Mansfield Park
er zu ihr so lieb und gut gewesen. Sein Wesen schien ganz verwandelt. Seine Stimme bebte vor freudiger Erregung, und seine furchteinflößende Würde schien in Zärtlichkeit dahinzuschmelzen. Er zog sie näher zum Licht, um sie nochmals zu betrachten, fragte nach ihrer Gesundheit und verbesserte sich sofort: die Frage sei überflüssig, ihr Aussehen sage alles. Die sanfte Röte, die ihr eben noch blasses Gesicht überzogen hatte, rechtfertigte die Meinung ihres Onkels, daß sie frischer und hübscher geworden sei. Er erkundigte sich nach ihrer Familie, vor allem nach William, und war so gut und freundlich, daß sie sich Vorwürfe machte, ihn nicht lieb genug zu haben. Hatte sie nicht seine Heimkehr als ein Unglück angesehen? Als sie endlich den Mut fand, die Augen zu ihm aufzuschlagen, und sah, wie mager er geworden war, wie deutlich sein sonnengebräuntes, abgezehrtes Gesicht von den Strapazen der Reise und des heißen Klimas sprach, wurde ihre ganze Zärtlichkeit wach, und der Gedanke, wieviel unvermuteter Verdruß ihm bevorstand, machte sie ganz elend.
Sir Thomas war die Seele der Gruppe, die sich jetzt über seine Aufforderung rund um das Feuer niederließ. Er hatte viel zu berichten, und die Freude, nach so langer Trennung wieder daheim, in seinem eigenen Haus und im Kreise seiner Lieben zu sein, machte ihn ungewöhnlich mitteilsam und gesprächig. Er war gern bereit, von seiner Reise zu erzählen und jede Frage seiner Söhne, fast noch ehe sie gestellt war, zu beantworten. Seine Geschäfte in Antigua hatten sich in der letzten Zeit rasch zum Guten gewendet. Jetzt kam er geradeswegs aus Liverpool, wo er Gelegenheit gefunden hatte, die Reise auf einem privaten Schiff fortzusetzen, anstatt auf das Postschiff zu warten. Während er an Lady Bertrams Seite saß und mit herzlicher Befriedigung die Gesichter seiner Lieben betrachtete, schilderte er wohlgelaunt alle kleinen Einzelheiten seiner Taten und Erlebnisse und unterbrach sich mehr als einmal, um sein gutes Glück zu loben, daß er trotz seiner verfrühten, unangekündigten Ankunft alle daheim angetroffen hatte – die ganze Familie zu Hause versammelt, genau wie er es gewünscht, aber nicht zu erwarten gewagt hatte. Auch Mr. Rushworth wurde nicht vergessen. Eine überaus freundliche Begrüßung, ein warmer Händedruck waren ihm schon zuteil geworden, und nun wurde er mit betonter Aufmerksamkeit in alles mit eingeschlossen, was aufs engste mit Mansfield verknüpft war. Mr. Rushworths äußere Erscheinung hatte nichts Unangenehmes an sich, und Sir Thomas empfand bereits Sympathie für ihn.
Doch niemand in dem ganzen Kreis hörte ihm mit so ungestörtem, ungetrübtem Vergnügen zu wie seine Frau, die über das Wiedersehen wirklich außerordentlich glücklich war. Seine unverhoffte Ankunft hatte sie so befeuert, daß sie einer Gemütsbewegung näher war als je zuvor in den letzten zwanzig Jahren. Ein paar Minuten lang war sie beinahe aufgeregt gewesen, und auch jetzt noch fühlte sie sich so animiert, daß sie ihre Arbeit weglegte, Mops von ihrer Seite verbannte und ihrem Mann den ganzen Sofaplatz sowie ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zukommen ließ. Ihre Freude war durch keine ängstlichen Gedanken getrübt, denn sie hatte die Zeit seiner Abwesenheit untadelig verbracht, ein großes Stück Gobelin gestickt und viele Ellen Franse geknüpft, und sie hätte sich für die gute Aufführung und nützliche Betätigung der jungen Leute ebenso unbedenklich verbürgt wie für ihre eigene. Es war so erfreulich, ihren Gatten wieder neben sich zu sehen und plaudern zu hören, seine Erzählungen beschäftigten so angenehm ihr Ohr und ihr Gemüt, daß sie allen Ernstes zu glauben begann, sie hätte ihn ganz furchtbar vermißt und wäre nicht imstande gewesen, seine Abwesenheit noch länger zu ertragen.
Mrs. Norris war längst nicht so beglückt wie ihre Schwester. Nicht, daß sie etwa Sir Thomas’ Mißbilligung fürchtete, wenn er den gegenwärtigen Stand der Dinge erführe. Sie war von ihrer Selbstgefälligkeit so verblendet, daß sie beim Eintritt ihres Schwagers – bis auf die instinktive Vorsicht, mit der sie Mr. Rushworths rosaseidenen Mantel unterm Tisch verschwinden ließ – kaum ein Zeichen von Unruhe gezeigt hatte. Aber sie ärgerte sich über die Art seiner Heimkehr. Es blieb ihr nichts zu tun übrig. Anstatt sie hinausrufen zu lassen, damit sie ihn als erste begrüße und dann die freudige Nachricht im Haus verkünde, hatte Sir Thomas – offenbar im berechtigten
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