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Mansfield Park

Mansfield Park

Titel: Mansfield Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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Augenblick an ihren Sorgen und Schwierigkeiten teilgenommen hatten, schlenderten sie weiter. Die drei letzten, Mrs. Rushworth, Mrs. Norris und Julia, befanden sich noch weit hinten, denn Julia, deren Glücksstern nun nicht mehr herrschte, sah sich gezwungen, an Mrs. Rushworths Seite zu bleiben und ihre ungeduldigen Füßchen dem langsamen Schritt der alten Dame anzupassen, während Mrs. Norris mit der Haushälterin, die gerade herauskam, um die Fasane zu füttern, ein hochinteressantes Gespräch angeknüpft hatte. Die arme Julia, die einzige der Gesellschaft, die mit ihrem Los nicht wenigstens leidlich zufrieden war, mußte jetzt Buße tun und glich ganz und gar nicht mehr der strahlenden Julia auf dem Kutschbock. Die strenge Pflicht der Höflichkeit, zu der sie erzogen war, machte es ihr unmöglich, ihrer langweiligen Gefährtin zu entfliehen, während der Mangel an jener höheren Art von Selbstbeherrschung, die auf menschlicher Rücksichtnahme, Kenntnis des eigenen Wesens und einem inneren Gefühl für das Rechte beruht und leider einen sehr unwesentlichen Teil ihrer Erziehung gebildet hatte, ihr das kleine Opfer zur Qual machte.
«Nein, hier ist es unerträglich heiß», sagte Miss Crawford, als sie einmal die Terrasse auf und ab spaziert waren und sich jetzt zum zweitenmal der Tür in der Mitte des Eisenzaunes näherten, die in die «Wildnis» hinunterführte.
«Hat jemand etwas dagegen, daß wir es uns gemütlicher machen? Dort unten wäre ein hübsches, schattiges Wäldchen, wenn man nur hineinkommen könnte. Wie schön, wenn die Tür nicht versperrt wäre! Das wird sie aber natürlich sein, denn auf diesen großartigen Herrensitzen sind die Gärtner die einzigen, die hingehen dürfen, wo sie Lust haben.»
Die Tür war jedoch nicht verschlossen, und die beiden anderen stimmten freudig Miss Crawfords Vorschlag zu, der unerbittlichen Sonnenglut der Terrasse zu entfliehen. Über eine beträchtliche Anzahl von Stufen gelangten sie in die sogenannte Wildnis hinab, die in Wirklichkeit ein etwa zwei Morgen großer Wald war, der zwar hauptsächlich aus sorgfältig gestutzten Lärchen, Birken und Lorbeeren bestand und allzu regelmäßig angelegt war, aber im Vergleich zu der Schattenlosigkeit der Spielwiese und der Terrasse erquickende Kühle und Natürlichkeit atmete. Sie genossen dankbar die Erfrischung und gaben sich eine Weile lang nur ihrer Freude und Bewunderung hin, bis Miss Crawford nach kurzem Schweigen begann: «Sie werden also bald ein Pfarrherr sein, Mr. Bertram. Das ist für mich eine nicht geringe Überraschung.»
«Was ist daran überraschend? Sie mußten ja annehmen, ich sei für irgendeinen Beruf bestimmt, und Sie konnten leicht merken, daß ich weder Jurist noch Offizier noch Seemann bin.»
«Ja, richtig, aber – kurz gesagt, ich bin nicht auf die Idee gekommen. Und Sie wissen ja, gewöhnlich ist irgendein Onkel oder Großvater vorhanden, der dem zweiten Sohn sein Vermögen hinterläßt.»
«Eine sehr löbliche Sitte», sagte Edmund, «aber leider nicht allgemein eingeführt. Ich gehöre zu den Ausnahmen und muß mir mein Brot selber verdienen.»
«Aber warum gerade als Pfarrer? Ich dachte immer, das wäre das Los des Jüngsten unter vielen Brüdern, die ihm alle anderen Berufe weggeschnappt haben.»
«Sie glauben also, daß die Kirche niemals um ihrer selbst willen gewählt wird?»
«‹Niemals› ist ein düsteres Wort. Und doch – in dem Sinn, wie man es in der Konversation gebraucht, wo ‹niemals› ‹nicht sehr oft› bedeutet, glaube ich es wirklich. Was für Aussichten bietet die Kirche? Jeder Mann wünscht, sich auszuzeichnen, Ehren zu erringen, und das ist in jeder anderen Laufbahn möglich, nur nicht in der geistlichen. Ein Geistlicher ist gar nichts.»
«Ich hoffe, das ‹nichts› der Konversation hat seine besonderen Nuancen so gut wie das ‹niemals›. Ein Geistlicher kann keinen äußeren Glanz entfalten, das stimmt. Er darf sich nicht an die Spitze eines Pöbelhaufens stellen oder neue Modetorheiten erfinden. Aber ich kann einen Stand nicht mit ‹nichts› bezeichnen, in dessen Obhut alles gegeben ist, was für den einzelnen wie für die ganze Menschheit, zeitlich wie ewig betrachtet, das Allerwichtigste ist – einen Stand, dem die Sorge um Religion und Moral anvertraut ist und damit auch um die Gesittung, die sich auf beide gründet. Das Amt des Geistlichen kann niemand als ‹nichts› ansehen. Wenn der Mann, der es auszufüllen hat, ‹nichts› ist, dann nur, weil er seine

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