Mantel, Hilary
Kloster gibt es welche, und er
macht die intelligentesten ausfindig. Katherine hat die Nonne nicht persönlich
getroffen. Warum auch? Sie hat Fisher, der als Vermittler fungiert, und
Gertrude, Lord Exeters Frau.
Der König sagt: »Es fällt mir
schwer zu glauben, dass Henry Courtenay mich verraten würde. Ein Ritter des
Hosenbandordens, ein großer Mann auf dem Turnierplatz, mein Freund seit
Kindertagen. Wolsey versuchte, uns auseinanderzubringen, aber das habe ich
nicht geduldet.« Er lacht. »Brandon, weißt du noch, Greenwich, damals zu Weihnachten,
welches Jahr war es? Erinnerst du dich an die Schneeballschlacht?«
Das ist die Schwierigkeit im
Umgang mit ihnen, mit diesen Männern, die ständig über uralte Stammbäume reden
und über Jungenfreundschaften und über Dinge, die passiert sind, als du noch in
Antwerpen an der Wollbörse gehandelt hast. Du legst ihnen die Beweise unter
die Nase, und sie werden sentimental, weil sie an Schneeballschlachten denken.
»Passen Sie auf«, sagt Henry, »es ist Courtenays Frau, die Schuld daran hat.
Wenn er erst über all ihre Machenschaften Bescheid weiß, wird er sie loswerden
wollen. Sie ist wankelmütig und schwach wie ihr ganzes Geschlecht und leicht
zur Intrige zu verleiten.«
»Dann vergeben Sie ihr«, sagt
er. »Schreiben Sie ihr eine Begnadigung. Verpflichten Sie diese Leute zur
Dankbarkeit, wenn Sie wollen, dass sie von ihrer törichten Zuneigung zu
Katherine ablassen.«
»Sie glauben, dass Sie Herzen
kaufen können?«, sagt Charles Brandon. Er klingt, als wäre er traurig, wenn die
Frage mit ja beantwortet würde.
Er denkt: Das Herz ist wie
jedes andere Organ, man kann es auf einer Waage wiegen. »Der Preis, den wir
zahlen, ist kein Geld. Ich habe genug in der Hand, um die Familie Courtenay vor
Gericht zu stellen, den ganzen Exeter-Clan. Wenn wir darauf verzichten,
gewähren wir ihnen ihre Freiheit und ihre Ländereien. Wir geben ihnen
Gelegenheit, die Ehre ihres Namens wiederherzustellen.«
Henry sagt: »Sein Großvater
hat den Buckligen verlassen, um in den Dienst meines Vaters zu treten.«
»Wenn wir ihnen vergeben,
werden sie uns zum Narren halten«, sagt Charles.
»Das glaube ich nicht, Mylord.
Alles, was sie von jetzt an tun, tun sie unter meinen Augen.«
»Und die Poles, Lord Montague:
Was schlagen Sie da vor?«
»Er sollte nicht annehmen,
dass er begnadigt wird.«
»Der soll schwitzen, was?«,
sagt Charles. »Ich weiß nicht, ob ich die Art und Weise mag, wie Sie mit
Adligen umgehen.«
»Sie bekommen, was sie verdienen«,
sagt der König. »Ruhe, Mylord, ich muss nachdenken.«
Eine Pause. Brandons Position
ist zu kompliziert, als dass er sie aufrechterhalten könnte. Er möchte sagen:
Zahlen Sie es den Verrätern heim, Cromwell, aber geben Sie acht, dass Sie sie
respektvoll abschlach ten. Plötzlich hellt sich sein Gesicht auf: »Ah, jetzt
erinnere ich mich an Greenwich. Der Schnee lag knietief in dem Jahr. Ach,
damals waren wir jung, Harry. Es gibt nicht mehr solchen Schnee wie damals, als
wir jung waren.«
Er sammelt seine Papiere
zusammen und bittet darum, sich entschuldigen zu dürfen. Die einsetzenden
Erinnerungen werden den Nachmittag beanspruchen, und er hat Arbeit zu
erledigen. »Rafe, reite nach West Horsley hinüber. Sag Exeters Frau, dass der
König glaubt, alle Frauen seien wankelmütig und schwach — obwohl ich gedacht
hätte, dass er ausreichend Beweise für das Gegenteil hat. Sag ihr, sie soll
schriftlich niederlegen, dass sie nicht so viel Grips wie ein Floh hat. Sag
ihr, sie soll behaupten, dass sie sich außergewöhnlich leicht verleiten lässt,
selbst für eine Frau. Sag ihr, sie soll zu Kreuze kriechen. Berate sie bei den
Formulierungen. Du weißt, wie das geht. Für Henry kann es gar nicht demütig
genug sein.«
Die Zeit der Demut ist
gekommen. Von den Gesprächen in Marseilles hört man, dass König Francois sich
dem Papst zu Füßen geworfen und seine Pantoffeln geküsst hat. Als die
Nachricht eintrifft, brüllt Henry etwas Vulgäres und zerfetzt die Mitteilung
eigenhändig.
Er sammelt die Teile auf, legt
sie auf einem Tisch zusammen und liest. »Francois hat allerdings Wort
gehalten«, sagt er. »Überraschend.« Er hat den Papst überredet, seine Bulle der
Exkommunikation aufzuschieben. England hat eine Atempause.
»Ich wünsche Papst Clemens ins
Grab«, sagt Henry. »Gott weiß, dass er ein schmutziges Leben lebt, außerdem
kränkelt er unentwegt, also sollte er sterben. Manchmal«, sagt er, »bete ich,
dass
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