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Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Titel: Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Banner
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Kirche.
    Der Platz davor war menschenleer. Ich überquerte ihn, dann fing ich an zu laufen – ich rannte mitten auf der Hauptstraße in Richtung Stadtrand.
     
    Es war schon fast dunkel, als ich an diesem Abend in unsere Wohnung stolperte.
    Großmutter trat – die Hände in die Hüften gestemmt und die Augen von einem Stirnrunzeln überschattet – durch die Schlafzimmertür. »Leo, wo bist du gewesen? Du hast den ganzen Tag nichts gegessen. Ich habe dich nach der Kirche zurückerwartet, und jetzt ist es schon halb zehn. Wo bist du gewesen?«
    »Nur … draußen.« Ich zuckte mit den Schultern und ließ mich schwer auf das Sofa fallen. »Irgendwo …«
    Sie bombardierte mich weiter mit Fragen. Ich war zu müde, um zu antworten. Ich zog meine Stiefel aus und ließ sie zu Boden fallen, wo sie einer nach dem anderen mit einem dumpfen Aufschlag in der Stille landeten.
    »Wo bist du gewesen, Leo?«, schrie sie plötzlich. »Ich bin dafür nicht in der Stimmung! Stirling ist sehr krank, ich selbst habe die ganze letzte Nacht nicht geschlafen, und das Letzte, was ich jetzt brauche, ist, dass du meine Sorgen noch vergrößerst mit deinem dummen, kind i schen Verhalten.«
    »Ich sagte, ich war draußen!«
    »Leo!« Sie sprach mit zusammengepressten Zähnen. Im Nebenzimmer stöhnte Stirling auf. »Da siehst du, was du angerichtet hast. Er hat geschlafen, und jetzt hast du ihn aufgeweckt. Du wirst ihn mit deiner Dummheit noch ins Grab bringen, und mich ebenso!« Sie marschierte nach nebenan.
    »Gut – und ich bin nicht in der Stimmung für einen deiner Vorträge!«, rief ich. »Du meinst immer, dass ich so dumm und kindisch bin, aber du weißt überhaupt nichts über mich. Du hast keine Ahnung, wo ich heute war und was …«
    »Nein!«, unterbrach sie mich. »Natürlich habe ich ke i ne Ahnung, weil du es mir nämlich nicht sagen willst!« Dann, an Stirling gewandt: »Was ist, mein Engel?«
    »Na schön«, sagte ich und ging ins Schlafzimmer. »Ich war in den Bergen und habe nach der Blutblume gesucht, um mit ihr Stirlings Leben zu retten! Was ist daran dumm und kindisch? Während du hier herumsitzt und überhaupt nichts unternimmst, versuche ich wenig s tens …«
    »Genau das meine ich mit kindisch, Leo, und ich sage dir auch warum – weil du sie nämlich niemals finden wirst. Aber das ist wieder mal typisch für dich. Immer glaubst du …«
    »Hört auf!« Als ich um die Zimmerecke bog, sah ich, dass Stirling sich im Bett aufgesetzt hatte und von der Anstrengung seines Schreis schwer atmete. »Hört bitte auf!« Mit grauem Gesicht ließ er sich aufs Kissen z u rückfallen. »Bitte streitet nicht.«
    »Entschuldige, Stirling.« Die Stimme meiner Großmu t ter klang tränenerstickt. Seufzend drehte sie sich zu mir um. »Ich habe mir bloß Sorgen um dich gemacht, Leo.«
    »Es tut mir leid«, brachte ich mit Mühe heraus. »Ich hätte dir sagen sollen, wo ich hingehe.«
    »Das ist schon besser«, lobte Stirling wie ein Vater, der zwischen zwei Kindern schlichtet.
    Ich ging zu ihm und stellte mich neben Großmutter an sein Bett. Mein Zorn war verraucht, und zurück blieb nur Erschöpfung. »Wie fühlst du dich?«
    »Besser. Oh, viel besser. Ich glaube, dass ich bald wieder gesund sein werde.«
    »Gut. Da bin ich froh.« Ich zog meine Jacke aus und legte sie auf mein Bett.
    »Warum bist du in die Berge gegangen?« Diesen Teil unseres Streits hatte er wohl nicht mitbekommen.
    Ich erzählte ihm von der Blutblume.
    »Ich glaube, ich werde auch ohne sie wieder gesund«, versicherte er. »Wie war es dort? Wie sind sie so, die Berge?«
    »Ach … grün und gewaltig.« Ich rieb mir den schme r zenden Kopf.
    »Erzähl mir von ihnen. Setz dich zu mir.«
    Ich ließ mich auf den Rand seines Betts sinken, und Großmutter stahl sich aus dem Zimmer. Ich war so e r schöpft, dass ich kaum sprechen, geschweige denn ihn unterhalten konnte.
    »Du musst aber nicht«, sagte Stirling schließlich.
    »Mir fällt etwas ein. Ich habe einen Platz für unser Picknick gefunden. Da gibt es einen kleinen, steinigen Bach, der zwischen zwei Hügeln nach unten fließt. Das Tal dort ist schattig, und es gibt eine Wiese voller Wil d blumen. Die ganze Farbpalette – wie in einem Gemälde. Es würde dir ganz bestimmt gefallen. Und es ist auch nicht zu weit weg von der Stadt.«
    »Das klingt sehr hübsch. Wenn ich gesund bin, kö n nen wi r d a hingehen, zusammen mit Maria. Sobald ich wieder gesund bin.«
    »Ja. Du wirst diesen Ort mögen.«
    »Erzähl mir noch

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