Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia
Sie Recht.«
Es folgte Schweigen.
Schließlich schüttelte der Butler den Kopf. »Es tut mir leid, wenn ich abgelenkt wirke. Ich denke gerade über …« Er brach ab. Er dachte gerade über die Nachricht von Talitha nach, die am Tag zuvor aufgetaucht war. Doch er erwähnte sie nicht. »Ich dachte über andere Dinge nach. Soll ich Sie für eine Weile allein lassen, Sir?« Er stand auf.
»Bleiben Sie bei mir«, widersprach Raymond. »Wo l len Sie nicht hierbleiben, mir ein wenig Gesellschaft lei s ten und sich mit mir unterhalten?«
Der Butler sah ihn überrascht an. »Natürlich, Sir, wie Sie wünschen.« Er setzte sich wieder hin, lehnte sich in dem Stuhl zurück und richtete den Blick auf den dunkler werdenden See.
»Field?«, fragte Raymond nach einer Weile. »Wollen Sie mir erzählen, was Sie gemacht haben, bevor Sie hie r herkamen? Das haben Sie noch nie.«
»Noch nie? Bestimmt habe ich Ihnen schon davon b e richtet.«
»Ich weiß nicht mehr, als dass Sie bei der Armee w a ren. Falls das die Wahrheit ist.« Raymond sah den Butler unverwandt an. »Und es würde mich nicht allzu sehr kümmern, falls es das nicht wäre. Wie Sie wissen, Field, bin ich inzwischen nicht mehr so sehr auf die Armee f i xiert.«
»Das ist mir aufgefallen.«
»Können Sie mir nicht etwas über sich selbst erzä h len? Zum Beispiel, was Sie nach England geführt hat? Sie sind kein gebürtiger Engländer.«
Der Butler zögerte, dann schüttelte er den Kopf. »Nein. Kein Engländer.«
»Warum haben Sie beschlossen, in dieses Land zu kommen?«, bohrte Raymond weiter, obwohl er sich s i cher war, dass Field seinen Fragen wie üblich auswe i chen würde. »Und was hat Sie dazu bewegt, sich für di e se Stelle hier zu bewerben? Sie sind nicht immer ein Bu t ler gewesen. Erzählen Sie mir von sich, Field, ich könnte ein wenig Unterhaltung vertragen.«
Der Butler lachte und entblößte dabei auf seine typ i sche Weise die Zähne. Er lächelte niemals, und sein L a chen war unheimlicher als sein düsterstes Stirnrunzeln, weil es ihn in Raymonds Augen jedes Mal für eine S e kunde wie einen Totenschädel aussehen ließ. »Ich werde es Ihnen erzählen. Es schadet nicht, es Ihnen zu erzä h len.«
Damit hatte Raymond nicht gerechnet. Er schwieg g e spannt, um diesen Moment nur nicht zu unterbrechen.
Der Butler sah noch immer zum Fenster hinaus und beobachtete, wie der Schatten des Panzers auf dem Rasen länger wurde. »Ich bin nicht immer ein Butler gewesen, das stimmt.« Er sprach langsam und bedächtig »Ich war ein sehr berühmter Mann in meinem Heimatland. Ich bekleidete den zweithöchsten Rang beim Geheimdienst. Und ich habe nicht beschlossen , in dieses Land zu ko m men. Ich bin nur hier, weil die Dinge schiefliefen.« Er wandte den Blick zu Raymond, der ihn in verdutztem Schweigen anstarrte. »Ich könnte Ihnen erzählen, wie ich nach England kam. Es würde die Zeit vertreiben, Ihnen diese Geschichte zu erzählen. Aber eine Sache, Sir.«
»Was denn?«
»Sie werden sie nicht weitergeben?« Es war keine echte Frage – Arthur Field wusste, dass der alte Mann nach dieser Nacht überhaupt nichts mehr weitergeben würde.
»Natürlich nicht, Field.«
Als ich aufwachte, saß ich neben Stirlings Bett gekauert. Seine Hand war aus meiner gerutscht und lag nun locker an seiner Seite, während er friedlich atmete. Ich hatte geträumt. In dem Moment, als ich aufwachte, war j e mand gerade dabei gewesen, mir eine Geschichte zu e r zählen, doch ich vergaß sie bereits.
Ich rappelte mich hoch. Sämtliche Muskeln taten mir weh, mein ganzer Kopf schmerzte vor Müdigkeit, und ich schaffte es kaum, die Augen offen zu halten. So konnte ich nicht mehr lange weitermachen.
Ich war wütend auf mich selbst, weil ich so schwach war, dass ich es selbst meinem eigenen Bruder zuliebe keine zwei Nächt e o hne Schlaf aushielt. Ich konnte so weitermachen, beschloss ich, und ich würde.
Kurz nachdem ich vom Waschraum zurückgekehrt war, klopfte es. Großmutter ging, um zu öffnen, nachdem sie die Schlafzimmertür hinter sich zugemacht hatte, d a mit Stirling nicht geweckt wurde. Es war Maria – ich konnte den kleinen Anselm weinen hören. Ich war noch dabei, meine Uniform anzuziehen, doch ich stellte mich neben die geschlossene Tür, um zu lauschen. In dem langsamen Heben und Senken ihrer Stimmen verstand ich ein paar von Marias Worten.
»Ich möchte Sie nicht stören, während Stirling so krank ist«, beteuerte sie gerade. »Aber wenn Sie etwas
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