Mansfield Park
Eifersucht leiden sehen.
Nach einer kurzen, etwas betretenen Stille kehrte Tom zur Tagesordnung und den «Liebesschwüren» zurück und sah eifrig das Stück durch, um mit Mr. Yates’ Hilfe festzustellen, was für Kulissen man brauchte, während Maria und Henry Crawford sich flüsternd miteinander unterhielten. Ihre Erklärung begann mit den Worten: «Ich wollte Julia wahrhaftig von Herzen gern die Agathe abtreten! Aber so schlecht ich sie selber spielen werde, bin ich überzeugt, daß sie es noch schlechter machen würde …» und wurde zweifellos mit allen Komplimenten quittiert, die sie herausforderte.
Nach einer Weile löste sich die Gesellschaft vollends auf. Tom Bertram und Mr. Yates begaben sich zur weiteren Beratung in das Zimmer, das man nun das «Theater» zu nennen begann, und Miss Bertram beschloß, persönlich ins Pfarrhaus zu gehen, um Miss Crawford die Rolle der Amalia anzubieten. Fanny blieb allein zurück.
Sie benützte ihre Einsamkeit zuallererst dazu, nach dem Buch zu greifen, das noch auf dem Tisch lag, und sich mit dem Stück bekannt zu machen, von dem sie soviel gehört hatte. Sie durchflog es mit reger Neugier und einem Eifer, der nur durch ihre Verblüffung übertroffen wurde. Daß man ein solches Stück gewählt hatte – daß es, abgesehen vom besonderen Fall, für eine Liebhaberaufführung überhaupt in Betracht gezogen und dann noch gebilligt wurde, war ihr einfach unfaßbar. Agathe und Amalia erschienen ihr, jede in ihrer Art, so ganz ungeeignet für eine private Aufführung – die Lage der einen, die Redewendungen der anderen im höchsten Maß unpassend, um von einem züchtigen weiblichen Wesen wiedergegeben zu werden. Sie konnte nur annehmen, daß ihre Cousinen nicht wußten, worauf sie sich einließen, und hoffte, sie durch den Einspruch, den Edmund sicherlich erheben würde, möglichst bald von ihrem Irrtum befreit zu sehen.
15. Kapitel
Miss Crawford übernahm die Rolle sehr bereitwillig. Bald nachdem Miss Bertram aus dem Pfarrhaus zurückgekehrt war, erschien auch Mr. Rushworth, und man konnte einen weiteren Part besetzen. Er hatte zwischen Graf Cassel und Anhalt zu wählen. Zuerst wußte er nicht, für welchen er sich entscheiden sollte, und bat Miss Bertram, ihn zu leiten; doch als man ihm den Unterschied zwischen den beiden Personen klargemacht und er begriffen hatte, welcher welcher war, und als er sich obendrein erinnerte, das Stück einmal in London gesehen und Anhalt für einen recht dummen Kerl gehalten zu haben, entschied er sich bald für den Grafen. Miss Bertram billigte seine Wahl, denn je weniger er zu memorieren hatte, desto besser; und obwohl sie seinem Wunsch, daß Agathe und der Graf doch zusammen auftreten möchten, nicht beistimmen konnte und nicht gerade geduldig zusah, wie er, in der Hoffnung, doch noch einen gemeinsamen Auftritt zu entdecken, langsam Seite um Seite des Buches umwandte, nahm sie sich seiner doch sehr hilfreich an und beschnitt seinen Text, soweit er sich nur kürzen ließ. Außerdem erklärte sie ihm, daß er sehr elegant herausgeputzt erscheinen müsse, und wählte die Farben für seine Kostüme. Mr. Rushworth freute sich auf seinen Staat, wenn er auch Verachtung dafür heuchelte, und war viel zu eingehend mit seiner eigenen vorteilhaften Erscheinung beschäftigt, um sich mit den anderen zu befassen und die Schlüsse zu ziehen oder das Mißfallen zu äußern, auf die Maria sich halb und halb gefaßt gemacht hatte.
All dies wurde erledigt, bevor Edmund, der den ganzen Morgen ausgewesen war, etwas von der neuesten Wendung der Dinge erfuhr. Doch als er kurz vor dem Mittagessen den Salon betrat, fand er dort Tom, Maria und Mr. Yates in lebhafter Diskussion, während Mr. Rushworth ihm entgegeneilte, um mit großem Eifer die erfreulichen Neuigkeiten zu verkünden.
«Wir haben ein Stück», sagte er. «Es heißt ‹Liebesschwüre›, und ich soll Graf Cassel sein und zuerst in einem blauen Gewand mit rosa Seidenmantel auftreten und nachher in einem ganz phantastischen Jagdanzug. Ich weiß gar nicht, wie ich mir vorkommen werde.»
Fanny folgte Edmund mit den Blicken, und das Herz pochte ihr, als sie diese Worte vernahm und seine entgeisterte Miene sah. Sie fühlte, was in ihm vorging.
«Liebesschwüre!» wiederholte Edmund mit dem Ausdruck höchster Verblüffung. Ohne ein weiteres Wort an Mr. Rushworth zu richten, wandte er den Blick auf seine Geschwister, als zweifelte er nicht, daß sie den Irrtum berichtigen würden.
«Jawohl!» rief Mr.
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