Mansfield Park
Vertrauen auf die guten Nerven seiner Frau und seiner Kinder – keinen anderen Mittelsmann in Anspruch genommen als den Butler und war diesem beinahe auf dem Fuß in den Salon gefolgt. Mrs. Norris fühlte sich um ein Amt betrogen, mit dem sie zuverlässig gerechnet hatte, ob es nun gegolten hätte, der übrigen Familie seine Ankunft oder sein Ableben schonend beizubringen. Jetzt befleißigte sie sich der größten Geschäftigkeit, ohne doch ein Geschäft zu haben, und mühte sich, ihre Wichtigkeit zu erweisen, wo nichts als Ruhe und Stillschweigen begehrt wurde. Hätte Sir Thomas zu essen gewünscht, wäre es ihr möglich gewesen, die Haushälterin mit überflüssigen Anweisungen zu belästigen und die Diener unter Schimpfen zur Eile anzutreiben. Doch Sir Thomas lehnte mit Entschiedenheit ab; er wollte nichts zu sich nehmen, bis der Tee käme – nein danke, er wolle lieber auf den Tee warten. Mrs. Norris ließ dennoch nicht ab, ihm in kurzen Abständen immer neue Dinge aufzudrängen. Mitten in der Schilderung seiner Überfahrt nach England, gerade im spannendsten Augenblick, als die Aufregung über ein plötzlich gesichtetes französisches Kaperschiff auf ihrem Höhepunkt angelangt war, unterbrach sie ihn: «Aber einen Teller Suppe, mein lieber Sir Thomas! Ein Teller Suppe würde Ihnen viel besser bekommen als Tee! Nehmen Sie doch einen Teller Suppe!»
Sir Thomas ließ sich nicht provozieren. «Immer noch ängstlich besorgt um jedermanns Wohlbefinden, meine liebe Mrs. Norris», antwortete er lächelnd. «Aber ich möchte wirklich nichts anderes als Tee.»
«Dann solltest du vielleicht gleich um den Tee läuten, Schwester. Vielleicht solltest du Baddeley ein bißchen zur Eile antreiben. Er läßt sich heute soviel Zeit.» Mit diesem Vorschlag drang sie durch, und Sir Thomas konnte in seiner Erzählung fortfahren.
Endlich gab es eine Pause. Sein erstes Mitteilungsbedürfnis war gestillt, und nun schien es ihm genug, mit stiller Freude um sich zu blicken und seine Augen bald auf dem einen, bald auf dem anderen seiner Lieben ruhen zu lassen. Doch das Schweigen währte nicht lange. In ihrer gehobenen Stimmung wurde Lady Bertram gesprächig, und zum Entsetzen ihrer Kinder begann sie: «Was meinst du, Sir Thomas, womit sich die jungen Leute in der letzten Zeit unterhalten haben? Sie haben Theater gespielt.»
«Ei sieh da! Was habt ihr denn gespielt?»
«Oh, sie werden dir alles ausführlich erzählen.»
«Das wird schnell getan sein», rief Tom hastig, mit erzwungener Unbekümmertheit. «Es lohnt sich nicht, Vater jetzt damit zu langweilen. Sie werden morgen noch genug davon hören, Sir. Wir haben letzte Woche, gerade nur um uns die Zeit zu vertreiben und Mutter ein bißchen zu unterhalten, ein paar kleine Szenen zusammengestümpert – nicht der Rede wert. Wir hatten so schlechtes Wetter – seit Anfang Oktober regnet es fast ununterbrochen –, daß wir tagelang kaum aus dem Haus konnten. Seit dem dritten habe ich kein Gewehr zur Hand genommen. Die ersten drei Tage war die Jagd recht leidlich, aber seither ist nichts zu machen. Am ersten Tag bin ich in den MansfieldForst hinübergeritten, Edmund hat sich das Gehölz hinter Easton vorgenommen, und wir haben gemeinsam zwölf Stück heimgebracht. Wir hätten sechsmal soviel schießen können, aber wir respektieren Ihre Fasane, Vater, wie Sie es nicht besser wünschen könnten. Ich glaube, Sie werden mit dem Wildbestand nicht unzufrieden sein. Ich wenigstens habe in meinem ganzen Leben noch nicht so viele Fasane im MansfieldForst gesehen wie dieses Jahr. Ich hoffe, Sie werden sich bald selbst davon überzeugen.»
Für den Augenblick war die Gefahr gebannt, und Fanny konnte wieder frei atmen. Doch als bald darauf der Tee kam und Sir Thomas sich mit den Worten erhob, er könne doch nicht so lange im Hause weilen, ohne wenigstens einen Blick in sein liebes Zimmer zu werfen, wurde ihr vor Aufregung ganz schwindlig. Er war verschwunden, ehe man ihn mit einem Wort auf die Veränderung vorbereitet hatte, die er entdecken würde, und betretenes Stillschweigen folgte seinem Abgang. Edmund ergriff als erster das Wort:
«Wir müssen etwas tun …»
«Ja, es ist Zeit, an unsere Gäste zu denken», sagte Maria, die immer noch zu fühlen meinte, wie Henry Crawford ihre Hand an sein Herz drückte, und an nichts anderes dachte. «Wo hast du Miss Crawford gelassen, Fanny?»
Fanny berichtete, daß die Crawfords heimgegangen waren, und bestellte ihre Botschaft.
«Dann ist der arme Yates ganz
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