Mantel, Hilary
sich, sie umklammert im
Schoß einen ihrer kleinen Hunde, und ihre Hände fahren wieder und wieder über sein
Fell, drehen an seinen Locken. Als die letzte Note verklingt, werden Kerzen
hereingebracht.
Oktober und wir gehen nach
Calais - ein Zug von zweitausend Menschen erstreckt sich von Windsor nach
Greenwich, von Greenwich über die grünen Felder von Kent nach Canterbury: für
einen Herzog ein Gefolge von vierzig, für einen Marquess von fünfunddreißig,
für einen Earl von vierundzwanzig, während ein Viscount mit zwanzig über die
Runden kommen muss und er selbst mit Rafe und allen Schreibern, die er in die
Rattenlöcher des Schiffes stopfen kann. Der König wird seinen Bruder Frankreich
treffen, der die Absicht hat, ihm einen Gefallen zu erweisen und seine neue Ehe
beim Papst zu befürworten. Francis hat angeboten, einen seiner drei Söhne - seiner drei Söhne, wie sehr Gott ihn lieben muss!
- mit der Nichte des Papstes, Caterina de' Medici, zu verheiraten; er sagt, er
wird es zur Vorbedingung für die Eheschließung machen, dass Königin Katherine
die Erlaubnis verweigert wird, ihren Fall in Rom überprüfen zu lassen, und dass
seinem Bruder England gestattet wird, seine ehelichen Angelegenheiten
innerhalb seiner eigenen Jurisdiktion mit seinen eigenen Bischöfen zu regeln.
Es ist das erste Wiedersehen
dieser beiden mächtigen Monarchen seit dem Treffen, das Feld des Güldenen
Tuches genannt wird und das der Kardinal organisiert hatte. Der König sagt, die
Reise soll weniger kosten als damals, aber wenn er nach Einzelheiten gefragt
wird, will er mehr von diesem und zwei von jenen - alles größer, nobler,
üppiger und mit mehr Vergoldung. Er nimmt seine eigenen Köche mit und sein
eigenes Bett, seine Minister und Musikanten, seine Pferde, Hunde und Falken und
die Dame, die jetzt Marquess von Pembroke ist und in Europa als seine Konkubine
bezeichnet wird. Er nimmt die möglichen Thronanwärter mit, darunter den
Vertreter des Hauses York, Lord Montague, und die Nevilles aus dem Hause
Lancaster; damit will er beweisen, wie zahm sie sind und wie sicher die Tudors
im Sattel sitzen. Er nimmt sein Goldgeschirr mit, seine Wäsche, seine Konditoren
und Geflügelrupfer und Gift-Vorkoster, und er nimmt sogar seinen eigenen Wein
mit: was wir für überflüssig halten könnten, aber was wissen wir schon?
Rafe, der ihm beim Packen
seiner Papiere hilft: »Ich höre, dass König Francois in Rom für das Anliegen
des Königs eintreten will. Aber ich bin mir nicht sicher, was bei diesem
Vertrag für ihn rausspringt.«
»Wolsey hat immer gesagt, dass
das Vereinbaren eines Vertrags der Vertrag ist. Es ist gleichgültig, wie die
Bedingungen aussehen, wichtig ist, dass es Bedingungen gibt. Es ist der gute
Wille, der zählt. Wenn der nicht mehr da ist, wird der Vertrag gebrochen, egal,
was die Bedingungen sagen.«
Es sind die Umzüge, die
wichtig sind, der Austausch von Geschenken, die königlichen Vergnügungen wie
das Bowls-Spiel, die Turniere, die Zweikämpfe und Maskenspiele: Das alles ist
kein Vorgeplänkel für den Prozess, es ist der Prozess selbst. Anne, vertraut
mit dem französischen Hof und der französischen Etikette, erläutert die
Schwierigkeiten, die bevorstehen. »Wenn der Papst ihn besuchen würde, dann
könnte Frankreich auf ihn zugehen, zum Beispiel in einem Innenhof. Aber zwei
Monarchen, die sich treffen, sollten die gleiche Anzahl von Schritten
aufeinander zugehen, sobald sie in Sichtweite des anderen sind. Und das glückt,
es sei denn, der eine Monarch - helas - würde sehr kleine Schritte machen und
damit den anderen zwingen, die größere Entfernung zurückzulegen.«
»Bei Gott«, bricht es aus
Charles Brandon hervor, »ein solcher Mann wäre ein Schurke. Würde Francois so
etwas tun?«
Anne sieht ihn mit halb
geschlossenen Lidern an. »Mylord Suffolk, ist Mylady fertig für die Reise?«
Suffolk läuft rot an. »Meine
Frau ist eine frühere Königin von Frankreich.«
»Das ist mir bewusst. Francois
wird sich freuen, sie wiederzusehen. Er fand sie sehr schön. Obwohl sie damals
natürlich jung war.«
»Mein Schwester ist immer noch
schön«, sagt Henry friedfertig. Aber ein Sturm braut sich in Charles Brandon
zusammen und bricht mit donnerndem Geschrei los: »Sie erwarten, dass sie Sie
bedient? Dass sie Boleyns Tochter bedient? Ihnen Ihre Handschuhe reicht, Madam,
und Ihnen beim Essen zuerst vorlegt? Gewöhnen Sie sich an den Gedanken -
dieser Tag wird niemals kommen.«
Anne wendet sich an
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