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Mansfield Park

Mansfield Park

Titel: Mansfield Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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Frau nicht entbehren. Seine hübsche Schwägerin hatte darüber ihre eigene Meinung.
«Dr. Grant ist krank!» verkündete sie mit spöttischer Feierlichkeit. «Bedenklich krank! Er hat heute seinen Fasan nicht gegessen. Er hat behauptet, der Vogel wäre zäh, und hat seinen Teller in die Küche zurückgeschickt, und seither ist er leidend.»
Welche Enttäuschung! Mrs. Grants Ausbleiben war ein schwerer Schlag. Ihre liebenswürdige Art und heitere Bereitwilligkeit wurden stets geschätzt, doch heute war sie geradezu unentbehrlich. Ohne sie konnte man das Stück nicht richtig aufführen, die ganze Probe hatte keinen Sinn mehr. Tom, der Häusler, war außer sich. Nach einer Pause allgemeiner Hilflosigkeit begannen sich die Blicke Fanny zuzuwenden, und einige Stimmen ließen sich zaghaft vernehmen: «Wenn Miss Price so freundlich wäre, die Rolle wenigstens zu lesen …» Im nächsten Moment sah sich Fanny umringt, alle vereinigten ihr Flehen, und sogar Edmund sagte: «Bitte, Fanny, tu es – wenn es dir nicht sehr unangenehm ist.»
Doch Fanny zögerte noch. Die Idee war ihr unerträglich. Warum wandte man sich nicht an Miss Crawford? Ach, warum hatte sie sich nicht in ihr Zimmer zurückgezogen, wo sie vor solchen Angriffen sicher war, anstatt der Probe beizuwohnen! Sie hatte ja gewußt, daß sie ihr nur Aufregung und Kummer bringen würde, sie hatte gefühlt, daß es richtiger wäre, sich fernzuhalten – nun kam die verdiente Strafe.
«Sie brauchen den Text ja nur abzulesen», sagte Henry Crawford mit neuem Eifer.
«Dabei glaube ich, daß sie ihn Wort für Wort auswendig kann», fügte Maria hinzu. «Unlängst hat sie Mrs. Grant zwanzigmal verbessern können. Fanny, ich bin ganz sicher, daß du die Rolle kennst.»
Fanny konnte es nicht leugnen, und da alle beharrlich in sie drangen und Edmund, voller Vertrauen in ihre Hilfsbereitschaft, seinen Wunsch mit einem liebevollen Blick wiederholte, mußte sie schließlich nachgeben. Sie wollte ihr möglichstes tun. Alle waren höchlich zufrieden und machten sich bereit, zu beginnen, während Fanny mit klopfendem Herzen sitzen blieb.
Sie begannen – und hörten über ihrem eigenen Lärm nichts von den ungewohnten Geräuschen, die in einem anderen Teil des Hauses laut wurden. Sie waren noch nicht weit gekommen, als die Tür aufgerissen wurde. Julia stand mit entgeisterter Miene auf der Schwelle und rief:
«Vater ist angekommen! Er ist unten in der Halle!»

19. Kapitel
    Wer beschreibt die Bestürzung der Gesellschaft? Für die meisten war es ein Moment absoluten Entsetzens. Sir Thomas im Hause! Alle waren augenblicklich davon überzeugt, nirgends blieb Raum für die leiseste Hoffnung, es handle sich um einen Scherz oder einen Irrtum. Julias Miene war ein unwiderleglicher Beweis für die Tatsache. Nach den ersten unwillkürlichen Ausrufen wurde eine halbe Minute lang kein Wort laut. Sie starrten einander mit erschrockenen Gesichtern an, und fast jeder empfand das Ereignis als einen ganz unerwarteten, unwillkommenen und unverdienten Schlag. Mr. Yates mochte es nur für eine ärgerliche Störung dieses einen Abends halten, Mr. Rushworth es vielleicht als Segen betrachten, doch jedes andere Herz krampfte sich mehr oder minder in Selbstverdammnis oder vager Beunruhigung zusammen. Jeder fragte sich: «Was wird geschehen? Was soll jetzt werden?» Es war eine fürchterliche Pause, und fürchterlich klangen jedem Ohr die Geräusche von eilenden Schritten und schlagenden Türen, welche die Kunde bestätigten.
    Julia fand zuerst die Sprache wieder. Einen Augenblick lang hatte sie ihre Eifersucht und Erbitterung vergessen, ihre selbstsüchtigen Gefühle waren in der gemeinsamen Sache untergegangen. Doch gerade, als sie eintrat, hatte Friedrich mit anbetenden Blicken Agathes Worten gelauscht und dabei ihre Hand an sein Herz gedrückt – und als Julia das sah, als sie beobachtete, daß er trotz seinem Schrecken über ihre Nachricht seine Stellung nicht veränderte und die Hand ihrer Schwester nicht losließ, schwellte neue Empörung ihr gekränktes Herz. Sie wurde so rot, wie sie eben erst bleich gewesen war, und mit den Worten: «Ich habe keine Ursache, mich zu fürchten», verließ sie das Zimmer.
    Das riß die anderen aus ihrer Erstarrung. Die beiden Brüder wandten sich im gleichen Augenblick einander zu. Ein paar hastig gewechselte Worte genügten. Hier konnte es keine Meinungsverschiedenheit geben, sie mußten unverzüglich im Salon erscheinen. Maria schloß sich ihnen an. Sie war in

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