Mantel, Hilary
für den
Nachmittag auf zwei Kinder aufzupassen.
»Es wird etwas für mich
angefertigt. Ich überlasse es anderen. Solange ich vermeiden kann, Belustigung
hervorzurufen, genügt mir das.«
Anne hat gesagt: Kleiden Sie
sich an meinem Krönungstag nicht wie ein Anwalt. Sie hat Jane Rochford
zugerufen: Thomas muss in Purpurrot erscheinen. Jane Rochford hat das notiert
wie ein Schreiber. »Mistress Roper«, sagt er, »sind Sie nicht neugierig auf die
Krönung der Königin?«
Ihr Vater mischt sich ein und
lässt sie nicht zu Wort kommen: »Für Englands Frauen ist es ein Tag der
Schande. Auf den Straßen hört man sie sagen: Wenn der Kaiser kommt, werden
Ehefrauen wieder Rechte haben.«
»Vater, ich bin mir ganz
sicher, dass sie es nicht in Master Cromwells Hörweite sagen.«
Er seufzt. Es ist nicht viel,
wenn man weiß, dass man alle fröhlichen jungen Huren auf seiner Seite hat. All
die ausgehaltenen Frauen und die ausgerissenen Töchter. Jetzt allerdings, da
sie verheiratet ist, macht sich Anne zum Vorbild. Schon hat sie Mary Shelton
einen Klaps gegeben, erzählt ihm Lady Carey, weil sie ein Rätsel in ihr
Gebetbuch geschrieben hat, und es war nicht einmal unanständig. Die Königin
sitzt sehr aufrecht dieser Tage, das Kind bewegt sich in ihrem Bauch, sie hält
die Handarbeit in der Hand, und wenn Norris und Weston und ihre noblen Freunde
in ihre Gemächer schwärmen, wenn sie ihr Komplimente zu Füßen legen, sieht sie
sie an, als würden sie Spinnen an ihrem Rocksaum aussetzen. Wenn man sich ihr
nicht mit einem Wort aus der Bibel auf den Lippen nähert, ist es besser, sich
ihr überhaupt nicht zu nähern.
Er sagt: »War die Magd noch
einmal hier bei Ihnen? Die Prophetin?«
»Ja, das war sie«, sagt Meg, »aber wir haben sie nicht
empfangen.«
»Ich glaube, Sie hat Lady Exeter aufgesucht. Auf deren
Einladung hin.«
»Lady Exeter ist eine törichte und ehrgeizige Frau«,
sagt More. »Wie ich höre, hat die Magd ihr gesagt, sie würde Königin von England
werden.«
»Ich wiederhole meinen Kommentar.«
»Glauben Sie an ihre Visionen? Soll heißen an deren
Heiligkeit?«
»Nein. Ich glaube, sie ist eine Schwindlerin. Sie
macht es, um Aufmerksamkeit zu erregen.«
»Nur deswegen?«
»Sie wissen nicht, was junge
Frauen alles anstellen. Ich habe ein Haus voller Töchter.«
Er zögert. »Sie sind gesegnet.«
Meg blickt auf; sie erinnert
sich an seine Verluste, obwohl sie nie Anne Cromwells Frage gehört hat: Warum
sollte mich Mistress More an Bildung übertreffen? Sie sagt: »Es gab schon
vorher heilige Mägde. Eine in Ipswich. Ein kleines Mädchen von nur zwölf
Jahren. Sie kam aus guter Familie, es heißt, sie hat Wunder gewirkt und nichts
daraus gewonnen, keinen persönlichen Profit, und sie starb jung.«
»Aber dann gab es die Magd von
Leominster«, sagt More mit düsterer Befriedigung. »Es wird erzählt, dass sie
jetzt Hure in Calais ist und nach dem Essen mit ihren Kunden über die Tricks
lacht, mit denen sie die gläubigen Menschen getäuscht hat.«
Als o mag More keine heiligen
Mägde. Aber Bischof Fisher tut das. Er hat die Prophetin oft gesehen. Er hat
Umgang mit ihr. Als nehme er ihm die Worte aus dem Mund, sagt More: »Fisher
hat natürlich seine eigenen Ansichten.«
»Fisher glaubt, sie hat Tote
auferweckt.« More zieht eine Augenbraue in die Höhe. »Aber nur so lange, wie
es dauerte, bis die betreffende Leiche ihre Beichte abgelegt und Absolution
erhalten hatte. Und dann fiel sie um und war wieder tot.«
More lächelt. »Ach, diese Art
von Wunder.«
»Vielleicht ist sie eine
Hexe«, sagt Meg. »Glauben Sie das? Es gibt Hexen in der Schrift. Ich könnte
Stellen anführen.«
Bitte nicht. More sagt: »Meg,
habe ich dir gezeigt, wo ich den Brief hingelegt habe?« Sie steht auf, markiert
mit einem Faden ihre Stelle in dem griechischen Text. »Ich habe dieser Magd
geschrieben, Barton ... Dame Elizabeth, wie wir sie jetzt nennen müssen, da sie
Nonne ist und ihr Gelübde abgelegt hat. Ich habe ihr geraten, das Königreich in
Ruhe zu lassen und damit aufzuhören, den König mit ihren Prophezeiungen zu quälen,
die Gesellschaft wichtiger Männer und Frauen zu meiden, auf ihre geistlichen
Ratgeber zu hören, kurz gesagt, zu Hause zu bleiben und zu beten.«
»Wie wir es alle sollten, Sir
Thomas. Ihrem Beispiel folgend.« Er nickt energisch. »Amen. Und ich nehme an,
Sie haben eine Kopie?«
»Hol sie, Meg. Sonst geht er
vielleicht nie.«
More gibt seiner Tochter ein
paar schnelle Anweisungen. Sie
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