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Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Titel: Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Banner
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geschlafen hatte, und es schien ihm nun besser zu gehen, auch wenn er über Kopfschmerzen klagte und noch immer hohes Fieber hatte. Es war genau so, wie Pater Dunstan den Krankheitsverlauf beschrieben hatte – er würde versinken und wieder auftauchen. Bis er, dachte ich, eines Tages unter der Oberfläche versinken würde.
    Als mir dieser Gedanke kam, packte mich solche Angst, dass ich das Gefühl hatte zu fallen. Wirklich zu fallen. Die Welt blieb, wo sie war, aber ich stürzte – so als wäre sie gar nicht da – durch sie hindurch in die Du n kelheit. Ich klammerte mich an der Kirchenbank fest und sprach weiter stumm die Worte des Gebets mit. Als vo r ne am Altar die Glocken klingelten, fing mein Herz an zu rasen, obwohl sie immer an der gleichen Stelle der Messe läuteten.
    Ich fühlte Panik in meinem Herzen aufsteigen, als ich hörte, wie Stirlings Name in das Gebet für die Kranken mit eingeschlossen wurde. »Stirling North«, hieß es da zusammen mit so vielen anderen, die mir nicht mal real vorkamen. Natürlich waren sie für irgendjemanden real. Aber für mich waren es nur Namen – keine echten Me n schen, die tatsächlich krank waren. Und jetzt …
    Ich atmete schnell, presste mir die Hand gegen den Mund und wünschte, mich weiter nach hinten gesetzt zu haben, wo mich nicht jeder hätte sehen können.
    Ich fing Marias Blick auf, als sie auf dem Rückweg von der Kommunion hinter ihrer Mutter an mir vorbe i schritt. Sie wiegte Anselm auf und ab, damit er nicht zu weinen anfing. Ich brachte mühsam ein kleines Lächeln zustande, und sie erwiderte es schwach. Sie wirkte müde im kalten Licht der Kirchenfenster. Vielleicht machte sie sich ebenfalls Sorgen.
    Nach der Messe blieb ich zurück, um auf Pater Du n stan zu warten. Er kam aus der Sakristei, kniete sich für eine Minute vor den Altar, dann drehte er sich um und bemerkte mich im Mittelgang der Kirche stehend. »Le o nard.« Er ging auf mich zu. »Wie geht es deinem Br u der?«
    »Heute besser.«
    »Ich bin froh, das zu hören.«
    »Ich … wollte mit Ihnen sprechen«, sagte ich. »Ich wollte Sie fragen … Gibt es irgendwas, das wir tun kö n nen? Für Stirling? Um ihn zu retten?«
    Er sah mich an. »Du solltest die Hoffnung nicht ei n fach so aufgeben, Leonard.« Ich starrte zu Boden. »Viele Menschen erholen sich vom Stillen Fieber – selbst wenn es sich um diese Form handelt, die ernster zu sein scheint. Stirling ist doch immer kerngesund gewesen.« Ich nickte. »Wenn es ihm heute besser geht, ist das ein gutes Zeichen.«
    »Ja, aber sie erholen sich nicht sehr oft, oder?« Ich hörte, dass meine Stimme bebte.
    »Sie können sich erholen. Mit entsprechender Pflege und ausreichend Ruhe.«
    »Gibt es irgendwas, das ich tun kann?«
    »Das Einzige, was man wirklich tun kann, ist, die Krankheit ihren Verlauf nehmen zu lassen. Ich will dir nichts vormachen, Leonard. Wir wissen sehr wenig über das Stille Fieber. Über das schleichende noch weniger als über das herkömmliche.«
    »Gibt es kein Mittel dagegen? Was ist mit dieser Pfla n ze – der Blutblume?« Als er nicht antwortete, fuhr ich fort: »Würde sie sogar das schleichende Stille Fieber heilen?«
    Er zögerte einen Augenblick. »Das hat man immer von ihr behauptet. Ja, ich denke, sie würde jede Form des Stillen Fiebers heilen. Aber ich habe schon seit langer Zeit von niemandem mehr gehört, der die Blutblume g e funden hätte. Man kann sie nicht züchten.«
    »Wächst sie denn nicht auf Hügeln oder Bergen?«, fragte ich. »Was ist mit den Östlichen Bergen? Da wurde sie schon gefunden.«
    »Du darfst nie vergessen, Leonard, dass Stirling auch ohne sie eine gute Chance hat, gesund zu werden. Manchmal erkranken Menschen an etwas, das das Stille Fieber zu sein scheint, und trotzdem sind sie nach ein paar Tagen wieder gesund. Die Symptome sind so unte r schiedlich …«
    »Aber wenn wir die Blutblume hätten, wäre er in S i cherheit, ganz egal, was es nun wirklich ist.«
    »Leonard.« In Pater Dunstans Stimme lag eine solche Endgültigkeit, dass ich still sein und zuhören musste. »Wenn ein geliebter Mensch krank wird, fühlen wir uns hilflos. Wir wollen etwas unternehmen, um nicht völlig die Kontrolle zu verlieren. Aber wenn man einfach nur …«
    »Ich sollte jetzt besser gehen«, unterbrach ich ihn. »Entschuldigung, Pater – ich habe Großmutter gesagt, dass ich bald heimkehre.« Ich versuchte, ihn anzulächeln. »Danke für Ihre Hilfe. Wirklich.« Ich drehte mich um und verließ die

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