Mansfield Park
sprach, zeigten sich seinem Rat gegenüber ebenso unzugänglich und ungeduldig wie Tom. Sie sahen gar keinen Anlaß, auf ihren vergnüglichen Plan zu verzichten. Ihre Mutter hätte nichts dagegen und sie fürchteten nicht im geringsten, daß ihr Vater das Vorhaben mißbillige. In den besten Familien würde gelegentlich Theater gespielt, die vornehmsten Damen fänden es nicht unter ihrer Würde; es sei geradezu verrückt, etwas Schlimmes in einer harmlosen Unterhaltung unter Geschwistern und allerengsten Freunden zu sehen, von der niemand außer ihnen je erfahren würde. – Julia schien allenfalls geneigt, zuzugeben, daß Marias Situation besondere Vorsicht und Zurückhaltung erfordere, was aber für sie keinesfalls zutreffe. Und Maria fand dagegen, daß gerade ihre Verlobung ihr größere Freiheit und Unabhängigkeit gewähre, als ihre Schwester beanspruchen könnte. Edmund sah, daß nicht viel zu erhoffen war, fuhr aber fort, in seine Schwestern zu dringen, als Henry Crawford eintrat und rief: «Unserem Theater wird es nicht an Hilfskräften mangeln, Miss Bertram! Meine Schwester läßt schön grüßen und hofft, daß man sie unter die Komödianten aufnimmt. Sie wird mit Vergnügen jede alte Tante oder langweilige Confidente übernehmen, die Sie selbst nicht spielen wollen.»
Maria warf Edmund einen Blick zu, der deutlich ausdrückte: «Nun, was sagst du jetzt? Können wir im Unrecht sein, wenn Mary Crawford auch mittut?» Edmund war zum Schweigen gebracht und mußte sich wohl oder übel zu der Erkenntnis bequemen, daß der Zauber des Theaters wohl imstande sei, einen genialen Geist zu fesseln; und die Liebe machte ihn erfinderisch genug, um in Miss Crawfords Botschaft nichts anderes als einen weiteren Beweis für ihr liebenswürdiges, stets hilfsbereites Wesen zu sehen.
Das Projekt machte Fortschritte. Jeder Widerstand war vergeblich. Auch in seiner Annahme, daß Mrs. Norris sich widersetzen würde, sah er sich getäuscht. Sie erhob keine Bedenken, die ihr nicht von Tom und Maria, die bei ihr alles erreichen konnten, binnen fünf Minuten ausgeredet wurden. Und da die Sache sie nichts kosten würde und sie sich davon alle Annehmlichkeiten geschäftiger Hast und betriebsamer Wichtigkeit versprach und außerdem gleich die vorteilhafte Konsequenz daraus zog, ihr Haus, wo sie jetzt einen Monat lang auf eigene Kosten gelebt hatte, zu verlassen und ins Herrenhaus zu übersiedeln, um jede Stunde in den Dienst der guten Sache zu stellen, war sie von dem Unternehmen tatsächlich ganz begeistert.
14. Kapitel
Fanny schien es mit ihrer Prophezeiung besser getroffen zu haben, als Edmund gedacht hätte. Es erwies sich als keine Kleinigkeit, ein Stück ausfindig zu machen, das jedem paßte. Der Zimmermann hatte seine Anweisungen bekommen und Maß genommen, hatte alle möglichen Schwierigkeiten aufgeworfen und sie durch neue Vorschläge beseitigt und war, nachdem er die Notwendigkeit einer komplizierteren und kostspieligeren Konstruktion unwiderleglich nachgewiesen hatte, bereits mitten in der Arbeit – und noch immer wußte man nicht, was man spielen sollte. Auch andere Vorbereitungen waren im Gange. Aus Northampton war eine riesige Rolle grüner Friesstoff angelangt. Mrs. Norris hatte ihn zugeschnitten (wobei sie durch ihre geschickte Einteilung volle dreiviertel Ellen einsparte), und die Hausmädchen waren dabei, daraus einen Vorhang zu nähen – und noch immer hatte man sich auf kein Stück geeinigt. Als auf diese Weise zwei oder drei weitere Tage vergingen, begann Edmund beinahe zu hoffen, daß man überhaupt keines finden würde.
Es gab so viele verschiedene Dinge, auf die man achten, so viele Menschen, die man zufriedenstellen mußte, eine solche Menge Hauptrollen wurden benötigt, und vor allem bestand man so hartnäckig auf der Bedingung, es müsse gleichzeitig ein Lustspiel und ein Trauerspiel sein, daß es trotz dem jugendlichen Eifer aller Beteiligten beinahe aussichtslos schien, zu einer Entscheidung zu kommen.
Zur tragischen Partei gehörten die Fräulein Bertram, Henry Crawford und Mr. Yates, die komische vertrat Tom Bertram, wenn auch nicht ganz allein; es war offenkundig, daß Mary Crawfords Wünsche, wenn sie diese auch höflicherweise nicht äußerte, in die gleiche Richtung gingen. Im übrigen schien Tom angesichts seiner Stellung und seiner Entschiedenheit gar keiner Verbündeten zu bedürfen. Ganz abgesehen von dieser großen, nicht zu überbrückenden Meinungsverschiedenheit, sollte das Stück im
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