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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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Bootsführer singen. Ein leises, entferntes Plätschern ist zu hören;
vielleicht ertränken sie jemanden. »Mylord Kardinal gibt diese Erklärung
unbeschadet seines Rechtes ab, den Herzog von Norfolk vermittels jeglichen
Phantasmas zu belästigen und zu quälen, auf das in seiner Weisheit seine Wahl
fällt: zu jeglichem zukünftigen Zeitpunkt und ohne vorherige Ankündigung:
abhängig nur von den Ansichten des Lordkardinals in der Angelegenheit.«
    Bei dem Wetter beginnen alte
Narben zu schmerzen. Aber er betritt sein Haus, als wäre es Mittag: lächelnd
und den zitternden Herzog vor Augen. Es ist ein Uhr. In seiner Vorstellung
kniet Norfolk immer noch. Ein Kobold mit schwarzem Gesicht piekt ihm mit einem
Dreizack in die schwieligen Fersen.
     
    Austin Friars
    1527
     
    Lizzie ist noch wach. Als  sie hört, dass die
Dienstboten ihn einlassen, kommt sie heraus. Sie hat seinen kleinen Hund unter
dem Arm, der zappelt und quiekt.
    »Hattest du vergessen, wo du wohnst?«
    Er seufzt.
    »Wie war Yorkshire?« Er zuckt mit der Schulter. »Der
Kardinal?« Er nickt.
    »Hast du gegessen?«
    »Ja.«
    »Müde?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Etwas zu trinken?«
    »Ja.«
    »Rheinwein?«
    »Warum nicht?«
    Die Täfelung ist bemalt worden. Er tritt in das
dezente grüngoldene Leuchten. »Gregory...«
    »Ein Brief?«
    »Etwas in der Art.«
    Sie gibt ihm den Brief und den
Hund, dann holt sie den Wein. Sie setzt sich und nimmt sich auch einen Becher.
    »Er grüßt uns. Als  wären wir nur eine Person.
Schlechtes Latein.«
    »Ach ja«, sagt sie.
    »Hör zu. Er hofft, dass es dir
gut geht. Hofft, dass es mir gut geht. Hofft, dass es seinen lieben Schwestern,
Anne und der kleinen Grace, gut geht. Ihm selbst geht es gut. Jetzt muss er aus
Zeitmangel zum Schluss kommen. Euer gehorsamer Sohn, Gregory Cromwell.«
    »Gehorsam?«, sagt sie. »Nicht
mehr?«
    »Das bringen sie ihnen bei.«
    Bella, der Hund, knabbert an
seinen Fingerspitzen, ihre runden unschuldigen Augen leuchten wie zwei
fremdartige Monde. Liz sieht gut aus, vielleicht etwas erschöpft von ihrem
langen Tag; Kerzen ragen hoch und gerade hinter ihr auf. Sie trägt die
Perlenkette mit Granatsteinen, die er ihr zu Neujahr geschenkt hat.
    »Du bist ein hübscherer
Anblick als der Kardinal«, sagt er.
    »Das ist das kleinste
Kompliment, das eine Frau je bekommen hat.«
    »Und dabei habe ich den ganzen
Weg von Yorkshire hierher daran gefeilt.« Er schüttelt den Kopf. »Na ja!« Er
hebt Bella hoch in die Luft, vor Vergnügen strampelt sie mit den Beinen. »Wie
läuft das Geschäft?«
    Liz macht Seidenarbeiten.
Bänder für die Siegel auf Dokumenten, feine Netzhauben für die Damen bei Hofe.
Sie hat zwei Lehrmädchen im Haus und die Mode im Blick; aber wie immer klagt
sie über die Zwischenhändler und den Preis für Garn. »Wir sollten mal nach
Genua gehen«, sagt er. »Da bringe ich dir bei, wie man die Lieferanten übers
Ohr haut.«
    »Gerne. Aber leider wirst du niemals vom Kardinal
loskommen.«
    »Heute Abend wollte er mich überreden, Kontakte zu
Leuten im Haushalt der Königin zu knüpfen. Zu denen, die Spanisch sprechen.«
    »Ach?«
    »Ich habe gesagt, mein Spanisch sei nicht so gut.«
    »Nicht gut?« Sie lacht. »Du Wiesel.«
    »Er muss nicht alle meine Fähigkeiten kennen.«
    »Ich war auf der Cheapside«, sagt sie. Sie nennt den
Namen einer alten Freundin, der Frau eines Goldschmiedemeisters. »Es gibt Neuigkeiten.
Ein großer Smaragd wurde bestellt und eine Fassung in Auftrag gegeben, für
einen Ring, einen Damenring.« Sie zeigt ihm die Größe des Smaragds: so groß wie
ihr Daumennagel. »Der Stein wurde in Antwerpen geschliffen, und nach ein paar
Wochen Wartezeit kam er auch an.« Sie schnipst mit den Fingern. »Zerbrochen!«
    »Und wer kommt für den Schaden auf?«
    »Der Schleifer sagt, er wurde
betrogen, Schuld hatte ein versteckter Makel an der Basis. Der Importeur sagt,
wenn er so versteckt war, wie hätte ich das wissen können? Der Schleifer sagt,
dann muss der Lieferant Schadenersatz leisten ...«
    »Sie werden jahrelang vor
Gericht streiten. Können sie einen anderen Stein beschaffen?«
    »Sie versuchen es. Wir
glauben, dass es der König sein muss. Niemand sonst in London würde sich für
einen Stein dieser Größe interessieren. Als o, für wen ist er? Er ist nicht
für die Königin.«
    Die winzige Bella liegt
ausgestreckt auf seinem Arm, sie blinzelt und wedelt leicht mit dem Schwanz. Er
denkt, ich bin sehr gespannt darauf, ob und wann ein Smaragdring auftaucht.

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