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Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Titel: Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Banner
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Schlaf ergab, begriff ich, dass die Schritte nur mein eigener Herzschlag waren.
    Und selbst in dieser Wildnis träumte ich. Ich träumte wieder von England – und über Aldebaran, dem Prinzen und Anna schienen dieselben Sterne.
     
    »Hör jetzt auf zu tanzen, Anna«, rief Monica. »Es ist schon spät. Du wirst die Gäste stören.«
    »Ich muss aber üben!«
    »Ich weiß. Aber kannst du das bitte morgen machen? Außerdem wirst du den Boden ruinieren, wenn du mit diesen Schuhen tanzt.«
    »Ich hatte nicht die Zeit hochzugehen und meine Ba l lettschuhe anzuziehen, sonst hätte ich es getan.«
    »Bist du mit dem Kehren fertig?«
    »Ja. Ich habe den Besen weggeräumt.«
    Anna hielt inne und lehnte sich gegen den Stapel T i sche in dem verlassenen Speisesaal. Durch die offenen Türen konnte sie den Sternenhimmel sehen, dessen Mu s ter sie gut kannte.
    Mit klappernden Absätzen räumte Monica in der Küche auf. »Siehst du dir die Sterne an?«, fragte sie plöt z lich. Anna nickte. »Ich kann mich noch erinnern, als du vier warst und Mutter dir dieses Astronomie-Buch mi t brachte. Du warst so wild entschlossen, alle Namen und Positionen zu lernen. Michelle dachte, dass du zu jung wärst für ein Buch über Astronomie, aber mögliche r weise gab es da jemanden, der dich besser kannte.«
    Monica verfiel in Schweigen. Anna dachte nun an die klaren Nächte in dem Winter nach dem Tod ihrer Gro ß mutter zurück, in denen sie das Buch gegen den Heizkörper unter ihrem Fenster gestützt und die Ste r nenkonste l lationen gelernt hatte. Monica, die im Durchgang zur Küche lehnte, dachte gerade an dasse l be. In der Dunkelheit konnten sie die Wasserfälle h ö ren. Sie waren irgendwo in der Nähe jenseits der g e öffneten Türen.
    Monica stand noch immer dort, als Anna in die Küche zurückkehrte. Ihre Tante blickte zu den Fotos auf dem Fenstersims. »Weißt du, was komisch ist?«, fragte sie und drehte sich dabei um.
    Anna trat neben sie. »Was denn?«
    » Wir sind die Einzigen, die noch übrig sind – M i chelle, du und ich.«
    Es war wahr. Die Hälfte der Menschen, die auf den Fotos so vergnügt lachten, war gestorben. »Das ist der Grund, warum ich hergekommen bin, um dir zu he l fen«, sagte Anna. »Wir sind noch immer eine Familie.«
    Monica sah sie an und schien etwas sagen zu wollen, dann legte sie die Hand auf Annas Schulter. »Ich weiß nicht, was dieses Foto von Richard immer noch hier macht. Ich sollte es wegräumen.« Sie nahm das Foto i h res g e schiedenen Ehemanns zur Hand, wischte den Staub ab – und stellte es zurück.
    Anna fiel in diesem Augenblick etwas ein. »Monica – wegen deines Vaters.« Sie sah in Richtung des Fotos.
    »Ja? Was ist mit ihm?«
    »War sein Nachname nicht Field?«
    »Das ist es, was Mutter uns erzählt hat. Es spielt aber s o wieso keine Rolle mehr. Warum interessierst du dich für ihn?«
    Anna schüttelte den Kopf. »Das tue ich gar nicht. En t schuldige bitte.«
    »Du solltest jetzt besser zu Bett gehen, meinst du nicht? Ich will um Viertel vor sechs mit dem Frühstück anfangen.« Anna war schon fast zur Tür hinaus, als M o nica hinzufügte: »Hör zu, ich werde dafür sorgen, dass du morgen Zeit zum Üben hast. Ich weiß, dass dieses Vortanzen wichtig für dich ist. Okay?«
    Anna nickte, dann drehte sie sich um und lief den ve r dunkelten Korridor entlang, wobei sie sich die schme r zenden Muskeln ihrer Arme rieb. Draußen auf der Str a ße fuhr ein Auto vorbei, und das hereinfallende gelbe Licht der Scheinwerfer schimmerte schwach auf den Edelsteinen ihres Anhängers. Gedankenverloren wicke l te sie die Kette um die Finger, während sie die Treppe hochstieg. Es war dieselbe Halskette – die mit dem V o gel, dem ein Stein fehlte –, die sie schon ihr ganzes L e ben trug.
    Anna schlief in dieser Nacht mit der Kette in der Hand ein. Im Traum sah sie sich viele Jahre später tanzen. In der Dunkelheit jenseits der Bühne saß ihre Familie – all die Menschen auf Monicas Fotos und den Fotos neben ihrem Bett, so als wären sie nie gestorben. Und in dem Traum konnte sie ihre zukünftige Familie sehen – einen hoch gewachsenen Mann und ein Kind –, deren Gesic h ter vom Licht eingerahmt und so zu Gold verwandelt wu r den, während sie stolz zu ihr hochsahen.
     
    »Ich kann sehen, was du denkst«, sagte Aldebaran.
    »Onkel, ich weiß, dass du das kannst.« Ryan gähnte. »Deine größte Begabung ist die Prophezeiung.«
    Aldebaran musste über seinen Ton lachen. »Sei nicht so

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