Mantel, Hilary
wenn sie es
nicht ist, muss sie aufgehängt werden.«
Einer der Priester sagt:
»Madam, sie ist eine sehr heilige Person. Ihre Rede ist begnadet.«
»Schafft sie mir aus dem Weg«,
sagt Anne.
»Der Blitz wird Sie treffen«,
teilt die Nonne Henry mit. Er lacht unsicher.
Norfolk platzt in die Gruppe,
mit zusammengebissenen Zähnen und in die Höhe gereckter Faust. »Schleppt sie in
ihr Hurenhaus zurück, bevor sie diese Faust zu spüren bekommt, bei Gott!« In
dem Durcheinander schlägt ein Mönch einen anderen mit dem Kreuz; die heilige
Magd wird nach hinten gezogen, wobei sie immer noch prophezeit; der Lärm in der
Menge steigt an, und Henry greift Anne beim Arm und zieht sie dorthin zurück,
woher sie gekommen sind. Er selbst folgt der Magd, hält sich nahe hinter der
Gruppe, bis die Menschenmenge durchlässiger wird und er einem der Mönche auf
den Arm klopfen und ihn bitten kann, mit ihr sprechen zu dürfen. »Ich war ein
Diener Wolseys«, sagt er, »ich möchte ihre Botschaft hören.«
Eine kurze Beratung, dann
lassen sie ihn durch. »Sir?«, sagt sie.
»Könnten Sie noch einmal
probieren, den Kardinal zu finden? Wenn ich eine Spende gäbe?«
Sie zuckt mit den Achseln.
Einer der Franziskaner sagt: »Es müsste schon eine erhebliche Spende sein.«
»Wie ist Ihr Name?«
»Ich bin Vater Risby.«
»Ich kann fraglos Ihren
Erwartungen entsprechen. Ich bin ein wohlhabender Mann.«
»Wollen Sie die Seele
lediglich lokalisieren, um Ihre eigenen Gebete zu unterstützen, oder dachten
Sie an Seelenmessen, vielleicht an eine Stiftung?«
»Was immer Sie empfehlen. Aber
natürlich müsste ich wissen, dass er nicht in der Hölle ist. Es hätte keinen
Zweck, gute Messen an einen hoffnungslosen Fall zu verschwenden.«
»Ich werde mit Vater Bocking
sprechen müssen«, sagt das Mädchen.
»Vater Bocking ist der
spirituelle Anleiter dieser Dame.«
Er neigt den Kopf. »Kommen Sie
wieder und fragen Sie mich«, sagt das Mädchen. Sie dreht sich um und verliert
sich in der Menge. Er gibt ihrem Gefolge an Ort und Stelle etwas Geld. Für
Vater Bocking, wer immer das sein mag. Wie es aussieht, macht Vater Bocking die
Preisliste und die Buchhaltung.
Die Nonne hat den König in
Niedergeschlagenheit gestürzt. Wie würden Sie sich fühlen, wenn man Ihnen
sagte, Sie würden vom Blitz getroffen? Am Abend klagt er über Kopfweh,
Schmerzen im Gesicht und am Kiefer. »Gehen Sie weg«, sagt er zu seinen Ärzten.
»Sie können es nie heilen, warum sollte es Ihnen jetzt glücken? Und Sie,
Madam«, sagt er zu Anne, »lassen sich von Ihren Damen zu Bett bringen, ich
möchte kein Geschnatter, ich kann schrille Stimmen nicht aushalten.«
Norfolk knurrt vor sich hin:
Immer hat er irgendwas, der Tudor.
In Austin Friars führen die
Jungen eine Posse auf, wenn jemand einen Schnupfen oder eine Verstauchung hat;
sie trägt den Titel »Wenn Norfolk Doktor Butts wäre«. Du hast Zahnschmerzen?
Reiß sie dir raus! Du hast dir den Finger geklemmt? Hack dir die Hand ab! Du
hast Kopfschmerzen? Schneid ihn ab, du hast ja noch einen!
Norfolk, der sich gerade
zurückziehen wollte, bleibt stehen. »Majestät, sie hat nicht gesagt, dass der
Blitz Sie tatsächlich töten würde.«
»Hat sie auch nicht«, sagt
Brandon fröhlich.
»Nicht tot, aber entthront,
nicht tot, aber geschlagen und versengt, das sind wirklich gute Aussichten,
was?« Mitleidheischend macht der König auf seine Lage aufmerksam, indem er
einem Diener befiehlt, Holzscheite zu bringen, und einem Pagen, Wein zu wärmen.
»Soll ich, der König von England, mit einem jämmerlichen Feuer und ohne etwas
zu trinken hier sitzen?« Er sieht in der Tat aus, als sei ihm kalt. Er sagt:
»Sie hat meine Mutter gesehen.«
»Eure Majestät«, sagt er vorsichtig,
»wissen Sie, dass eines der Fenster in der Kathedrale ein Bild Ihrer Frau
Mutter zeigt? Und wenn die Sonne durch das Glas scheint, würde es dann nicht so
aussehen, als stünde sie in einem lodernden Licht? Ich glaube, das ist es, was
die Nonne gesehen hat.«
»Sie glauben nicht an diese
Visionen?«
»Ich glaube, dass sie das, was
sie in der äußeren Welt sieht, vielleicht nicht von dem unterscheiden kann, was
sich in ihrem Kopf abspielt. Manche Menschen sind so. Vielleicht muss man
Mitleid mit ihr haben. Allerdings nicht zu viel.«
Der König runzelt die Stirn.
»Aber ich habe meine Mutter geliebt«, sagt er. Dann: »Buckingham hat Visionen
große Bedeutung beigemessen. Er hatte einen Mönch, der ihm etwas prophezeit
hat. Er sagte,
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