug aus, um verkünden zu können, dass Gary nichts mit Geld zu tun hatte und ich es wissen würde, wenn seine Spesenabrechnungen nicht gestimmt hätten. Da nicken sie ernsthaft, als ob ich ein Detektiv wäre oder so was.
„Ich weiß, worum es geht“, sagt Lacey und schlendert zu uns hinüber. Natürlich muss sie mich aus dem Rampenlicht verdrängen. Alle wenden sich ihr erwartungsvoll zu. „Er hat Dopingmittel verkauft. Schon seit Monaten. Illegale Steroide und so. Ist denn keinem aufgefallen, wie muskulös seine Waden plötzlich geworden sind?“
„Woher wissen Sie das?“ frage ich, aber sie winkt nur ab.
„Das wusste doch jeder.“ Keine Ahnung, wahrscheinlich hat Lacey selbst so ihre Geheimnisse. Ich finde, sie könnte von Kokain oder Diätpillen abhängig sein.
Ich vergesse jedes Mal, dass die Redaktionskonferenz auf Montag verschoben wurde, damit auch die
Yoga For Life
-Leute teilnehmen können. Das wurde beschlossen, als ich zum Wohle meiner geistigen Gesundheit ein paar Tage gefehlt habe. Seitdem habe ich jeden Montag aufs Neue die Konferenz vergessen. Ich brauche morgens immer etwas, um mich wieder ans Büro zu gewöhnen, vor allem an Montagen, aber stattdessen muss ich um elf Uhr in die Konferenz hetzen und mir eine Menge langweilige Ankündigungen anhören. Heute tuscheln
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