Mantel, Hilary
es nicht umsonst
geschehen ist.«
»Wissen Sie, was Chapuys über
Sie sagt? Dass Sie zwei Frauen in Ihrem Haushalt halten, als Jungen
verkleidet.«
»Ist das so?« Er runzelt die
Stirn. »Immerhin besser als zwei Jungen, die als Frauen verkleidet sind. Das
wäre wirklich schändlich.« Stephen gibt ein bellendes Gelächter von sich. Sie
schlendern zusammen zu dem Fest. Trollylolly, singen die Musiker. »Pastime with good company, I
love and shall until I die.« Die Seele ist von Natur aus musikalisch, sagen die
Philosophen. Der König ruft Thomas Wyatt herbei, damit er mit ihm und dem
Musiker Mark singt. »Alas, what shall I do for love? For love, alas, what
shall I do?«
»Alles, was ihm einfällt«,
sagt Gardiner. »Soweit ich das sehe, hat das, was er für die Liebe tun würde,
keine Grenzen.«
Er sagt: »Der König ist gut zu
jenen, die ihn für gut halten.« Er spielt es dem Bischof unter dem Klang der
Musik zu.
»Nun«, sagt Gardiner, »wenn
der Geist unendlich flexibel ist. Wie es der Ihre allem Anschein nach
zwangsläufig sein muss.«
Er spricht mit Mistress
Seymour. »Sehen Sie«, sagt sie. Sie hält ihre Ärmel in die Höhe. Die Kante aus
strahlendem Blau, die sie angesetzt hat, das Leuchten des Eisvogels, ist aus
der Seide geschnitten, in die er die Handarbeitsmuster für sie eingepackt hat.
Wie stehen die Dinge jetzt in Wolf Hall?, fragt er so taktvoll wie möglich: Wie
erkundigt man sich nach einer Familie, die mit den Nachwirkungen des Inzests zu
kämpfen hat? Sie sagt in ihrer klaren, kleinen Stimme: »Sir John geht es sehr
gut. Allerdings geht es Sir John immer sehr gut.«
»Und den anderen?«
»Edward ist wütend, Tom
unruhig, Mylady, meine Mutter, knirscht mit den Zähnen und knallt mit den
Türen. Die Ernte wird eingebracht, die Äpfel hängen an den Zweigen, die Mädchen
sind in der Molkerei, unser Kaplan beim Gebet, die Hennen legen, die Lauten
sind gestimmt und Sir John ... Sir John geht es wie immer sehr gut. Warum
suchen Sie sich nicht eine Angelegenheit in Wiltshire, um die Sie sich kümmern
müssen, und reiten zu uns, um uns zu inspizieren? Ach, und wenn der König eine
neue Frau bekommt, wird sie Damen brauchen, die ihr aufwarten, und meine
Schwester Liz kommt an den Hof. Ihr Mann ist der Gouverneur von Jersey, kennen
Sie ihn, Anthony Oughtred? Ich selbst würde lieber nach Norden zur Königin
gehen. Aber es heißt, sie zieht wieder woanders hin, und ihr Haushalt wird
verkleinert.«
»Wenn ich Ihr Vater wäre ...
nein ...«, er formuliert es um, »wenn ich Ihnen einen Rat geben sollte, würde
ich sagen, dienen Sie Lady Anne.«
»Marquess von Pembroke«, sagt
sie. »Natürlich ist es gut, demütig zu sein. Sie stellt sicher, dass wir es
sind.«
»Im Moment ist es schwierig
für sie. Ich denke, sie wird nachgiebiger werden, wenn sie am Ziel ihrer
Wünsche ist.« Sobald er es ausgesprochen hat, weiß er, dass es nicht stimmt.
Jane senkt den Kopf und sieht
mit halb geschlossenen Lidern von unten zu ihm auf. »Das ist mein demütiges
Gesicht. Glauben Sie, es erfüllt seinen Zweck?«
Er lacht. »Damit erreichen Sie
alles.«
Als die Tänzer eine Pause
machen, sich nach den Galliarden, Pavanen und Allemanden Luft zufächeln, singen
er und Wyatt das kleine Soldatenlied: Scaramella zieht in den Krieg, mit seinem
Schild, seiner Lanze. Es ist melancholisch, wie es Lieder ungeachtet ihres
Textes sind, wenn das Licht schwindet und die menschliche Stimme unbegleitet in
den Schatten des Raumes versickert. Charles Brandon fragt ihn: »Worum geht es
in diesem Lied, geht es um eine Dame?«
»Nein, es handelt von einem
Jungen, der in den Krieg zieht.«
»Was ist sein Schicksal?«
Scaramella fa la gala. »Für ihn ist alles ein
einziger großer Festtag.«
»Das waren bessere Tage«, sagt
der Herzog. »Echtes Soldatenleben.«
Der König singt zur Laute,
singt mit starker, wahrhaftiger, schallender Stimme: »Als I Walked the Woods So
Wild.« Ein
bisschen mitgenommen von den starken italienischen Weinen und ein paar Frauen.
In Canterbury liegt Erzbischof
Warham kalt auf einer Steinplatte; Münzen des Königreichs sind auf seine
Augenlider gelegt worden, als solle das Bildnis seines Königs für alle Ewigkeit
in sein Gehirn eingeschlossen werden. Er wartet darauf, im Beinhaus unter den
Steinplatten der Kathedrale an die feuchte freie Stelle neben Beckets Knochen
gelegt zu werden. Anne sitzt so still wie eine Statue, die Augen auf ihren
Geliebten gerichtet. Nur ihre unruhigen Finger bewegen
Weitere Kostenlose Bücher